Musical auf der Wilhelmsburg

„Sister Act“ in Ulm: Hauptdarstellerin Siyou vor ihrem Musicaldebüt

Ulm / Lesedauer: 6 min

Ab Freitag verwandelt sich die Ulmer Wilhelmsburg in ein katholisches Nonnenkloster. Wo es noch Karten für das Event gibt.
Veröffentlicht:07.06.2023, 17:00

Von:
  • Dennis Bacher
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Siyou Isabelle Ngnoubamdjum trägt Jeansjacke und Sonnenbrille. Sie sitzt auf einer lilafarbenen Kiste, nimmt einen Schluck aus ihrer Wasserflasche und wirft einen letzten Blick in ihr Textbuch. Ein langer, wichtiger Tag liegt vor der 54–jährige Sängerin.

Sister Act feiert am Freitag Premiere in Ulm

An diesem Freitag, 9. Juni, wird das Musical „Sister Act“ zum ersten Mal auf der Wilhelmsburg in Ulm aufgeführt. Die historische Festung wird sich ab diesem Tag für knapp sechs Wochen in ein katholisches Nonnenkloster verwandeln. Und die erfahrene Gospelsängerin, die in Kamerun geboren wurde, in Ulm aufwuchs und mittlerweile in Senden wohnt, erlebt dann ihre ganz persönliche Premiere.

Siyou Isabelle Ngnoubamdjum performte bislang nur auf Konzertbühnen - ab Freitag schlüpft sie für rund sechs Wochen in die Hauptrolle der Deloris van Cartier im Musical-Hit „Sister Act‟. (Foto: Dennis Bacher)

Siyou Isabelle Ngnoubamdjum, die bislang lediglich für Konzerte auf der Bühne stand, wird am Freitag erstmals vor Publikum auf einer großen Musicalbühne stehen — zunächst im schillernden Kostüm einer Nachtclubsängerin, später dann im schlichten Gewand einer Ordensfrau.

Für „Sister Act“, basierend auf dem legendären Kinofilm mit Whoopi Goldberg, schlüpft die 54–Jährige in die Hauptrolle der Deloris van Cartier, einer verruchten Sängerin, die sich vor den Augen des Publikums zur Nonne wandelt. Buße tun, beten und keusch sein — damit tut sich Deloris schwer. Doch sie schafft es, den bislang wenig erbaulichen Klosterchor auf wundersame Weise zu entfesseln:

Hauptdarstellerin war vom Angebot überrascht

Insgesamt wird Syiou an 13 Abenden auf der Wilhelmbsurg zu sehen und hören sein — ein Ausblick, der die Hauptdarstellerin erwartungsvoll stimmt. „Für mich ist das tatsächlich etwas ganz neues — nichts, was zu meinem üblichen Repertoire gehört“, sagt Siyou kurz vor ihrem Musical–Debüt.

Anfangs traute sie ihren Ohren kaum, als ihr die Rolle von Regisseur Benjamin Künzel angeboten wurde, wie sie lachend erzählt. „Ich musste in mich gehen, war mir nicht sicher, ob ich das kann“, erzählt sie. Nach einigen Gesprächen mit Künzel stimmte sie dem Angebot schließlich doch zu. „Schauspiel liegt außerhalb meiner Komfortzone — aber das ist ja auch das spannende daran“, befindet sie.

Nun, wenige Tage vor der Premiere, sitzt die 54–Jährige auf der lila Box, wartet auf ihren Einsatz. Auf dem Plan steht die erste sogenannte Bühnenorchesterprobe, bei der Gesang und Instrumente aufeinander eingestimmt und Übergange geprobt werden. Dann verschwindet Siyou plötzlich hinter einem Türbogen — um kurz darauf als Deloris van Cartier herauszukommen und die weitläufige Kulisse mit ihren vielen Stufen und Emporen singend zu erobern.

