Freundschaftspreis
Coutinho: Ein Magier zum Freundschaftspreis
München / Lesedauer: 4 min
Man stelle sich vor, Arjen Robben hätte nein gesagt. Natürlich hat er das nicht gemacht, der Niederländer ist ein feiner Kerl. So stimmte der ehemalige Flügelspieler des FC Bayern, der diesen Sommer in Fußballer-Rente ging, dem Plan von Hasan Salihamidzic zu. Bayerns Sportdirektor schwatzte Robben seine Nummer zehn ab. Die selbst unter Weltstars immer noch prätentiöse Rückennummer sollte ein Mosaikstein sein, um Philippe Coutinho (27) zu überzeugen, nach München zu kommen. Hat funktioniert. Der Brasilianer wird bis Saisonende ein Bayer, der Deal ist durch, die Verträge unterschrieben.
Mit einem frisch beflockten Bayern-Trikot samt „Coutinho“ und der Sehnsuchtszahl hinten drauf flogen also Salihamidzic und der Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge letzten Mittwoch nach Barcelona . Der Plan ging auf. Manchmal sagen Gesten mehr als Worte. „Eigentlich wollten wir die '10' von Arjen und die '7' von Franck Ribéry in dieser Saison nicht vergeben", erklärte Rummenigge bei der Vorstellung Coutinhos. Weil man dem Transfer jedoch „eine besondere Wertigkeit“ gab und „ein wichtiges Zeichen an Philippe“ senden wollte, musste Robbens Erlaubnis eingeholt werden. Der Niederländer ließ telefonisch ausrichten, Coutinho sei ein „mehr als würdiger Nachfolger“.
Zum „Freundschaftspreis“, wie Rummenigge die 8,5 Millionen Euro Leihgebühr für den Offensivspieler bezeichnete. Ein wahres Sommerschlussverkauf-Schnäppchen? Laut „Sky“ läppert sich die Summe auf 20 Millionen, denn draufgepackt werden müsse noch die in diesen Zeiten stets üppige Beraterkommission sowie weitere Zahlungen an Barça. Eine Summe ist fix: Die Kaufoption für den Gewinner der Copa América 2019 beträgt 120 Millionen Euro – was dann ein Bayern-Rekord und somit natürlich Bundesliga-Rekord wäre. „Ich schließe nicht aus, dass es eine langjährige Partnerschaft werden kann“, meinte Rummenigge. Bis wann man sich im kommenden Jahr an der Säbener Straße zu diesem Mega-Transfer durchringen müsste, wurde nicht öffentlich. Falls die Bayern ab Sommer 2020 mit Leverkusens Mega-Talent Kai Havertz, einer der besten Fußballer des kommenden Jahrzehnts, planen und dann, je nach Reha-Verlauf, auch noch einmal über die Finanzierung des am Kreuzband verletzten Leroy Sané von Manchester City nachdenken, könnten Coutinho und der letzte Woche ausgeliehene Ivan Perisic (30) sehr respektable Lückenfüller sein. Wobei: Für Coutinho, ab sofort mit rund 13 Millionen Euro netto (rund 22 Mio. brutto) Bayerns absoluter Top-Verdiener, eine Beleidigung.
Der „kleine Magier“, so sein Spitzname, soll die neue Attraktion der Liga werden, für Bundestrainer Joachim Löw ist es gar ein „Königstransfer“. Vor seiner Zeit in Barcelona, gekrönt von zwei Meisterschaften, dennoch begleitet vom Umstand, es im Schatten des Weltfußballers Lionel Messi doch nicht geschafft zu haben, erlebte Coutinho seine bisher beste Zeit unter Trainer Jürgen Klopp beim FC Liverpool. Im Januar 2018 wechselte er für 145 Millionen Euro zu Barca – und wurde damit zum zweitteuersten Spieler aller Zeiten. Nun der Schritt nach München, um neuen Drive in seine Karriere zu bringen.
„Der ganze Club hatte großes Interesse an mir“, erzählte Coutinho, „sie haben mir ihr Projekt gezeigt und mir ihr Vertrauen geschenkt.“ Doch wo soll er unter Trainer Niko Kovac zum Einsatz kommen. In dessen präferiertem 4-3-3-System gibt es keinen echten Zehner. Auf der Spielmacher-Position jedoch, betonte Coutinho „fühle ich mich am wohlsten, da kommen meine Stärken am besten zum Tragen.“ Er kann jedoch auch als offensiver Achter im zentralen Mittelfeld oder als Linksaußen eingesetzt werden. Der Neuzugang selbst gibt sich bescheiden: „Wo ich spiele hängt vom Trainer ab. Ich werde mein Bestes geben, um immer zu spielen.“ Hat Coutinho also das Zeug zum Publikumsliebling, der die Fans mitreißt? Vor allem, wenn er Thomas Müller verdrängen sollte, für den es mit der Verpflichtung ziemlich eng wird? Coutinho beschwichtigt direkt: „Müller ist ein großartiger Spieler, hat die WM gewonnen. Ich bin glücklich, ihn als Kollegen zu haben.“
Der Brasilianer könnte am Samstag beim FC Schalke sein Debüt geben und der Mannschaft die „spektakuläre Note“ (Salihamidzic) geben. Wenn er denn wirklich spielfit ist. In der Vorbereitung kam Coutinho in Barcelonas Testspielen lediglich 24 Minuten zum Einsatz. Doch ein Magier verlernt das Zaubern ja nicht.