Batterie der Zukunft
Warum dieser Ulmer Batterieforscher mit „Köpfchen“ geehrt wird
Ulm / Lesedauer: 5 min

Philip Hertle
„Mit Köpfchen in die gemeinsame Zukunft“: So lautet das Motto des „Ulmer Köpfchens“, einer Auszeichnung für all diejenigen Menschen, die mit ihrer Arbeit ein gemeinschaftliches Ziel verfolgen.
In diesem Jahr wird unter anderem Maximilian Fichtner, Chemiker und Direktor am Helmholtz–Institut geehrt, weil er mit seinen Kollegen an der „Batterie der Zukunft“ forscht.
Das könne Deutschland künftig weniger abhängig von Importen machen, heißt es von den Machern der Auszeichnung. „Eigentlich eine kleine Sensation. Nur: Keiner weiß es.“

Das ist das „Ulmer Köpfchen“
Zurück geht das „Ulmer Köpfchen“ auf den Ulmer Goldschmiedemeister Wolf-Peter Schwarz, der bereits in den 1990-er Jahren individuelle Köpfchen angefertigt und verkauft hatte. Im Jahr 2020 wollte er seinen Köpfchen aber einen zeitgemäßen Sinn geben – als Zeichen der Gemeinschaft und des Zusammenhalts.
Es sollten diejenigen Menschen geehrt werden, „die fernab des lauten Mainstreams Dinge tun oder sagen, die niemand von ihnen erwartet hätte“, heißt es dazu auf der Website. Entscheidend dabei sei jedoch, dass damit ein soziales oder gemeinschaftliches Ziel verfolgt werde.
Neben Batterieforscher Maximilian Fichtner erhält in diesem Jahr auch Gülay Kul, Integrationsmanagerin im Landkreis Biberach, die Auszeichnung für ihre Arbeit. Zum eigens zusammengestellten Findungskomitee zählten heuer unter anderem Neu-Ulms Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger und Ulms Bürgermeisterin Iris Mann. (phe)
Erfolgreicher Batterie–Podcast
Fichtner ist aber aktiv und hält viele Vorträge. Trotzdem liefen die Erkenntnisse oftmals unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit, so Fichtner. „Wir haben hier wahnsinnige technische Fortschritte gemacht, aber wir haben vergessen, es den Leuten zu sagen“, sagt er augenzwinkernd.
Inzwischen können sich Interessierte regelmäßig beim Batterie–Podcast „Geladen“ informieren, den Fichtner und seine Kollegen ins Leben gerufen haben.
Weg von der Lithium–Ionen–Batterie
„Am Helmholtz–Institut arbeiten etwa 170 Wissenschaftler an verschiedenen neuen Techniken zur elektrischen Energiespeicherung“, erklärt Fichtner, der Leiter der Forschungsgruppe „Festkörperchemie“ — oder kurz: Batterien, ist. „In zunehmendem Maße sind das sogenannte Post–Lithium–Systeme“, erklärt er.

Denn die Forschung will weg von der Lithium–Ionen–Batterie und hin zu Batterien, deren Material nicht mehr zwingend in fremden Ländern abgebaut werden müsse — wie es bei Lithium der Fall ist. Das und den hohen Wasserverbrauch beim Lithium–Abbau — vor allem in der chilenischen Atacama–Wüste — kritisieren Umweltschützer schon lange.
Warum Nachhaltigkeit und Kapazität noch nicht immer zusammenpassen
Aktuell gänzlich auf das Element zu verzichten, sei allerdings schwierig. „Wir arbeiten an Systemen, die das können, was die Lithium–Ionen–Batterie im Augenblick macht“, erklärt Fichtner. „Auf nachhaltiger Basis und ohne große Performance–Verluste.“ In Zukunft sollen dafür vor allem ohnehin häufig vorkommende Elemente eingesetzt werden.
erklärt Maximilian FichtnerNatrium gibt es im Meerwasser praktisch unbegrenzt und die Schwäbische Alb besteht zur Hälfte aus Magnesium,
Der Vorteil: Diese Materialien seien so deutlich nachhaltiger. Der Nachteil: Die Speicherkapazitäten der Post–Lithium–Systeme seien aktuell noch nicht ganz so stark. „Im Moment haben wir noch keine Spitzenkapazitäten.“ Alternative Batterie–Systeme holen laut Fichtner dahingehend aber langsam auf.
Die Frage: Was ist überhaupt möglich?
Die Forscher am Ulmer Institut loten aus, was künftige Batterien können sollen. „Wir gucken, was es überhaupt für Möglichkeiten gibt“, erklärt Fichtner. Er und seine Mitarbeiter seien sozusagen die „Trüffelsucher“ in der Batterieforschung.
Wo ein vielversprechendes neues Batterie–System einmal landen könnte, entscheidet sich allerdings erst später. „Die Anforderungen stellen sich erst im Laufe der Entwicklung heraus“, so Fichtner. Aber so viel ist für den Professor klar: „Für ein Auto brauche ich etwas, das ein bisschen mehr Dampf hat.“

Vom Wasserstoff zur Batterie
Mit der so oft zitierten „Batterie der Zukunft“ befasste sich Fichtner bereits am Karlsruher Institut für Technologie, bevor es ihn 2013 nach Ulm verschlug. Zuvor hatte er sich jahrelang der Wasserstoffforschung verschrieben, berichtet er. Doch irgendwann entschied er sich für einen Wechsel. „Es war tatsächlich so, dass die Fortschritte dort immer kleiner wurden“, so Fichtner. „Uns sind irgendwann die Ideen ausgegangen.“
Der Umstieg sei ihm damals aber leicht gefallen, „denn, was die Arbeitsmechanismen angeht, sind Batterien und Wasserstoffspeicher relativ nah verwandt.“ Die Möglichkeiten seien in seinem neuen Forschungsfeld aber umso größer. In den vergangenen zwei Jahren seien die Fortschritte enorm gewesen. Das liege zum Teil an den Materialien, aber auch am immer kompakter werdenden Batterie–Design.

Warum Fichtner bald selbst viele Ehrennadeln zu vergeben hat
Dass seine Arbeit nun mit der Verleihung des „Ulmer Köpfchens“ öffentlich geehrt wird, freut Fichtner sichtlich. „Das ist für mich auch eine Art Anerkennung unserer Arbeit“, so der Wissenschaftler, der aber betont, nur einen Teil des Ganzen auszumachen.
Nach der Verleihung des „Ulmer Köpfchens“ werde er deshalb Vertretern aus jedem der beteiligten Forschungsbereiche eine eigene Ehrennadel verleihen. „Das bin eben nicht nur ich, sondern alle Leute, die hier arbeiten.“