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Tiefschlag

Die Tigers sind zahnlos geworden

Tübingen / Lesedauer: 4 min

Die Tübinger Basketballer müssen sich nach 14 Jahren aus der ersten Liga verabschieden
Veröffentlicht:24.04.2018, 17:36

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In einer langen Reihe von sportlichen Tiefschlägen ist die 72:125-Heimniederlage gegen Alba Berlin für die Walter Tigers Tübingen zumindest vom Ergebnis her ein echter Tiefpunkt gewesen. Emotional mitgenommen hat das in der Studentenstadt eigentlich niemanden mehr. Denn der Abstieg aus der Basketball-Bundesliga stand schon vorher fest. Nach 14 Jahren muss Tübingen so etwas wie einen Neuanfang in der zweiten Liga starten. Wie dieser aussehen soll, ist allerdings noch ziemlich offen.

Nahezu halbleer präsentierte sich die Paul-Horn-Arena in Tübingen am Freitagabend, obwohl die Walter Tigers den renommierten Tabellenzweiten Alba Berlin zu Gast hatten. Die Daheimgebliebenen ahnten wohl, dass es wenig zu feiern geben würde. So schwer vorauszusagen war das aber auch nicht. Denn in dieser desaströsen Saison in der ersten Basketball-Bundesliga haben die Tübinger gerade einmal ein Heimspiel gewonnen – im Dezember, auswärts setzte es sogar ausschließlich Niederlagen. Das 72:125-Debakel gegen Berlin zeigte: Die Tigers sind zahnlos geworden, nachdem sie sich weit länger als ein Jahrzehnt lang als äußerst bissig erwiesen. „Alba hat uns gezeigt, wie man Basketball spielt“, sagte Tigers-Trainer Mathias Fischer , der das Amt Ende November übernahm, den Abstieg aber auch nicht verhindern konnte.

14 Jahre lang gehörten die Tübinger Basketballer zum Inventar der ersten Liga. Nach dem Aufstieg 2004 wurden aus dem SV 03 Tübingen die Walter Tigers – neben dem neuen, namensgebenden Hauptsponsor änderte sich auch die Spielstätte. Aus der viel zu kleinen Uhlandhalle siedelte die Mannschaft in die neue Paul-Horn-Arena am Stadtrand um. Auch das Budget wurde erhöht, auch wenn es zu den kleinsten in der ersten Liga gehörte.

In den kommenden Jahren kämpfte Tübingen mehr oder weder andauernd gegen den Abstieg, hielt aber immer wieder die Klasse und brachte sogar die eine oder andere spielerische Perle hervor, etwa den heute für den Ligaprimus FC Bayern München spielenden Reggie Redding. „Um in dieser Liga zu bestehen, muss bei uns alles optimal laufen“, sagt Tigers-Pressesprecher Tobias Fischer . Lange ging das gut, was auch an der Kontinuität auf der Geschäftsführer-Position lag, die Robert Wintermantel seit 2007 innehat.

Ein einziger Sieg gegen Göttingen

In dieser Saison nun hat es die Walter Tigers Tübingen erwischt. Und zwar so richtig. Nach zehn, oft knappen Niederlagen in Folge zu Beginn wurde Trainer Tyron McCoy im November entlassen. Es übernahm Mathias Fischer, der in Bamberg zwei Jahre zuvor gute Erstligaerfahrung gesammelt hatte, mit Tübingen zwar bald den ersten Sieg gegen Göttingen vorweisen konnte – die Mannschaft aber auch nicht mehr entscheidend in die Spur brachte.

Und das, obwohl ihm ein Team zur Verfügung stand, das das teuerste in der gesamten Erstligazeit war. So wurde etwa der stark eingeschätzte US-Amerikaner Ryan Brooks für den Flügel geholt. Doch die Konkurrenz schlief nicht, legte ebenfalls ordentlich zu – und enteilte den Tigers so letztendlich Jahr für Jahr ein weiteres Stück. „Es gibt inzwischen so viele große Mannschaften“, sagt Tobias Fischer. Und dann komme auch noch dazu, dass sich nach all den Nackenschlägen in den Köpfen der Tübinger Spieler unweigerlich eine gewisse Resignation festsetze. So sei auch erklärbar, dass den Zuschauern einzelne Viertel zugemutet wurden wie das dritte gegen Alba, das am Freitagabend 4:36 aus Tübinger Sicht ausging. Dass es in den verbleibenden Spielen gegen München, Würzburg und Ludwigsburg besser laufen wird, glaubt Tobias Fischer nicht: „Die Spieler wissen gar nicht mehr, wie gewinnen geht.“

Und dann wird diese Katastrophensaison endlich vorbei sein. Vorher wollen sich die Tübinger noch nicht zu den ganz großen Fragen äußern. Etwa der, wer Trainer in der zweiten Liga sein wird. Ob also Mathias Fischer bleibt, oder ein anderer übernimmt. Ganz entscheidend wird auch sein, ob Hauptsponsor Walter sein Engagement in dieser Form aufrecht erhält. Bis Anfang Mai hat sich das Tübinger Unternehmen Bedenkzeit erbeten.

Wie die Mannschaft aussehen wird, ist auch noch unklar. Der enttäuschende Ryan Brooks wird nicht mehr dazu gehören, er hat den Verein schon im März auf eigenen Wunsch verlassen. Tigers-Pressesprecher Tobias Fischer ist sich sicher: Viele Spieler, die im Moment auf dem Parkett stehen, werden Tübingen verlassen. Unverbrauchte Gesichter sollen her. Am besten solche, die den Tigers zu altem Biss verhelfen. Damit am Neckar bald wieder Erstliga-Basketball zu sehen sein wird.