Frauenfußballnationalmannschaft
Fußballerin Muriel Kroflin: Ich hoffe, dass ich die Nächste bin“
Langenargen / Lesedauer: 6 min
Muriel Kroflin aus Langenargen ist Jugendspielerin in der deutschen Frauenfußballnationalmannschaft. In der kommmenden Saison gibt sie beim SC Freiburg ihr Profidebut in der Bundesliga. Mit Johannes Kienzler hat die 16-jährige Verteidigerin über ihren Werdegang, ihre Ziele und den Frauenfußball gesprochen.
Sie sind mit zehn Jahren erstmals einem Fußballverein beigetreten. Vier Jahre später wurden Sie Teil des U15 Kaders der Frauenfußballnationalmannschaft. Wie war das so schnell möglich?
Als ich mit 10 Jahren angefangen habe im Verein zu spielen, war ich in einem Alter, in dem man viel lernen kann. Ich war von Anfang an richtig begeistert vom Fußball und habe in jeder freien Minute gekickt, wodurch ich mich schnell verbessert habe. Viel gelernt habe ich dann auch bei den Jungenmannschaften und den verschiedenen Fördergruppen, in denen ich gespielt habe. Da jedem Trainer andere Dinge wichtig waren, konnte ich viel für mich mitnehmen.
Sie haben Ihre sportliche Laufbahn beim TSV Tettnang und dem VfB Friedrichshafen begonnen. Wie stark schätzen Sie den Frauenfußball in der Bodenseeregion ein?
Tettnang ist hier in der Region eine der besten Adressen für Frauenfußball. Dort habe ich die grundlegenden Dinge gelernt und später, nach meinem Wechsel zu den Jungs, auch die Härte und den Konkurrenzkampf im Fußball kennengelernt. Der VfB Friedrichshafen hat leider keine Frauenmannschaft, aber der Verein ist gewillt Mädchen aufzunehmen und agiert sehr unterstützend.
Seit der vergangenen Saison spielen Sie beim SC Freiburg. Fiel es Ihnen schwer, sich im neuen Umfeld zurechtzufinden?
Am Anfang schon, ja. Aber ich habe mir immer vorgenommen selbstbewusst aufzutreten, wenn ich in ein neues Umfeld gekommen bin. Das ist wichtig und hat mir auch in Freiburg geholfen. Nach einem Vierteljahr bin ich dann richtig gut in der Mannschaft angekommen und im ersten Jahr wurden wir mit unserer Mannschaft, die ein sehr homogenes Team war, Meister der Bundesliga Süd und anschließend deutscher Vizemeister. Auch mit der aktuellen U17 belegen wir den Tabellenplatz eins in der Bundeliga Süd.
In der kommenden Saison werden Sie den Sprung in den Profikader schaffen. Mit welchen Gefühlen und Erwartungen gehen Sie dieser Herausforderung entgegen?
Ich bin sehr gespannt auf das was kommt. Seit ich kurz vor Weihnachten als eine von zwei Spielerinnen der aktuellen U17 erfahren habe, dass ich ab Sommer in die Bundesligamannschaft des SC Freiburg aufgenommen werde, bin ich sehr stolz. Ich trainiere bereits jetzt regelmäßig in der ersten Frauenmannschaft mit und bin daher sicher, dass ich mit den Mitspielerinnen gut zurechtkommen werde. Das Trainingsniveau ist natürlich höher als in der U 17 und fordert einen in dem jungen Alter schon sehr. Da ist es vor allem wichtig, verletzungsfrei zu bleiben und den Körper an die Belastung zu gewöhnen. Wenn ich weiterhin im Training alles gebe, wird der erste Einsatz bestimmt kommen und darauf freue ich mich jetzt schon sehr, auch wenn ich dann natürlich etwas aufgeregt sein werde.
Ein weiteres Highlight Ihrer jungen Karriere steht im Sommer 2020 an: Die U17 Europameisterschaft in Schweden, für die Sie sich mit der Nationalmannschaft im Frühjahr qualifizieren möchten.
Das stimmt. Wir haben aber eine schwere Qualifikationsgruppe mit den Niederlanden, gegen die Deutschland bei der letzten Europameisterschaft im Finale stand. Um sich zu qualifizieren, muss man jedes Spiel gewinnen.
Angenommen, die Teilnahme beim Turnier gelingt und Sie haben einen Platz im finalen Kader: Was erhoffen Sie sich von der Europameisterschaft?
Das wird ein absolutes Highlight werden. Ich freue mich auf eine aufregende Zeit mit dem Team. Für mich selbst will ich dort einfach genießen, gegen die besten Teams in Europa zu spielen und dort zu zeigen, was ich zum deutschen Frauenfußball beitragen kann. Die Schweden sind sehr fußballbegeistert und als wir dort im Sommer 2019 ein Turnier gespielt haben, war überall Werbung für die EM zu sehen. Bei diesem Turnier haben wir gegen Spanien und Schweden gewonnen und gegen die USA unentschieden gespielt. Als Sieger dieses Wettbewerbs haben wir natürlich jetzt hohe Erwartungen. Aber das war zu einem frühen Zeitpunkt in der Vorbereitung und man muss schauen, wie sich die anderen Mannschaften entwickeln, aber unser Team hat relativ gute Chancen erfolgreich zu sein.
Die Popularität von Frauenfußball hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Dadurch, dass etwa in England und Spanien die großen Vereine in Frauenfußball investieren, ist auf jeden Fall eine positive Entwicklung möglich, denke ich. In Deutschland muss das Ganze allerdings noch ein bisschen angekurbelt werden. Ich glaube zwar, dass der Frauenfußball noch populärer wird, aber ich denke nicht, dass er irgendwann so groß sein wird, wie der Männerfußball. Dafür ist in den Köpfen zu stark verankert, dass Männer Fußball spielen und nicht Frauen.
Stört Sie diese Rivalität?
Rivalität würde ich es nicht nennen. Es stört mich auch nicht wirklich, weil ich es nicht anders kenne.
Weshalb spielen noch immer vergleichsweise wenig Mädchen und junge Frauen Fußball?
Ich denke, dass viele Mädchen in dem Alter, in dem sie mit Fußball anfangen, keine Lust haben, mit Jungs zusammenzuspielen. Gleichzeitig gibt es kaum Mädchenmannschaften, in die sie gehen können. Das Problem hängt auch damit zusammen, dass die guten Fußballerinnen in Jungenmannschaften wechseln müssen. Dadurch kommen keine guten Mädchenmannschaften zusammen.
Eine Inspiration für junge Spielerinnen könnte auch Giulia Gwinn sein, die früher beim VfB Friedrichshafen und dem FV Ravensburg gespielt hat und durch die letzte Frauenfußballweltmeisterschaft zum Star wurde. Ist sie auch ein Vorbild für Sie?
Ich habe sie, als sie noch in Freiburg gespielt hat, ein paar Mal gesehen und mit ihr trainiert. Aber in Kontakt gekommen sind wir eigentlich nie, das ist schade. Sie ging ja in der vergangenen Saison zu Bayern München, wo sie sehr erfolgreich spielt. Einige Spielerinnen aus der Region wie Melanie Leupolz, Giulia Gwinn und Janina Minge sind sehr weit gekommen und haben den Frauenfußball geprägt, ich hoffe, dass ich die nächste sein werde.