Ärger um Post–Gebäude: Der neue Mieter passt nicht allen
Tuttlingen / Lesedauer: 4 min

Ärger um das Gebäude an der Ecke Weimar-/Wilhelmstraße, in dem sich die Postbank und eine Postfiliale befinden: Postbank und Post denken über einen Auszug nach, unabhängig davon möchte ein Anbieter für Lagerräume in einen leerstehenden Bereich einziehen. Doch letzteres wollen Gemeinderat und Stadtverwaltung verhindern.
Das markante Gebäude am Eingang zu Tuttlingens Innenstadt ist seit dem Jahr 2014 im Besitz der SEG Immo GmbH aus Görwihl bei Waldshut–Tiengen. Deren Geschäftsführer Stephan Egle kaufte es damals von der Telekom ab. Als Berater und Verwalter vor Ort betreut der Tuttlinger Rechtsanwalt Alexander Fuss die Immobilie.
Fast alles im Gebäude ist vermietet: Neben Wohnungen im zweiten und einem Steuerberater im ersten Stock, ist im Erdgeschoss die Postbank mit einer Postfiliale zur Miete. Ein anderer, rund 140 Quadratmeter großer Teil steht derzeit leer. Bis vor einigen Monaten war dort ein Corona–Testzentrum angesiedelt, zuvor die Kanzlei einer Rechtsanwältin.
Auf Homepage steht „demnächst verfügbar“
Es sei nicht leicht, geeignete Mieter zu finden, sagt Fuss. So waren er und die Besitzerfamilie Egle aus Görwihl froh, als ein neuer Mieter den Mietvertrag unterschrieb: Die Storebox GmbH aus Berlin ist ein bundesweiter Anbeiter für Lagerräume und plant in Tuttlingen eine Niederlassung. Auf ihrer Homepage wird der neue Standort an der Wilhelmstraße bereits als „demnächst verfügbar“ angekündigt.
Das Prinzip nennt sich „Selfstorage“: Privatpersonen können Lagerfläche in verschiedenen Größen anmieten und dort für kürzere oder längere Zeit Dinge einlagern, für die sie sonst nirgendwo Platz haben. Derartige Angebote gibt es bereits in vielen Städten — in der Region etwa in Schwenningen. Das kleinste Abteil besitzt dort eine Größe von 1,50 Meter Länge, 70 Zentimeter Breite und 2,80 Meter Höhe und kann je nach Nutzungsdauer ab 46 Euro monatlich angemietet werden. Auch in der Dr.-Karl–Storz–Straße könnte bald ein ähnliches Angebot entstehen: Dort ist ein Anbieter aus Villingen–Schwenningen aktiv und möchte in einigen Wochen an den Start gehen.
Arno SpechtWir wollen hier Fehlentwicklungen vermeiden.
Zurück zur Wilhelmstraße: Die Storebox GmbH reichte eine Bauvoranfrage bei der Stadt Tuttlingen ein. Doch für die Stadtverwaltung ist das Gebäude kein x–beliebiges. „Da dieses ein wichtiges und stadtbildprägendes Gebäude an einer markanten Stelle ist, wollen wir hier Fehlentwicklungen vermeiden“, sagt Pressesprecher Arno Specht.
Gewünscht sei eine Nutzung mit belebender Wirkung für die Innenstadt. Die Stadt verweist auch auf das Einzelhandels– und Zentrenkonzept, das vor einigen Jahren verabschiedet wurde: Innerhalb der Innenstadt soll der Einzelhandel gestärkt und andere Angebote an den Stadtrand verlagert werden.
So schlug die Stadt den Gemeinderäten eine Veränderungssperre vor, die am vergangenen Montag im Gemeinderat auch so beschlossen wurde. Eine Veränderungssperre ist nach Paragraf 14 des Baugesetzbuchs ein Sicherungsinstrument. Bis ein neuer Bebauungsplan ausgearbeitet ist, darf nichts gemacht werden, was den Vorgaben des künftigen Bebauungsplans entgegenstehen würde –in diesem Fall die Einrichtung von Lagerflächen.
„Völlig unabhängig von der betreffenden Bauvoranfrage wollen wir damit eine Grundlage schaffen, eventuell unattraktive Nutzungen zurückweisen zu können“, sagt Specht.
Mietvertrag mit Postbank läuft noch
Alexander Fuss kann die Veränderungssperre jedoch nicht nachvollziehen. Storebox habe nur Interesse an dem derzeit leerstehenden Bereich und nicht — wie es in der Sitzungsvorlage der öffentlichen Gemeinderatssitzung heißt — an den Räumen der Postfiliale. Der Mietvertrag mit der Postbank laufe noch bis Ende 2026. Bislang sei diese auch noch nicht wegen einer Kündigung auf den Vermieter zugegangen, so Fuss.
Arno SpechtBei uns gibt es Informationen, dass in diesem Gebäude einiges passieren wird.
„Dann soll uns doch die Stadt einen geeigneten Mieter für unseren Leerstand präsentieren, wenn sie Storebox nicht möchte“, sagt er. Da der Lagerflächen–Anbieter eine Rücktrittsklausel im Mietvertrag habe, befürchtet er nun, dass der Deal platzen könnte.
„Bei uns gibt es Informationen, dass in diesem Gebäude einiges passieren wird“, verteidigt Stadt–Pressesprecher Specht die Haltung der Stadt. Denn: Die Postbank erwägt tatsächlich einen Auszug aus der Wilhelmstraße. So bestätigt Hartmut Schlegel, Mediensprecher der Postbank, dass Gespräche über einen Umzug der Post und der Postbank ins Gebäude der Deutschen Bank geführt werden. „Entscheidungen sind jedoch noch nicht getroffen“, sagt er. So gehört die Postbank seit Mai 2020 zur Deutschen Bank AG, deren Filiale in Tuttlingen in der Bahnhofstraße 44 ist.
Nicht zum aktuellen Stand äußern
Storebox selbst wollte sich zum aktuellen Stand nicht äußern. Man gebe gerne Informationen, sobald der Planungsprozess weiter vorangeschritten ist, so Pressesprecherin Nicole Korn. Die Stadt wiederum hat Kontakt zum Eigentümer aufgenommen, wie Michael Herre während der Sitzung des Technischen Ausschuss bekannt gab. „Wir versuchen, eine positive Lösung zu finden“, sagte er.