Fahrräder suchen Besitzer

Zum Lernen oder zum Verleihen: Tuttlinger ersteigern hunderte Fahrräder

Tuttlingen / Lesedauer: 3 min

Bei der Fundfahrradversteigerung haben mehrere hundert Fahrräder den Besitzer gewechselt. Das sind die Geschichten hinter den neuen Besitzern.
Veröffentlicht:16.05.2023, 17:00

Von:
  • Author ImageLisa Klebaum
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„Ein Euro, wer bietet mehr? Fünf Euro! Noch ein Gebot? Sieben Euro!“, hallt es durch die Halle des Tuttlinger Bauhofes. Über die Hälfte der Plätze sind an dem Nachmittag belegt, immer wieder schnellt ein gelbes Schild in die Luft — so geben die Bieter ihr Angebot ab.

Neben der Halle hängt ein Plakat: „Fundfahrradversteigerung“ steht dort in großen Buchstaben. „Hier werden die Räder versteigert, die bei der Stadt als Fundstücke eingegangen sind“, erklärt eine Mitarbeiterin. „30 Euro — bietet jemand mehr als 30 Euro?“ Keiner. Zufrieden schiebt Lisa Kremer von der Jugendhilfeorganisation Priokid das neu ersteigerte Fahrrad aus der Halle. Dorthin, wo bereits zwei weitere Fahrräder stehen.

Neuen Räder sollen an Jugendliche verliehen werden

„Wir wollen noch ein paar mehr ersteigern und die Räder dann an unsere Jugendliche verleihen“, erklärt Jacqueline Wibiral, Gründerin von PrioKid, während ein weiteres Fahrrad an ihr vorbei in die Bieterhalle geschoben wird. „Das sieht auch gut aus“, bemerkt sie und ergänzt: „Das braucht nur ein bisschen Luft.“

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Die Halle war gefüllt mit mehreren 100 Fährrädern. (Foto: Lisa Klebaum)

Einige Fahrräder müssen überarbeitet werden

Sieben Euro später gehört das Fahrrad ihnen. Während sie es zu den anderen Rädern stellen, wird es nochmal genau gemustert: „Vielleicht können wir es auch neu ansprühen“, sagt Jacqueline Wibiral und kratzt mit ihren Nägeln leicht über die in die Jahre gekommene blaue Farbe. Insgesamt 500 Euro hat sie für die Versteigerung eingerechnet. Am Ende gibt sie nur einen Bruchteil der Summe aus.

Ich und meine Geschwister haben uns in den Kopf gesetzt, ihr dieses Jahr Radfahren beizubringen.

Elif Abaci

Als es anfängt zu regnen, drängen sich auch einige der Umstehenden zu den Bietern in die Halle. Dort sitzt auch Elif Abaci, die für ihre Mutter mitbietet. „Ich und meine Geschwister haben uns in den Kopf gesetzt, ihr dieses Jahr Radfahren beizubringen“, sagt sie und ergänzt: „Wir wissen ja nicht, ob das wirklich klappt. Deshalb reicht ein gebrauchtes Fahrrad für den Anfang.“

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Wer bietet mehr? Bei der Fundfahrradversteigerung konnte man mit einem gelben Zettel mitbieten. (Foto: Lisa Klebaum)

Als ein hellgrünes Damenrad in die Halle geschoben wird, greift ihre Mutter sie am Arm und nickt aufgeregt. „Das wird es wohl“, sagt die 31–Jährige und schmunzelt.

Eine Mutter, die lernen möchte, Fahrrad zu fahren

„Wir beginnen bei 15 Euro. Bietet jemand 15 Euro“, ruft es von vorne. Die Hand von Elif Abaci schnellt nach oben. „Nächstes Angebot wären 20 Euro“, klingt es von vorne. Zwei Reihen hinter Abaci schießt der nächste gelbe Zettel in die Luft.

Auch beim nächsten Angebot mit 25 Euro ist Elif Abaci dabei. „Verkauft.“ Freudestrahlend blickt ihre Mutter nach vorne zu ihrem neuen Fahrrad. „Das hat sich gelohnt“, sagt ihre Tochter, während sie ihr neues Gefährt aus der Halle schiebt.

Am Ende sind alle zufrieden

Der Nachmittag ist lang. Stunde um Stunde wird die Fahrradhalle leerer. Ein Rad nach dem anderen wird wie am Fließband in die Bieterhalle geschoben. Manche werden nicht verkauft, andere wechseln für wenige Euro den Besitzer, wieder andere werden für über 100 Euro verkauft.

Wir haben sieben Fährräder ergattern können.

Jacqueline Wibiral

Gegen 14 Uhr ist auch das Team von PrioKid zufrieden mit der Ausbeute. „Wir haben sieben Fährräder ergattern können“, sagt Wibiral stolz. Während sie ihre neuen Räder vom Hof schieben, mustert sie sie noch einmal genau und resümiert: „Ich bin richtig zufrieden.“