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Gläubige pilgern zur Reliquie der Heiligen Margareta

Uhldingen-Mühlhofen / Lesedauer: 4 min

Gläubige pilgern zur Reliquie der Heiligen Margareta
Veröffentlicht:30.06.2010, 20:10

Von:
  • Schwäbische.de
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Lächelnde Gesichter gestern auf dem Platz vor dem Eingang zur Basilika Birnau: Mit einer einstündigen Verspätung fährt sie schließlich vor, die Kutsche, die den Reliquienschrein der Heiligen Margareta Maria Alacoque bringt. Auf seiner Reise um die Welt bleibt der Schrein noch bis heute Mittag am Bodensee .

Von unserem Redaktionsmitglied Kara Ballarin

Es ist heiß vor der Birnau, gewittrig und schwül. Auf dem Vorplatz wimmelt es von Menschen – Englisch mit amerikanischem Akzent ist da zu hören, Rumänisch, vor allem Deutsch in jeder erdenklichen Klangfarbe und jedem Dialekt. Die meisten sind Touristen, deren Busse an der Birnau Station machen. Einige wiederum sind heute gezielt zum Bodensee gepilgert und warten seit 15 Uhr auf das große Ereignis: Der Reliquienschrein der Heiligen Margareta Maria Alacoque, die im 17. Jahrhundert die Herz-Jesu-Verehrung begründet hat, gastiert in der Birnau.

Darunter auch ein älteres Paar, das den Weg vom heimatlichen Tuttlingen gerne auf sich genommen hat, um der Reliquie nahe zu sein – aber nicht zum ersten Mal. Seit über 20 Jahren reisen die beiden, früher noch mit den Kindern, in die französische Kleinstadt Paray-le-Monial. Dorthin, wo die Heilige Margareta mit 23 Jahren ins Kloster der Heimsuchung eingetreten ist, wo sie 20 Jahre später starb und begraben wurde. „Ihr ist Christus erschienen mit dem offenen Herzen, von ihr kommt die Herz-Jesu-Verehrung“, sagt der Mann, und seine Frau ergänzt: „Wir sind extra hergefahren, weil wir neugierig sind, ob wir das Gleiche sehen wie in Frankreich.“

Eine Stunde müssen sie noch warten, dann endlich rollt die prächtige schwarze Kutsche, gezogen von zwei stattlichen schwarzen Pferden, klappernd über das Kopfsteinpflaster und hält direkt vor dem Eingang zur Basilika. In Konstanz war der Schrein heute gestartet, kam mit der Fähre in Meersburg an und legte den Landweg zur Birnau mit der Kutsche zurück. Ein mehrschichtiger Ring aus Menschen schließt sich um die Kutsche, Handys und Digitalkameras halten den Moment fest, als der Schrein erstmals zu sehen ist: ein vogelhausgroßer Kasten, einem Pavillon nachempfunden, dessen goldenes gewölbtes Dach von filigranen goldenen Säulen getragen wird, die den Blick auf das Innere ermöglichen. Feierlich begrüßen Pater Prior Johannes Brügger und Pater Bruno Metzler des Zisterzienserordens die Reliquie. Auf einem Tischlein mit goldenem Tuch macht der Schrein kurz Halt, sichtbar für die Pilger, bevor er im Inneren der Basilika verschwindet – mit ihm die Gläubigen.

Die Kirchenbänke sind luftig gefüllt, die meisten Pilger haben das Rentenalter bereits erreicht. Alle Augen und auch die beiden Kameras des römisch-katholisch geprägten Dornbirner Privatsenders K-TV sind auf den Altarraum gerichtet. Denn dort steht er nun, der Reliquienschrein, zu dessen Ehren Pater Prior Johannes Brügger mit den Versammelten eine Eröffnungsandacht feiert. „Es freut mich sehr, dass am heutigen letzten Tag des Herz-Jesu-Monats Juni die Reliquien der Mystikerin Margareta Maria Alacoque bei uns sind“, sagt er.

Wer diese Frau, diese Mystikerin, diese Nonne war, skizziert Pater Bruno Metzler. Schon vor ihrer Zeit im Kloster habe sie mystische Erscheinungen gehabt und sei später von ihren Mitschwestern deshalb häufig gedemütigt worden. Schließlich habe sich ihr Jesus offenbart, ihr sein offenes Herz gezeigt und gesagt, sein Herz brenne in Liebe zu den Menschen. Es war der Ausgangspunkt der Herz-Jesu-Verehrung.

Bezug zur Gegenwart

In Gesängen und Gebeten feiern die Gläubigen die Reliquie und das Leben der Heiligen Margareta. Pater Prior Johannes Brügger nutzt die Andacht, um mit leisen Tönen auf aktuelle Geschehnisse zu verweisen, die im Zusammenhang mit der Kirche Schlagzeilen machen. Die Verehrung des Herzens Jesu solle neu belebt werden, denn die Liebe solle sich in Familie, Gesellschaft und Kirche ausbreiten und diese erneuern. Das klingt nach dem Wunsch, die Kirche nach den Missbrauchsfällen, die in den vergangenen Monaten bekannt wurde, zu erneuern. Direkter wird der Prior, als er die Verhandlung zum Kruzifix-Verbot vor dem Europäischen Gerichtshof anspricht.

Nach der gemeinsamen Andacht haben die Pilger noch den gesamten Abend Zeit für die ganz persönliche Anbetung des Allerheiligsten, darunter auch das Tuttlinger Paar. Die Pilger nutzen die Gelegenheit zur Beichte, beten den Rosenkranz und feiern noch gemeinsam die Heilige Messe. Die Zeit ist knapp, denn die Reliquie bleibt nur für eine Nacht.