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Fußballwelt

„Das Team ist alles“ bei den Isländern

Bad Saulgau / Lesedauer: 3 min

Ostracher Co-Trainer Helgi Kolvidsson und seine Mannschaft wollen auch gegen Nigeria überraschen.
Veröffentlicht:21.06.2018, 21:06

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Ein Huh! hallt durch die Fußballwelt. Der Schlachtruf der isländischen Fußballnationalmannschaft, der bei der EM vor zwei Jahren die Stadien in Frankreich erbeben ließ, als 30 000 von insgesamt 340 000 Isländern ihre Nationalmannschaft bis ins Viertelfinale trugen, setzt sich im Sommer 2018 in Russland fort. Nach dem 1:1 zum Auftakt gegen Vizeweltmeister Argentinien will der Anhang der Mannschaft aus dem bevölkerungsärmsten Land, das jemals an einer WM-Endrunde teilnahm, am Donnerstag (17 Uhr, Wolgograd) auch die „Super Eagles“ aus Nigeria im Mark erschüttern.

Ein Punkt gegen Argentinien ist kein Grund, die Fassung zu verlieren, auch nicht für Helgi Kolvidsson , Co-Trainer der isländischen Nationalmannschaft. Natürlich sei es schön, erstmals ein Spiel bei einer Weltmeisterschaft zu bestreiten und gegen Vizeweltmeister Argentinien zu punkten. 2016 in Frankreich gehörte Ex-Profi Kolvidsson (Mainz, Ulm, Pfullendorf) und in Ostrach (Landkreis Sigmaringen) zu Hause, als Scout zum Team des isländischen Trainerduos Lars Lagerbaeck und Heimir Hallgrimsson. Als Hallgrimsson nach der EM zum Chef aufstieg, wurde Kolvidsson dessen „Co“. Er bringt sein Wissen aus knapp zwei Jahrzehnten als Profi ein und ergänzt den „am besten organisierten Menschen, den ich kenne“, wie Kolvidsson über seinen „Chef“ sagt, im Brotberuf Zahnarzt auf der Insel Vestmannäyjar.

Just dort planten Islands Trainer das Unternehmen WM. „Wir haben alles auf den Prüfstand gestellt. Auch wie wir die Mannschaft bei Laune halten“, sagt Kolvidsson. „Bei der EM wollten alle Spieler nach sechs Wochen heim.“ Daraus zogen die Trainer ihre Lehren. „Dieses Mal haben wir uns auf Island vorbereitet. Die Spieler konnten größtenteils zu Hause wohnen“, sagt der 46 Jahre Uefa-Lizenzinhaber. „Dafür haben wir auch im Mai den Schneeregen und fünf, sechs Grad in Kauf genommen.“ Das vierköpfige Trainerteam, zu dem auch Torwarttrainer Gudmundur Hreidarsson und der Dinslakener Athletiktrainer Sebastian Boxleitner gehören, trifft seine Entscheidungen demokratisch (Kolvidsson: „Offen zu sein liegt in unserer Mentalität.“), integrierte im Vergleich zur EM in Frankreich neun neue Spieler. Nur zwei der 23 Spieler spielen noch auf Island.

Seinen Ausgang nahm das Märchen ums Jahr 2000. Der Staat und der isländische Verband KSI bauten 150 Fußballhallen, in denen Kinder unabhängig vom Wetter trainieren können, unter der Anleitung von knapp 700 Trainern, die mindestens die Uefa-B-Lizenz besitzen. Bedingung auf Island. Macht bei 23 000 in Vereinen aktiven Fußballern gerade mal rund 30 Spieler pro Trainer. Den ersten Erfolg feierte das Land der Elfen 2010, als die U21 zur EM fuhr, unter anderen Deutschland schlug. Tragende Säule damals: Gyulfi Sigurdsson, heute beim FC Everton und Kopf der Nationalmannschaft. Marktwert 30 Millionen Euro.

Doch für Hallgrimsson, der seine Aufstellungen vor Heimspielen gerne mit dem Fanclub in einem Pub bespricht, und Kolvidsson eher unwichtig. „Das Team ist alles“, sagt der Ostracher. Ins Nigeria-Spiel geht Island gelassen - eine weitere Stärke. Kolvidsson sagt nur: „Wir wollen in Russland bleiben. So lange wie möglich.“