Lohnt sich ein Vertrag?
Tuttlinger haben die Chance auf Glasfaser - müssen dafür aber etwas tun
Tuttlingen / Lesedauer: 7 min

Sabine Krauss
Mit dem Angebot, Tuttlingen mit Glasfaser auszustatten, wirbt die Deutsche Glasfaser derzeit in der Donaustadt. Wenn sich bis Ende Januar 33 Prozent der Haushalte darauf einlassen, startet das Unternehmen den Ausbau.
Die Stadt Tuttlingen unterstützt das Vorhaben mit einer Kooperationsvereinbarung. Doch wie soll der Ausbau ablaufen, welche Kosten kommen auf Bürgerinnen und Bürger zu und was geschieht mit laufenden Verträgen? Fragen und Antworten.
Wer ist die Deutsche Glasfaser und warum ist sie jetzt in Tuttlingen aktiv?
Die Deutsche Glasfaser Holding GmbH ist ein 2011 gegründetes Telekommunikationsunternehmen. Seit Mai 2020 gehört sie zum schwedischen Finanzinvestor EQT und dem kanadischen Pensionsfonds Omers. Bundesweit nimmt sich die Deutsche Glasfaser ausgesuchte Kommunen vor und hat laut eigenen Angaben mittlerweile 1,7 Millionen Anschlüsse in Deutschland realisiert.
In Baden-Württemberg ist sie seit zwei Jahren aktiv. Im Herbst schloss sie eine Kooperationsvereinbarung mit der Stadt Tuttlingen, ihr Angebot drei Monate lange zu vermarkten.
Warum überhaupt Glasfaser?
Glasfaser lohnt sich vor allem für diejenigen, die zu Hause einen stabilen und schnellen Internetanschluss benötigen ‐ zum Beispiel, wenn mehrere Haushaltsmitglieder gleichzeitig im Internet sind und streamen oder im Home Office arbeiten. Im Vergleich zu Kupferleitungen ermöglichen Glasfaserkabel deutlich höhere Datenübertragungsraten. Für viele reichen momentan aber die vorhandenen Alternativen wie VDSL, Supervectoring oder Coax aus.
Kann man in Tuttlingen auch anderweitig Glasfaser beziehen?
Das Problem war bislang, dass jeder Anbieter sprichwörtlich sein eigenes Süppchen kocht. In Tuttlingen gab es bis dato keinen Anbieter, der eine Ausbaustrategie für größere Teile des Stadtgebiets vorgesehen hat. Nur an vereinzelten Stellen in der Stadt liegt bereits Glasfaser, etwa in der Fußgängerzone, in Mattsteig oder im Nendinger Gewerbegebiet Brenner.
Diese Kabel stammen teilweise von der Telekom, teilweise von der Stadt Tuttlingen selbst. So ließ letztere mithilfe der Stadtwerke vor einigen Jahren in Mattsteig selbst Glasfaser verlegen. Eine Kommune darf dies aber nur dann tun, wenn ein Gebiet unterversorgt ist und kein anderer Anbieter tätig wird.
Bei den Glasfaser-Anbietern gibt es aber dennoch Unterschiede: Bisher verläuft die Glasfaser teilweise nur von der Vermittlungsstelle bis zum Verteilerkasten ‐ von dort führen leistungsschwächere Kupferkabel ins Haus.
Wer einem Vertrag mit der Deutschen Glasfaser zustimmt, kommt der Anschluss dann auf jeden Fall?
Nur wenn bis Ende Januar 33 Prozent der Haushalte einen Vertrag mit der Deutschen Glasfaser abschließen, startet das Unternehmen den Ausbau. Wie der für Tuttlingen zuständige Koordinator der Deutschen Glasfaser, Sebastian Hofmann, bekannt gibt, liegen im vorgesehenen Ausbaugebiet rund 9.800 Haushalte, rund 3.000 müssten zustimmen.
Das Ausbaugebiet umfasst aber nicht die gesamte Stadt Tuttlingen: Im Teilort Eßlingen bietet das Unternehmen keinen Ausbau an. Auch die Gewerbegebiete sind außen vor, ebenso Teile der Innenstadt und das Gebiet Mattsteig, die momentan schon gut versorgt sind. Kommt ein Ausbau in Tuttlingen jedoch zustande, plant das Unternehmen nach eigenen Aussagen eine zweite Ausbaurunde, in der weitere Gebäude angeschlossen werden können.
Ob das eigenen Gebäude im Ausbaugebiet liegt, kann man bei einem der Berater per Adressen-Check auf www.deutsche-glasfaser.de/netzausbau/gebiete/tuttlingen erfahren.
Wer sich dafür interessiert, was muss man tun?
Ein Servicemobil gibt es in Tuttlingen montags und freitags von 9 bis 13 Uhr auf dem Marktplatz, in Möhringen mittwochs von 9 bis 12 Uhr am Hechtplatz und in Nendingen donnerstags 15 bis 18 Uhr an der Mühlheimerstraße 71. Man erreicht die Mitarbeiter auch über die Servicenummer der Deutschen Glasfaser.
Als Partner vor Ort hat sich die Deutsche Glasfaser zudem das Telefonhaus in der Bahnhofstraße 16 mit Inhaber Silvio Prestifilippo ins Boot geholt ‐ auch dort werden Beratungen angeboten und es können Verträge abgeschlossen werden.
Kommen Glasfaser-Mitarbeiter auch direkt an die Haustür?
