Kretschmann will Batterieforschung in Ulm weiter stärken
Ulm / Lesedauer: 3 min

Ulm gilt als einer der wichtigsten Standorte für Batterieforschung weltweit. Doch der Kampf um die Forschungsgelder ist schwierig. Bei einem Besuch in der Ulmer Wissenschaftsstadt lobte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Arbeit vor Ort. An einem Punkt aber sparte er nicht mit Kritik.
Die Forschung und Entwicklung neuer Batterien hat in Ulm eine lange Tradition. Heute arbeiten mehr als 400 Mitarbeiter an verschiedenen Einrichtungen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Umso umstrittener war vor vier Jahren die Entscheidung der damaligen Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) eine Förderung von einer halben Milliarde Euro für den Bau einer neuen Forschungsfabrik in Münster statt in Ulm zu investieren.
Kretschmann kritisiert „krasse Fehlentscheidung“
„Das tut uns immer noch ein bisschen weh“, gestand Markus Hölzle, Vorstandsmitglied des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW) in Ulm. Eine echte Konkurrenz sehe man im Standort in Münster jedoch nicht, schließlich steht der Bau dort noch am Anfang. Münster könnte sich an Ulm ein Vorbild nehmen, wo alle wichtigen Gebäude bereits vorhanden sind.

Am Freitagnachmittag besuchte Ministerpräsident Winfried Kretschmann das Zentrum auf dem Oberen Eselsberg. Er nannte die Entscheidung der damaligen Bundesministerin Karliczek eine „krasse Fehlentscheidung“ und ein „Desaster“, das sei bereits damals „klar gewesen“. Die aktuellen Entwicklung zeige jedoch, dass hier weiterhin der „Hotspot europäischer Batterieentwicklung“ sei, auf den er „mächtig stolz“ sei. Und die Landesregierung stärke die Forschung und Entwicklung hier auch weiterhin. Im Gespräch mit Markus Hölzle und anderen ZSW-Mitarbeitenden versprach der Ministerpräsident auch die jetzige Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger nach Ulm einzuladen.
Neubau mit zehn Millionen Euro
Tatsächlich unterstützt das Land derzeit einen Neubau beim ZSW, das sogenannte „Powder-Up“ mit zehn Millionen Euro. In den kommenden zwölf Monaten wird hier ein Gebäude für eine Pilotanlage zur Herstellung von Materialien für Lithium-Ionen-Batterien errichtet. Und das in außergewöhnlich großen Mengen mit Materialchargen von 100 Kilogramm. „ Solche Mengen sind erforderlich, um große Batteriezellen für Elektroautos oder stationäre Speicher überhaupt erst herstellen zu können“, heißt es in einer Mitteilung.
Die Batteriematerialien, die dort hergestellt werden, sollen bei Forschungsinstituten oder bei Batterieproduzenten eingesetzt werden. Batteriezellen gelten als Schlüsseltechnologie für die Entwicklung der E-Mobilität. Am ZSW forscht man derzeit vor allem an der seriennahen Produktion von großen Lithium-Ionen-Zellen, wie sie heute in Elektrofahrzeugen verbaut werden.
Batterien ohne kritische Rohstoffe
Bei seiner Visite in Ulm besuchte Kretschmann neben dem ZSW auch das Labor des Exzellenzclusters Polis. Dort wird an Batterien geforscht, die künftig ohne Lithium oder andere kritische Rohstoffe auskommen sollen.
Mit der Entwicklung neuer Batteriematerialien, die nicht mehr auf kritische Materialien angewiesen sind, werde in Ulm „ein extrem wichtiger Beitrag dazu geleistet, dass unsere Wirtschaft unabhängiger werden kann. Schließlich haben uns die geopolitischen Veränderungen vor Augen geführt, welche Auswirkungen Abhängigkeiten haben können", betonte der Ministerpräsident.
Einen wichtigen Baustein zur Erforschung der Lithium-Alternativen stellt die erste automatisierte Anlage zur Batteriematerial-Entwicklung dar. Diese ist in der Lage, rund um die Uhr Batterien zu bauen, mithilfe künstlicher Intelligenz Flächen auszuwerten und neue Versuche zu planen. Dadurch können Batteriematerialien deutlich schneller verbessert werden und sogar „günstiger zur Marktreife gebracht werden“, wie Helge Stein, Forschungsbereichssprecher bei Polis, erklärte. Die von der Anlage erfassten Daten aus allen Abschnitten des Entwicklungszyklus werden zudem mit 34 Institutionen aus 15 Ländern in einem Großprojekt geteilt.
Polis und ZSW – Wie sie an der Zukunft neuer Batterien arbeiten