Ehinger Klinikneubau sorgt für „Investitions-Tsunami“
Ehingen / Lesedauer: 6 min
In Ehingen soll ein neues Klinikum für rund 300 Millionen Euro entstehen. Daran will Landrat Heiner Scheffold festhalten.
(Foto: ADK GmbH)
Rund 300 Millionen Euro wird das Projekt kosten. Das wird sich auf die Kreishaushalte der Zukunft enorm auswirken.
Veröffentlicht:15.11.2023, 05:00
Von:
Tobias Götz
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Mit durchaus sorgenvollem Blick in die Zukunft hat Landrat Heiner Scheffold am Montag in der Sitzung des Kreistags den Haushaltsentwurf für das Jahr 2024 vorgestellt. Mit einem Volumen von knapp 340,7 Millionen Euro liegt der Haushalt 2024 noch einmal deutlich über dem Vorjahresniveau.
Scheffold sprach beim Blick in die nahe Zukunft der Kreisfinanzen zudem von einem „Investitions-Tsunami“, auch, weil der geplante Neubau des Ehinger Krankenhauses mit rund 300 Millionen zu Buche schlagen wird ‐ und natürlich Folgekosten mit sich bringt.
Es war die achte Haushaltsrede, die Landrat Heiner Scheffold dem Kreisgremium vorgetragen hat. Damit auch die letzte in der aktuellen Legislatur des Landrats. Und die hatte es durchaus in sich. „Wir leben in einer Zeit der Transformation. Wir stehen am Beginn einer Ära, die ohne fossile Energie auskommen muss. Die digitale Revolution verändert unser soziales Miteinander und unsere Arbeitswelt in einem Ausmaß, das wir noch gar nicht abschätzen können. Auch unsere Gesellschaft wandelt sich: Die Relation zwischen den jungen und älteren Generationen hat sich verschoben, was große Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, unser Gesundheits- und Pflegesystem und die Rente hat. Wir müssen jetzt die Weichen für eine nachhaltige, klimaneutrale Zukunft und den Erhalt unserer Wirtschaftskraft stellen“, sagte Landrat Heiner Scheffold.
Explodierende Kosten in vielen Bereichen
Die vorläufige Steuerkraftsumme der Kreisgemeinden ist zwar im Vergleich zum Vorjahr um knapp 10,4 Millionen Euro gestiegen und auch die OEW-Ausschüttung (Oberschwäbische Elektrizitätswerke) fällt mit 12,6 Millionen Euro deutlich höher aus, als in den vergangenen Jahren.
Angesichts der explodierenden Kosten in vielen Bereichen wirken sich diese Mehreinnahmen im Haushalt 2024 aber nur bedingt positiv aus, zumal auch die Erträge aus der Grunderwerbssteuer auf zehn Millionen Euro zurückgegangen sind. Die allgemeine Teuerung, bedingt durch die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten, schlägt sich im Haushalt 2024 deutlich nieder: Allein der Zuschussbedarf im ÖPNV erhöht sich durch die gestiegenen Lohn- und Energiekosten um weitere 23,4 Prozent auf 13,2 Millionen Euro.
Hinzu kommen die Tariferhöhungen, welche die Personalaufwendungen um knapp 5,2 Millionen Euro steigen lassen und das betriebliche Defizit des Alb-Donau Klinikums, das mit 7,1 Millionen Euro weiterwächst. Der Sozialhaushalt verzeichnet ebenfalls eine enorme Kostensteigerung.
Der Zuschussbedarf im Bereich der Transferleistungen wächst um acht Millionen Euro. Gleichzeitig beginnt nun eine Phase steigender Investitionen, die 2024 noch bei durchschnittlichen 21,8 Millionen Euro liegen werden.
Hier gibt es die wichtigsten Punkte im Überblick
Insgesamt wird der Kreis 21,8 Millionen Euro investieren (15,6 Millionen Euro im laufenden Jahr). Das Alb-Donau-Klinikum erhält rund 6,9 Millionen Euro. Die Straßenmeistereien zwei Millionen Euro, die Kreisstraßen und Radwege bekommen etwa 5,2 Millionen Euro sowie zwei Millionen Euro sind für den Umbau des Eingangsbereichs im Gebäude A und eine Million Euro für den Grunderwerb und die Planung der Erweiterung des Gebäudes B vorgesehen.
„Trotz der angespannten Haushaltssituation sehe ich in unserem Haushaltsentwurf keine Erhöhung der Kreisumlage vor. Die finanziellen Handlungsspielräume der Städte und Gemeinden verengen sich genauso wie unsere. Im Sinne des guten partnerschaftlichen Miteinanders, das wir seit Jahren in der kommunalen Familie pflegen, möchte ich Ihnen, liebe Kreisrätinnen und Kreisräte, vorschlagen, sie bei 26,5 Prozent zu belassen und das Defizit im Ergebnishaushalt durch eine Entnahme aus der Rücklage auszugleichen“, so Scheffold.