Aktuell gehen Mitarbeiter von Haus zu Haus und informieren. Dabei berichten Bürgerinnen und Bürger jedoch von teils penetrantem Auftreten der Glasfaser-Mitarbeiter an der Haustür. Das war auch andernorts so: Im Juni veröffentlichte der SWR unter der Rubrik „Marktcheck“ einen Beitrag darüber, wie unter anderem älteren Menschen Verträge aufgedrängt worden seien.
Welche Kosten kommen auf mich zu, wenn ich einen Vertrag mit der Deutschen Glasfaser abschließe?
Wer bis Ende Januar unterzeichnet, bekommt den Glasfaser-Anschluss gratis bis ins Haus gelegt. Auch nach Januar kann man sich noch für Glasfaser entscheiden, trägt dann jedoch die Kosten für den Anschluss von der Straße bis ins Haus selbst. Wie hoch das wäre, kann nicht pauschal gesagt werden, sondern hängt von den Gegebenheiten vor Ort ab.
Die ersten beiden Jahre ist man dann an die Deutsche Glasfaser gebunden. Im ersten Jahr beträgt der monatliche Beitrag 24,99 Euro, und zwar egal, welches der vier Leistungspakete man gebucht hat. Im zweiten Jahr beträgt die monatliche Gebühr je nach Leistungspaket zwischen 39,99 Euro und 89,99 Euro.
Werden diese Kosten sofort fällig, auch wenn die Glasfaser noch gar nicht liegt?
Nein, laut Aussage der Deutschen Glasfaser tritt der Vertrag erst dann in Kraft, wenn Glasfaser gelegt ist und das Netz aktiviert wird. In Tuttlingen wäre das etwa Anfang des Jahres 2026 der Fall.
Was passiert nach den ersten beiden Vertragsjahren?
Entweder bleibt man Kunde der Deutschen Glasfaser oder kann den Anbieter frei wechseln. Die Deutsche Glasfaser setzt auf „Open Access“, das bedeutet, dass sie ihr Netz auch anderen Anbietern zur Verfügung stellt, die mit ihr eine Kooperation eingegangen sind.
Bislang gibt es eine Kooperation mit Vodafone. Gespräche mit anderen Anbietern seien am Laufen, sagt Sebastian Hofmann von der Deutschen Glasfaser.
Ich habe aber zurzeit einen Vertrag mit einem anderen Anbieter. Muss ich dann doppelt zahlen, wenn ich nun einen neuen Vertrag mit der Deutschen Glasfaser abschließe?
Gesetzlich sind Verträge seit Dezember 2021 monatlich kündbar, wenn die Mindestlaufzeit (von meistens zwei Jahren) erreicht ist. Da ein neuer Vertrag mit der Deutschen Glasfaser frühestens in zwei Jahren zum Tragen käme (sobald das Glasfasernetz aktiviert ist), können andere Verträge in den meisten Fällen rechtzeitig gekündigt werden. Läuft trotzdem noch ein alter Vertrag mit einem anderen Anbieter, erlässt die Deutsche Glasfaser dem Kunden bis zu zwölf Monate den Beitrag.
Wie läuft es die Kabelverlegung praktisch ab? Muss dabei der Vorgarten aufgerissen werden?
Im Vorfeld gibt es eine Hausbegehung mit den Mitarbeitern der Deutschen Glasfaser. Nur in Ausnahmefällen muss der Vorgarten aufgerissen werden, gibt die Deutsche Glasfaser dabei an. In den meisten Fällen werden die Kabel per Raketenbohrung unterirdisch in den Keller oder das Erdgeschoss verlegt, wo der Hausanschluss errichtet wird. Der SWR berichtete allerdings auch von verärgerten Kunden, weil Leitungsarbeiten ohne die angekündigte Absprache plötzlich in Garten und Einfahrt durchgeführt wurden.
Und wer kümmert sich darum, dass die Glasfaser im Haus verteilt wird?
Die Installation im Haus übernimmt ebenfalls die Deutsche Glasfaser. Der Kunde ist aber für die Leitungswege zuständig: Gibt es Leerrohre, können diese genutzt werden, ansonsten muss er dafür sorgen, dass Kabelkanäle gelegt werden.
Wie läuft es in Mehrfamilienhäusern ab?
Auch dort gibt es einen zentralen Hausanschluss, jede Wohnung bekommt zudem einen eigenen Teilnehmeranschluss. In Häusern ab drei Wohneinheiten reicht es, wenn mindestens ein Vertrag abgeschlossen wird, dann werden die übrigen Teilnehmeranschlüsse auf Wunsch kostenlos gelegt ‐, auch wenn diese erst zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden sollten.
Ich bin Mieter. Was muss ich tun, um Glasfaser zu bekommen?
Der Vermieter muss einen Gestattungsvertrag unterschreiben, dass gestattet wird, das Glasfaser ins Haus zu legen oder dort installieren zu lassen. Dann kann der Mieter einen entsprechenden Vertrag mit der Deutschen Glasfaser abschließen.
Ich bin Vermieter und möchte meine Immobilie mit einem Glasfaser-Anschluss aufwerten. Wie läuft das und wer trägt welche Kosten?
Im Idealfall möchte der aktuelle Mieter das Glasfaser auch nutzen, dann kann ein Vorgehen wie im vorherigen Fall gewählt werden. Hat der Mieter aber kein Interesse, doch der Vermieter möchte seine Immobilie dennoch aufrüsten, muss er selbst den Vertrag abschließen.
In diesem Fall zahlt er dann auch zwei Jahre lang den Monatsbeitrag: 24,99 Euro im ersten Jahr und mit dem billigsten der vier Tarife 39,99 Euro im zweiten Jahr. Danach kann der Vertrag gekündigt werden und der Anschluss liegt solange still, bis er benötigt wird.