Landfriedensbruch
Polizei nimmt untergetauchte Demonstrantin fest
Tuttlingen / Lesedauer: 3 min

Das Verfahren gegen eine 27-jährige Frau aus dem Raum Tuttlingen wegen Landfriedensbruchs hätte der Auftakt für eine Reihe von Prozessen gegen die 1. Mai-Demonstranten vom Mai 2021 in Tuttlingen sein sollen. Doch die Frau erschien nicht vor Gericht, sondern tauchte unter. Sie wurde per Haftbefehl gesucht. Nun hat die Polizei die Frau nach mehr als neun Monaten gefunden und festgenommen.
Vermummt und mit Fackeln in die Stadt gezogen
Um die 50 Menschen waren am 1. Mai 2021 mit Fackeln und Fahnen vom Honberg in Richtung Innenstadt gezogen. Als die Polizei den Aufzug auflösen wollte, weil er weder angemeldet noch genehmigt war, ist es zu Eskalationen gekommen.
Am 7. Februar hätte die 27-jährige Frau eigentlich vor Gericht erscheinen sollen. Der Vorwurf: Neben Landfriedensbruchs auch das Führen von Waffen bei Versammlungen, Verstoß gegen das Vermummungsverbot bei Versammlungen, versuchte gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte.
Fahndung monatelang ohne Erfolg
Doch die Angeklagte kam nicht und legte auch keine Begründung dafür vor. Auch war sie weder an ihrem Arbeitsplatz oder in ihrer Wohnung anzutreffen. Deshalb erging ein Haftbefehl. Die Fahndung der Polizei blieb monatelang ohne Erfolg. Erst vor zwei Wochen gelang es, den neuen Arbeitsplatz der Angeklagten herauszufinden, so die Mitteilung des Amtsgerichts Tuttlingen .
In einem Nachbarkreis untergekommen
Die Polizei nahm die Frau am Dienstag vor einer Woche in einem Nachbarkreis fest, sie wurde in eine Justizvollzugsanstalt eingewiesen, bestätigt ein Polizeisprecher. Ihr Verteidiger legte Beschwerde gegen den Haftbefehl ein. Das Landgericht Rottweil hat diese Beschwerde am Freitag als unbegründet verworfen.
Das Verfahren gegen sie wird vor dem Amtsgericht Tuttlingen nun zeitnah fortgesetzt. Dabei bleibt es laut Gerichtssprecherin Inga Stumpf bei den Vorwürfen rund um den 1. Mai. Ihr Untertauchen sei nicht Gegenstand des Verfahrens. „Es stellt keine Straftat dar, sich dem Strafverfahren durch Flucht zu entziehen“, teilt sie mit.
Rechtsmäßigkeit des Gerichts angezweifelt
Bevor die Frau untergetaucht war, hatte sie sich mit einem Brief an das Amtsgericht gewandt. In Auszügen zitierte Richter Thomas Straub daraus, etwa, dass die Angeklagte sich darin als „lebendes und atmendes Weib, unverschollen auf dem Land im Naturrecht des einen Schöpfergottes“ bezeichnet.
Sie sei „Betreuerin und Gläubigerin der natürlichen Person“, die an dem Tag hätte angeklagt werden sollen. Und sie stellt in dem Schreiben die Rechtmäßigkeit des Gerichtes infrage, es handle „im Auftrag einer Firma“ heißt es. Den Staat als Unternehmen zu bezeichnen – das erinnert an Reichsbürger-Rhetorik.
Bis heute gab es rund 40 Verfahren rund um die Nacht des 1. Mai 2021 vor dem Amtsgericht Tuttlingen. Ein Schlussstrich steht aber noch aus. Auch deshalb, weil 13 Betroffene in Berufung gehen. Je nachdem, ob es sich um eine vollumfängliche Berufung handelt oder nicht, muss das gesamte Verfahren nochmal aufgerollt werden, inklusive aller Zeugenanhörungen.