Siyou Isabelle Ngnoubamdjum (mitte) performte bislang nur auf Konzertbühnen - ab Freitag schlüpft sie für rund sechs Wochen in die Hauptrolle der Deloris van Cartier im Musical-Hit „Sister Act‟. (Foto: Jochen Klenk)

Kein Applaus, sondern Ansagen

An ihrer Seite tanzen Helen Willis und Maria Wester vom Theater Ulm, die für „Sister Act“ in die Rollen der Nachtclubsängerinnen Michelle und Tina schlüpfen werden. Das Trio erprobt die ersten Szenen des Musicals, die in einem Club in Philadelphia spielen, die Songs „Zeig mir den Himmel“ und „Fabelhaft, Baby“ werden gesungen. Im Hintergrund ertönt erstmals an diesem Tag das Orchester, das sich hinter den Burgmauern versteckt, aus etwa 25 Musikern besteht und von Panagiotis Papadopoulos geleitet wird.

Auf der Tribüne, die in den kommenden Wochen jeden Abend Platz für 1657 Zuschauer bieten wird, haben neben Regisseur Benjamin Künzel weitere Darsteller und Crewmitglieder platzgenommen. Choreograf Gaëtan Chailly achtet penibel auf jede Bewegung, Souffleuse Ruth Dohle auf die korrekte Darbietung der Texte. Nach den Szenen brandet kein Applaus in der Wilhelmsburg auf, stattdessen meldet sich Dirigend Papadopoulos über die Lautsprecher: „Ich konnte die Trompete nicht hören. Nochmal!“

Ensemble besteht aus 64 Personen — darunter 33 Nonnen

Hinter der Hauptdarstellerin und dem 64–köpfigen Ensemble, das aus Solisten, Choristen, Tänzern und Statisten besteht — allein 33 Darstellerinnen und Darsteller davon verkörpern Nonnen -, liegen bereits sechs Wochen harter Proben. Inzwischen wird auf der Wilhelmsburg täglich bis zu acht Stunden geübt.

Doch die letzten Tage vor der Premiere zählen selbstredend zu den wichtigsten, die Proben werden nochmal intensiver. „Der Druck steigt mit jedem Tag“, erklärt Regisseur Benjamin Künzel, der mit „Sister Act“ seine eigene Premiere auf der Wilhelmsburg gibt. „Hier oben ist nicht der richtige Platz für Experimente“, sagt er über den Open–Air–Schauplatz. „Am Freitag muss alles sitzen.“

Siyou Isabelle Ngnoubamdjum lässt sich derweil von dem Druck nichts anmerken. „Ich freue mich sehr, dass es jetzt endlich losgeht“, sagt sie in der Pause zwischen zwei Proben und lächelt dabei. In Deloris van Cartier habe sie sich gleich verliebt, wie sie erzählt.

Ihr gefalle die „Metamorphose“ der Figur und wie sie trotz aller Widerstände „immer so bleibt, wie sie ist“. Die Hauptdarstellerin sagt: „Ich bin selbst jemand, der gerne neues ausprobiert, dabei aber immer authentisch bleibt — und hoffe, dass ich das auch in meiner Rolle rüberbringen kann.“


70 Prozent der Karten vergriffen

Das Theater Ulm hat in diesem Sommer 24 Aufführungen des Musical-Hits „Sister Act‟ auf der Wilhelmsburg angesetzt. Premiere ist am 9. Juni um 20.30 Uhr, die letzte Vorstellung geht am 18. Juli über die Bühne.

Laut Angela Weißhardt, Verwaltungsdirektorin am Theater und dort für den Vertrieb zuständig, sind für alle Termine noch Karten verfügbar, vereinzelt nur noch wenige. Bis Dienstag konnten demnach bereits knapp 28.000 Tickets verkauft werden. Das Angebot sei damit zu 70 Prozent erschöpft.

Die Nachfrage an Karten für „Sister Act‟ sei zum jetzigen Zeitpunkt größer als das Interesse an der Vorführung von „Evita‟ im Sommer 2019, als im gleichen Zeitraum lediglich rund 21.000 Tickets verkauft werden konnten. Ein Vergleich mit der „ Dracula‟-Produktion aus dem Jahr 2021 verbiete sich, da seinerzeit umfangreiche Corona-Vorgaben herrschten und pro Vorstellung lediglich 800 Zuschauer dabei sein konnten.

Tickets unter: theater-ulm.de