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Politisch engagiert

Warum überhaupt wählen gehen? Sie haben eine Antwort darauf

Ulm / Lesedauer: 5 min

Sich festkleben, alles kritisieren ‐ aber nicht wählen gehen? So manch einer scheint diese Devise zu leben. Eine neue Gruppierung will junge Leute für Politik motivieren.
Veröffentlicht:24.10.2023, 17:00

Von:
  • Selina Ehrenfeld
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Viele Jugendliche fühlen sich von der Politik nicht ernst genommen. Je nach Studie schwanken die Zahlen dazu, doch die Botschaft ist klar: Obwohl sich viele junge Menschen für die Gesellschaft engagieren wollen, herrscht Politikverdrossenheit.

Doch einfach den Kopf in den Sand stecken wollen die wenigsten. Während die einen sich radikalen Methoden hinwenden und sich etwa für einen besseren Klimaschutz auf die Straße kleben, treten andere Jugendliche genau deshalb schon früh in eine Partei ein. Vier Jugendliche aus Ulm erklären, warum ihnen das politische Engagement so wichtig ist.

Wir sind die Generation der Zukunft und es liegt in unserer Verantwortung, die Zukunft zu gestalten.

Sophie Sailer

Als „riesiges Privileg“ bezeichnet etwa Ella Oswald die Tatsache, in einer Demokratie leben zu dürfen. Deshalb sei es auch so wichtig, sich für die Demokratie stark zu machen. „Wir sind die Generation der Zukunft und es liegt in unserer Verantwortung, die Zukunft zu gestalten“, sagt Sophie Sailer. Die 20-Jährige ist seit eineinhalb Jahren Mitglied der Jungen Union.

Vier Jugendparteien haben sich zusammengetan

Andere Jugendliche zu motivieren, politisch aktiv zu werden, haben sich nicht nur Ella Oswald, Mitglied der Grünen Jugend, und Sophie Sailer auf die Fahne geschrieben. Aus dieser Motivation heraus haben sich in diesem Sommer vier Ulmer Jugendparteiorganisationen zusammengetan und den Ring politischer Jugend Ulm gegründet.

Durch Aktionen an Schulen etwa wollen die Jusos, die Jungen Liberalen, die Junge Union und die Grüne Jugend mehr junge Menschen erreichen, das Interesse an Politik wecken und ins Gespräch kommen. Auch eine speziell für junge Leute konzipierte Veranstaltung zur Oberbürgermeisterwahl in Ulm soll es bald geben. Angesprochen werden sollen aber nicht nur Jugendliche in Ulm, sondern im ganzen Alb-Donau-Kreis.

Keine Werbung, sondern Aufklären

Die Vorstandsmitglieder des Rings der politischen Jugend sind neben Ella Oswald und Sophie Sailer auch Clemens Kamm von den Jusos sowie Eleasar Erz, Junge Liberale. Sie alle vereint der Wunsch, jungen Menschen in der Region Lust auf Politik machen zu wollen. „Natürlich gilt in Schulen das Neutralitätsgebot. Es geht und aber nicht darum, Werbung für unsere Parteien zu machen“, erklärt der 31-jährige Clemens Kamm. Vielmehr wolle man erklären, was Jugendparteien machen und warum es sich lohnen kann, politisch mitzuwirken.

Wichtig sei auch, mit Jugendlichen in den Dialog zu treten, über wichtige Themen wie Bildung oder Digitalisierung zu sprechen, so Ella Oswald. Generell, so das 19-jährige Grünenmitglied, müsste es in der Region mehr Jugendbeteiligungsformate geben. „Es wird hier schon viel getan. Aber es geht noch mehr“, ist sie sich sicher.

Wir wollen diese jungen Menschen dazu kriegen, zu verstehen, dass sie doch durchaus eine Wahl haben.

Clemens Kamm

Derartige Formate würden den Jugendlichen eine stärkere Stimme verleihen und der Politik wiederum deutlich machen, welche Themen die junge Generation beschäftigt. Ob das der Ausbau von kulturellen Angeboten sowie des Nahverkehrs sei, wie Eleasar Erz betont ‐ oder besondere Angebote für Studenten wie ein Kombiticket, wie Sophie Sailer vorschlägt.

Geringe Wahlbeteiligung bei jungen Menschen

Was alle Vorstandsmitglieder besorge, sei der deutliche Rechtsruck innerhalb Deutschlands. Gleichzeitig sinke die Wahlbeteiligung bei jungen Leuten. „Die Wahlbeteiligung war bei Älteren schon immer höher als bei den jüngeren Wählern, aber die Entwicklung ist extremer geworden“, sagt Clemens Kamm. Auch hier wolle der Ring der politischen Jugend Ulm ansetzen.

„Viele, die bewusst nicht zur Wahl gehen, denken sich, dass es eh nichts bringen wird. Wir wollen diese jungen Menschen dazu kriegen, zu verstehen, dass sie doch durchaus eine Wahl haben“, betont Clemens Kamm. Als politischer Ring, so erklärt Sophie Sailer, wolle man auch deshalb ins Gespräch treten, um Gründe zu erfragen, warum auch junge Leute beispielsweise die AfD wählen wollen. „Und das, ohne zu verurteilen, sondern, um ein Verständnis zu bekommen und zu überlegen, wie man hier richtig ansetzen könnte.“

Eleasar Erz gibt zu Bedenken, dass Parteiprogramme oft wenig übersichtlich und oberflächlich seien und es vielen Jugendlichen schwer falle, sich in die Themen genau einzuarbeiten. „Oft ist es dabei auch die Sprache, die schwer verständlich ist. Vor allem in der Kommunalpolitik finde ich, ist eine politische Entscheidung für Jugendliche deshalb nicht immer transparent“, erklärt Clemens Kamm.

Am Beispiel der Letzten Generation zeigt sich, dass auch die Jugendparteien nicht immer gleicher Meinung sind. Während etwa Ella Oswald den öffentlichen Diskurs über die „Klimakleber“ kritisiert, prangert Eleasar Erz das Vorgehen der Letzten Generation scharf an.

Nicht etwa die gleiche Meinung zu haben, sondern überhaupt in den Austausch zu gehen, sei das Gebot der Stunde, betonen die Jugendlichen. Doch schon allein die Bereitschaft zum Austausch habe abgenommen, was „die Gräben zwischen Parteien vergrößert“, so Eleasar Erz. „Soziale Medien beispielsweise zeigen einem ja nur das an, was man sehen möchte. Das verringert die Kompromissbereitschaft, weil man denkt, alle um mich herum denken ja gleich“, so der 23-Jährige.