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Wirtschaft in der Region

Businesspark nimmt Pharmabranche ins Visier

Ehingen / Lesedauer: 4 min

Ein Unternehmen aus den USA war bereits interessiert. Warum der Deal gescheitert ist.
Veröffentlicht:19.05.2023, 11:50

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Beim achten Wirtschaftsforum im Businesspark Ehingen Donau (BED) haben die Organisatoren mit Professor Ralf Kindervater einen Experten in Sachen Gesundheit und Bioökonomie eingeladen. Und das nicht ohne Grund. Ehingen, speziell der Businesspark, streckt immer mehr seine Fühler in die Pharmabranche aus. Und das hätte vor wenigen Wochen sogar fast mit der Ansiedelung einer großen US–Firma geklappt.

Einflussreicher Professor

Wie einflussreich Professor Kindervater in der Pharmabranche ist, macht ein Vorgang deutlich, den der Referent während seines Vortrags im Businesspark erwähnte. „Vor wenigen Wochen habe ich eine Anfrage einer großen US–Pharmafirma bekommen. Die wollen in Baden–Württemberg ansiedeln. Ich wusste, dass hier in Ehingen viel los ist und erinnerte mich auch an das Schlecker–Umfeld und die Flächen“, sagt Kindervater.

Professor Ralf Kindervater.
Professor Ralf Kindervater. (Foto: Götz)

Dann habe er Professor Michael Gaßner, den Geschäftsführer des Businessparks, kontaktiert und ihm von dem Vorhaben der US–Amerikaner erzählt. Gaßner und Kindervater sind seit vielen Jahren im engen Austausch, man kennt sich gut.

Schnelle Entscheidung

„Es musste eine schnelle Entscheidung her. Die Amerikaner wollten 20 Hektar, was im Businesspark nicht möglich ist“, erklärt Gaßner. Auch eine Ansiedlung, beispielsweise im Industriegebiet Berg, wo Liebherr ja auf 50 Hektar bauen möchte, sei auf die Schnelle und aufgrund der Größe der benötigten Flächen nicht möglich gewesen.

„Die US–Firma hätte ein Medikament und ein hochspezielles Gerät dafür hergestellt“, sagt Kindervater, der die Anfrage vor sechs Wochen auf den Tisch bekam.

Gute Beziehungen

Aus dieser Ansiedlung ist nun nichts geworden, der Vorgang zeigt aber, dass Ehingen durch Kindervater und seine guten Beziehungen zu Professor Gaßner und Ehingens OB Alexander Baumann präsent ist, wenn es um Neuansiedlungen aus den Branchen Medizintechnik, Biotechnologie und der pharmazeutischen Industrie geht. Kindervater ist Geschäftsführer der landeseigenen Innovationsagentur Biopro Baden–Württemberg GmbH in Stuttgart.

Diese Landesgesellschaft hat die Aufgabe, mit ihren Kompetenzen bei den Themen Gesundheit und Bioökonomie Baden–Württemberg als Wirtschafts– und Gesundheitsstandort nachhaltig erfolgreich aufzustellen. Dies geschieht in enger Abstimmung zwischen Ministerien, Industrie und Forschung.

Ehingen sei laut Kindervater ein spannender Standort für Unternehmen dieser Art, weil Ehingen im sogenannten Biopharma Cluster South Germany liegt. Dieses Cluster (deutsch: Bündel) wird natürlich geprägt von den großen Playern wie Boehringer in Biberach, Rentschler in Laupheim oder Teva in Ulm.

„Wir müssen für Ehingen hier an Zulieferer denken. Es geht dabei um Schnittstellen“, sagt Kindervater, der hier beispielsweise an Verpackungshersteller, an Maschinenbauer oder Hersteller in der Vorproduktion denkt. „Ehingen muss seinen Standort und seine Möglichkeiten mit dem Businesspark nun intelligent spielen“, betont Kindervater.

Eine Nummer zu groß

Das sieht auch BED–Geschäftsführer Michael Gaßner so. „Es braucht Geduld. Die US–Firma war eine Nummer zu groß für uns. Wir müssen eben sieben Mal durch eine Türe gehen, bis es beim achten Mal dann klappt“, sagt Gaßner, der sich sicher ist, dass die Pharmaindustrie „ins Profil des Businessparks“ passt.

Ein Grund, warum nun verstärkt diese Industrie in den Fokus gerät, liegt auch darin, dass Gaßner die Idee des Bildungscampus Donau aufgegeben hat. „Das haben wir nicht zum Laufen gebracht. Eine private Hochschule kann mittlerweile nur über eine Stiftung funktionieren“, so Gaßner. Mit dem „Ende“ des Bildungscampus stirbt auch die Idee des Boardinghouse im BED.

„Wenn wir keine Studierende haben, brauchen wir auch keine Unterkünfte“, sagt Gaßner und erklärt, dass dadurch nun Flächen zur Verfügung stünden. „Wir könnten auch einen Neubau auf unserem Gelände realisieren. Wir können mit dem ehemaligen Schlecker–Park nebenan und Teilen des Parkplatzes rund 10.000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung stellen“, macht Gaßner deutlich, der über das Biopharma Cluster South Germany nun sein Netzwerk weiter „spielen lassen möchte“.

Dass diese Branche vor allem in Baden–Württemberg stark ist, untermauerte Kindervater in seinem Vortrag. Mit 31,3 Prozent der Bruttowertschöpfungsleistung der regionalen Gesundheitsindustrie steht Baden–Württemberg hier an der Spitze im Ländervergleich.

„Wir haben hier also nicht nur Automotive und Maschinenbau“, betont Kindervater. 1100 Unternehmen dieser Branche gibt es in Baden–Württemberg. Diese Unternehmen beschäftigen 88.235 Mitarbeiter und sorgen für einen Umsatz von 23,28 Milliarden Euro. Zwischen den Jahren 2013 und 2022 kamen 157 Neugründungen dazu.

Und auch durch das am Businesspark benachbarten Sappi–Werk sieht Kindervater extreme Standortvorteile für die Zukunft. „Hier muss eine Nahwärme–Partnerschaft eingegangen werden. Das kann man richtig heiß verkaufen“, so der Professor. Auch Ehingens OB Alexander Baumann, der den Abend eröffnete, machte deutlich: „Wir müssen schauen, was es für Möglichkeiten für uns als Stadt in diesem Cluster gibt.“