Im Haushalt 2024 sind Personalaufwendungen in Höhe von 60,4 Millionen Euro veranschlagt, 9,4 Prozent mehr als im Vorjahr ‐ unter anderem wegen der hohen Tarifabschlüsse des vergangenen Jahres. „Trotzdem ist es für uns unerlässlich, dass wir uns an die Stellenbewertungen der großen Nachbarn anpassen. Tun wir das nicht, gehen wir das Risiko ein, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an andere Behörden zu verlieren, weil sie dort für die selbe Tätigkeit besser bezahlt werden“, sagt Scheffold.
„Wenn es nach der Landesregierung geht, soll im Rahmen der Verkehrswende bald jeder zweite Weg selbstaktiv per Fuß oder Fahrrad zurückgelegt werden. Dafür braucht es ein gut ausgebautes Radwegenetz, woran wir intensiv arbeiten. Wir haben in den vergangenen Jahren viele Lücken in diesem Netz geschlossen. Weitere, teils kreisübergreifende Verbindungen sind in Planung. Dafür stellen wir rund 1,9 Millionen Euro in unserem nächsten Kreishaushalt bereit“, so Scheffold.
Für Scheffold eine der größten Herausforderungen der Zukunft. Denn gerade der Erhalt der dezentralen Klinikstruktur im Kreis werde immer schwieriger. Zwar sei der Betrieb hochprofessionell und ausgelastet, was aber in der heutigen Zeit nicht reiche, um alles „auskömmlich zu finanzieren“, wie der Landrat sagt. Er betont: Waren es früher drei bis vier Millionen Euro Betriebskostenzuschuss, beläuft sich dieser im Haushalt 2024 auf 7,1 Millionen Euro. Es liegt in der Verantwortung der Geschäftsführung der ADK GmbH Wege zu finden, um das Defizit bei den Betriebskosten zu verringern und sich dabei auch an freigemeinnützigen und privaten Trägern zu orientieren. Die chronische Unterfinanzierung der Kliniken, die bundesweit viele in ihrer Existenz bedroht, bedarf aber Lösungen auf der Bundes- und Landesebene.“
Dabei habe sich die schwierige Lage durch „explodierende Energiekosten“ und die „hohe Inflation“ drastisch verschärft. „Die Vergütung für Klinikleistungen ist gesetzlich gedeckelt. Der Bund hat diese bislang nicht angepasst. Deshalb können die Krankenhäuser die enormen Preissteigerungen nicht ausgleichen“, so der Landrat, der erklärt, dass 77 Prozent der Kliniken in Baden-Württemberg ein negatives Jahresergebnis erwarten. Knapp 30 Prozent seien sogar insolvenzgefährdet. „Um unser gut aufgestelltes Alb-Donau Klinikum so positiv weiterzuentwickeln, möchten wir im kommenden Jahr 6,9 Millionen Euro investieren. Zudem widmen wir uns auch 2024 intensiv dem dringend notwendigen Klinik-Neubau in Ehingen.
Die Kosten dafür werden auf rund 300 Millionen Euro geschätzt.“ Geht man von einer maximalen Förderquote von 60 Prozent aus, wird der Neubau den Kreishaushalt auf viele Jahre mit rund 9,5 Millionen Euro pro Jahr belasten. Rechnet man dann noch den Betriebskostenzuschuss mit durchschnittlichen sieben Millionen Euro und die jährlichen Investitionen mit acht Millionen Euro hinzu, ergibt sich ein Finanzmittelbedarf in Höhe von 24,5 Millionen Euro pro Jahr für den Kreishaushalt.
„Unsere Seniorenzentren mit ihren mehr als 600 stationären und teilstationären Plätzen sind unverändert sehr gefragt. Insbesondere bei der Kurzzeitpflege ist die Not der Angehörigen groß, so dass unsere Pflegeheim GmbH immer mehr überregionale Anfragen erhält. Was uns hier nach wie vor beschäftigt, sind der Fachkräftemangel und der Einsatz von kostenintensiven Honorarkräften“, sagt Scheffold.
Laut Scheffold immer noch ein großes Hemmnis, auch für das Landratsamt, ist die überbordende Bürokratie. „Durch die Globalisierung, die Digitalisierung sowie den demografischen Wandel und die Klimakrise steht die kommunale Ebene vor zahlreichen Herausforderungen. Um diese zu bewältigen, braucht es einen schnellen Abbau von Standards und Bürokratie sowie die Anerkennung von Kapazitätsgrenzen der öffentlichen Verwaltung und eine Priorisierung der Aufgaben“, so Scheffold.