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Interview

Von Peking nach Wurmlingen: So kam die Bricon-Chefin in die Region

Wurmlingen / Lesedauer: 3 min

Seit fünf Jahren leitet Maxine Wang das Wurmlinger Medizintechnikunternehmen. Im Interview berichtet sie von ihrem Weg, und was sie an der Region besonders mag.
Veröffentlicht:20.11.2023, 17:00

Von:
  • Sabine Doderer
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Seit rund fünf Jahren leitet die 43-jährige Maxine Wang das Medizintechnikunternehmen Bricon mit derzeit 185 Beschäftigten. Im kommenden Jahr werden 75 weitere Arbeitsplätze geschaffen. Die Produktionshalle dafür wird derzeit gebaut. Im Interview spricht Maxine Wang über ihren Weg und erzählt, wie und warum sie gerade nach Wurmlingen gekommen ist ‐ und was sie an der Region besonders mag.

Frau Wang, wie hat Sie Ihr beruflicher Werdegang von der Millionenstadt Peking in das beschauliche Wurmlingen gebracht?

Wahrscheinlich war es Schicksal. Nach vielen Stationen in anderen Ländern, wie etwa in Syrien, in Frankreich, in der Türkei und im zweiten Jahr meines MBA-Studiums (Masterstudium Business Administration, Anm. der Red.) in Köln, habe ich mich in Deutschland verliebt.

Für mich ist es ein diszipliniertes, kraftvolles und gleichzeitig harmonisches Land.

Maxine Wang

Aber ich hätte damals nicht gedacht, dass ich einmal die Gelegenheit haben würde, hier zu arbeiten und hier meinen Lebensmittelpunkt zu finden.

Wie kam es dazu?

Nach Abschluss meines MBA-Studiums wurde ich als General Manager der internationalen Abteilung der chinesischen Naton Group dazu ernannt, die Geschäfte der Gruppe in Deutschland aufzuteilen. Zu dieser Zeit verbrachte ich mindestens die Hälfte jedes Monats auf Geschäftsreisen in der ganzen Welt.

So kam ich auch nach Wurmlingen und fand ein Unternehmen vor, das mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Das hat mich angespornt, meine Vision von einer vertrauenswürdigen, soliden und zukunftsorientierten lokalen Marke im Bereich der internationalen Gesundheitsversorgung aufzubauen.

Maxine Wang (Foto: Sabine Doderer)

Das klingt nach einer großen Herausforderung. Gerade mit Blick auf eine Berufssparte, die hauptsächlich von Männern dominiert ist. Gab es in den vergangenen Jahren auch Stolpersteine auf Ihrem Weg?

Der Bereich der Präzisionsfertigung und derjenige der Medizintechnik werden tatsächlich immer noch größtenteils von Männern dominiert. Und dennoch muss ich sagen, dass ich bei meiner Arbeit in der Medizintechnikbranche rückblickend nie Druck aufgrund meines Geschlechts erlebt habe.

Weder in China noch in Wurmlingen. Ich erlebe, dass gerade in Deutschland ein Respekt vor Kompetenz herrscht. Egal, ob ein Mann oder eine Frau in einer Führungsposition ist.

Ihr Ziel, die Firma Bricon in Wurmlingen deutlich zu erweitern, ist sehr ambitioniert. Was ist Ihre Vision?

Da muss ich ein wenig ausholen. Tuttlingen und seine Regionen sind das Zentrum der Medizintechnik Deutschlands. Über 400 der insgesamt 800 Unternehmen sind hier auf Medizintechnik spezialisiert.

Das ist für unser Unternehmen eine hervorragende Möglichkeit zur intensiven Kooperation mit unseren Mitbewerbern. Es gibt hier gerade im Bereich der Herstellung chirurgischer Instrumente viele Spezialisten, die ständig ihr Fachwissen ausbauen. Die unterschiedlichen Kompetenzfelder können wir bei Bricon nutzen und unsererseits unser Spezialgebiet der Implantologie ausbauen.

Wie schätzen Sie angesichts des zunehmenden Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI) die Zukunft der Medizinbranche ein?

Seit seiner Gründung im Jahr 1993 in der Schweiz widmet sich Bricon der Entwicklung von Implantaten für die Wirbelsäule. Heute erlebt die Technologie ein beschleunigtes Wachstum. Unterstützt mit kontinuierlichen Investitionen der Naton-Gruppe konzentrieren wir uns zunehmend auf die Entwicklung von chirurgischen Robotern.

Diese beziehen die KI-Technologie mit ein. Ziel ist es, die Implantate in der klinischen Anwendung präziser zu machen und somit die Effizienz der medizinischen Behandlung zu verbessern.

Zuletzt noch eine persönliche Frage: Frau Wang, Sie kommen aus einem ganz anderen kulturellen Leben. Wie fühlen Sie sich nach fünf Jahren in Wurmlingen?

Sehr gut! (lacht) Ich habe mir gerade ein eigenes Haus in Tuttlingen gekauft und habe mich damit entschieden, in dieser wunderschönen Region zu bleiben. Ich habe hier viele Freunde und genieße es, dass es einen geregelten Feierabend und einen ruhigen, ungestörten Sonntag gibt.

Am Anfang fand ich es merkwürdig, dass alle Geschäfte sonntags oder an Feiertagen geschlossen sind. Heute genieße ich die Ruhe an diesen Tagen und organisiere meine Einkäufe rechtzeitig.

Maxine Wang

Viele beschweren sich ja über das Wetter. Aber ich genieße es, wenn’s regnet oder hagelt. Und ganz besonders mag ich den Schnee.