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Ortschaftsrat Eßlingen lehnt Windräder ab

Tuttlingen / Lesedauer: 4 min

Gremium stellt sich hinter eine Umfrage aus dem Jahr 2013 – Empfehlung an Gemeinderat
Veröffentlicht:29.06.2017, 17:44

Von:
  • Schwäbische.de
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In der Sitzung des Ortschaftsrates Eßlingen ist am Mittwochabend bei einer Gegenstimme die Entscheidung gefallen: „Der Ortschaftsrat empfiehlt dem Gemeinderat zu beschließen, das Angebot von KommunalWind abzulehnen und keine Windkraftanlagen auf dem Winterberg-Himmelberg errichten zu lassen. Der Beschluss soll auch für alle weiteren Angebote gelten, die der Stadt vorgelegt werden. Der Ortschaftsrat bestärkt und stellt sich erneut hinter seine Entscheidung, die auf der Umfrage in der Bevölkerung vom 14. November 2013 basiert.“

Ortsvorsteher Hartmut Wanderer verlas die Ergebnisse der Umfrage aus dem Jahr 2013 noch einmal und bekräftigte den vorangegangenen Beschluss. „Die Umfrage zur Windkraft in Eßlingen zeigt dem Ortschaftsrat ein demokratisches und klares Meinungsbild der Bürger zur Aufstellung von Windkraftanlagen auf unserer Gemarkung. Mehr als 64 Prozent der Befragten sprechen sich prinzipiell gegen die Aufstellung von Windkraftanlagen aus. Der Ortschaftsrat als gewählter Vertreter der Bürgerschaft stellt sich hinter die Mehrheit.“ Lediglich Ortschaftsrat Rainer Zimmermann erklärte, dass er nicht für den Beschlussvorschlag stimme, da er die 15,6 Prozent der Eßlinger Bürger, die keine Bedenken gegen die Windkraft hätten, auch verstehen könne.

Der Sitzung war eine Bürgerinformation zur Windparkentwicklung auf dem Winterberg, Himmelberg und Lindenberg vorangegangen. Vor der Pfarrscheuer protestierten Eßlinger mit Plakaten gegen die Windkraft, und nach der Informationsrunde durch Julia Wolf , Projektleiterin der Juwi Energieprojekte GmbH, und Hanno Brühl, Geschäftsführer von Kommunal-Wind der Stadtwerke Tübingen, äußerten die zahlreichen Besucher ihre Bedenken.

Sorge vor Wertverlust

Dass die fossilen Energiereserven endlich, erneuerbare Energien dagegen unendlich sind, ist allen bewusst. Trotzdem sollen auf dem Winterberg auf der Gemarkung Eßlingen keine Windkraftanlagen entstehen. Zum einen ist es der geringe Abstand zur Wohnbebauung, rund tausend Meter, und der damit womöglich verbundene verminderte Wert der Immobilien, zum anderen der Eingriff in den Natur- und Klimaschutz, was die Bürger umtreibt. Rund ein Hektar Wald müssten für den Bau gerodet werden. „Nach der Bauphase wird ein Teil aber wieder aufgeforstet“, sagte Julia Wolf.

Auch die Höhe der geplanten Anlagen mit einer Nabenhöhe von 150 Metern, einem Rotor-Durchmesser von 130 bis 150 Metern sowie einer Gesamthöhe von etwa 200 bis 250 Metern, wurde mit Skepsis betrachtet. Mit dem gewonnenen Strom könnten pro Jahr 2000 Vier-Personen-Haushalte versorgt werden, gab Julia Wolf zu bedenken.

Der Winterberg gehört zu einer Konzentrationszone, die den Himmel- und Lindenberg (Gemarkung Möhringen und Immendingen) einschließt. Den Zuschlag der Ausschreibung für den Himmel- und Lindenberg durch den Forst Baden-Württemberg hatte die KommunalWind erhalten. Dadurch steht fest, dass bei positiven Ergebnissen aus Windmessung und vertiefenden Untersuchungen (Vogel- und Fledermauskartierung), Windenergieanlagen an diesem Standort verwirklicht werden. „Auch wenn Tuttlingen nicht mitzieht. Dann stehen die fünf geplanten Windräder komplett auf Immendinger Seite“, erklärte Wolf. „Das ist eine völlig neue Lage, dass die Windräder auf jeden Fall kommen“, bemerkte Ortschaftsrat Thomas Biehler.

Bürgerwindpark

Vorteile einer auf städtischer Fläche realisierten Windenergieanlage direkt „vor der Eßlinger Haustüre“ wäre eine jährliche Mindestpacht im fünfstelligen Bereich für die Stadt Tuttlingen. Die Bürger und die Stadtwerke könnten sich über eine Genossenschaft finanziell an der lokal erzeugten Windkraft beteiligen. Ein aufwendiges Ausschreibungsverfahren wäre so nicht notwendig. Ein Nachteil wäre, dass eine eventuelle spätere wirtschaftlich sinnvolle Nachrüstung mit eigenen Windrädern seitens der KommunalWind mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.

Auf die Frage warum die Stadtwerke Tuttlingen an diesem Abend nicht vertreten seien, erklärte Michael Hensch, Umweltbeauftragter und Vertreter der Stadt Tuttlingen: „Die Stadtwerke sind sehr interessiert an dem Thema. Sie wissen aber alle, dass die Diskussion in Eßlingen nicht immer ganz einfach war. Deshalb haben sich der Gemeinderat und Oberbürgermeister Michael Beck zunächst einmal zurückgezogen und beschlossen, abzuwarten bis der Flächennutzungsplan planungsrechtlich gesichert, bis politisch entschieden ist, um dann in die kooperative Entwicklung einzusteigen.“