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Stück über Tod und Trauer

Neuer Friedhof in Ulm wird zur Theaterbühne

Ulm / Lesedauer: 4 min

Die Aussegnungshalle des Friedhofs wird damit erstmals Ort einer solchen Inszenierung. Wie das Theater am Ort der Trauer zustande kam und worum es im Stück „Endlich“ geht.
Veröffentlicht:07.10.2023, 17:00

Von:
  • Philip Hertle
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Der Tod trifft jeden ‐ früher oder später. „Das verbindet uns weltweit über Kulturen und Grenzen hinweg“, erklärt Claudia Schoeppl, künstlerische Leiterin des Ulmer Ensembles Teatro International.

Großes Interesse am Stück über den Tod

Aufgrund dieser Gemeinsamkeit auch die Idee geboren, ein Theaterstück über den Tod und das Sterben ‐ für viele Menschen nach wie vor ein Tabuthema ‐ zu entwickeln. „Endlich ‐ ein Spiel mit dem Tod in acht Akten“, ist somit die erste Aufführung in der Trauerhalle auf dem Neuen Friedhof in Ulm.

Der Friedhof ist der Ort, an dem sich Leben und Tod berühren,

sagt Regisseurin Claudia Schoeppl

Die ursprünglich zwei Termine sind schon so gut wie ausverkauft. Am Sonntagabend folgt deshalb eine Zusatz-Vorstellung.

Zum ersten Mal Theater auf dem Neuen Friedhof

„Die Aussegnungshalle hatten wir uns ursprünglich gar nicht ausgesucht“, betont Claudia Schoeppl, die für die Recherche zum Stück mehrmals auf den Neuen Friedhof kam und mit Mitarbeitern, etwa aus dem Bestattungswesen oder des Krematoriums, sprach.

In der Aussegnungshalle finden normalerweise nur Trauerfeiern statt - jetzt wird sie erstmals Ort einer künstlerischen Inszenierung. (Foto: Philip Hertle)

Das Stück ist nicht neu und wurde inzwischen mehrmals aufgeführt ‐ nur der Ort ist neu. Irgendwann sei Heike Straub-Gollinger, Leiterin des städtischen Friedhofs- und Bestattungswesens, auf sie zugekommen und habe gefragt, ob sich das Ensemble nicht die Aussegnungshalle als Bühne vorstellen könne. Und so war die Idee geboren.

Der Tod in acht Akten

„Hey Tod, ich schau’ dir ins Gesicht“ lautet das Motto des Stücks, das verschiedene Aspekte des Tods und des Sterbens in acht Akten veranschaulichen soll. Unter anderem werden das Sterben an sich, Krankheit, Gewalt, Abschied und Trauer thematisiert. Mal ernst, mal berührend, mal direkt, aber auch mal ironisch-heiter, heißt es im Programmheft.

Es gehe vor allem um das Bewusstwerden der eigenen Endlichkeit, hebt Claudia Schoeppl hervor. Im aktuellen „Jugendlichkeitswahn“, wie sie es bezeichnet, rückten diese Gedanken bei vielen Menschen immer weiter in den Hintergrund.

Mit dem Sterben auseinandersetzen

Dem stimmt auch Heike Straub-Gollinger vom städtischen Bestattungswesen zu. „Viele Menschen schieben den Tod immer von sich weg und wollen erst etwas davon wissen, wenn sie selbst betroffen sind“, sagt die Leiterin des Bestattungswesens. Dabei sei es wichtig, sich auch schon zu Lebzeiten damit auseinanderzusetzen.

Diese notwendige Arbeit darf auch gesehen werden

Heike Straub-Gollinger

Mit dem Theaterstück will sie zudem die Arbeit der Mitarbeiter im Bestattungswesen in den Mittelpunkt stellen. „Diese notwendige Arbeit darf auch gesehen werden“, betont Heike Straub-Gollinger.

Experten berichten von ihrem Arbeitsalltag

Zwischen den musikalisch untermalten Szenen berichten zwei städtische Mitarbeiter als Experten aus ihrem Arbeitsalltag ‐ Sonika Rana ist Bestatterin, Oliver Mohr-Ege leitet seit fast 32 Jahren das Ulmer Krematorium. „Mein Ziel ist es, dass die Leute ohne Angst in Richtung Tod schauen können“, sagt er.

Rund 80 Zuschauer finden in der Trauerhalle Platz. Wegen des großen Zulaufs gibt es am Sonntagabend eine weitere Vorstellung des Theaterstücks. (Foto: Philip Hertle)

Der Tod ist das maskierte Unbekannte

Im Stück tritt der Tod, der eine Maske trägt und nicht spricht, den anderen sechs Schauspielern schon in der Anfangsszene entgegen. Das Buch, das er bei sich trägt, rückt bei den Begegnungen und den Geschichten der Protagonisten aber immer wieder in den Fokus.

Wir suchen immer Themen, die die Menschen unterschiedlicher Herkunft, Generation oder Religion verbinden

Claudia Schoeppl

Der Reiz, ein ernstes Thema unterhaltsam aufzubereiten, sei die große Herausforderung gewesen, sagt Claudia Schoeppl über die Theater-Eigenproduktion. „Wir suchen immer Themen, die die Menschen unterschiedlicher Herkunft, Generation oder Religion verbinden“, betont sie. Der Tod spiele überall eine oftmals tabuisierte Rolle.

Was Bestattung und Theater verbindet

„Die Aussegnungshalle ist ein Ort, an dem Menschen mit großem Schmerz konfrontiert werden“, hebt die künstlerische Leiterin hervor und stellt zugleich eine Verbindung zwischen dem Tod und dem Theater her. „Eine Bestattung ist auf gewisse Weise immer auch eine Inszenierung“, sagt sie.


Noch gibt es Karten für die Zusatzvorstellung

Die drei Vorstellungen finden am Freitag, 13. Oktober, um 20 Uhr, sowie am Sonntag, 15. Oktober, um 15 und 18 Uhr in der Aussegnungshalle auf dem Neuen Friedhof statt. Für die Zusatzvorstellung am Sonntagabend können noch Karten für zwölf Euro (ermäßigt zehn Euro) reserviert werden – telefonisch unter 0731/1616767 oder per Mail an [email protected]