Erdbebenland
Freundinnen unterstützen Erdbebenland
Spaichingen / Lesedauer: 4 min

Der Blick nach vorn, das Zupackende, das ist zu spüren, wenn die beiden Freundinnen Birke Ahlfeld und Silpa Tiwari über Nepal erzählen. Das erdbebenzerstörte Nepal, aber auch der arme, freundliche, annehmende, naturgesegnete Nepal. Sie wollen helfen – und wissen auch wie.
Die in Hausen aufgewachsene Birke Ahlfeld und die in Nepal geborene und in Kaiserslautern aufgewachsene Silpa Tiwari haben beide ihre eigene Beziehung in das Himalaya-Land. Beide haben soeben erfolgreich das Medizinstudium in Freiburg beendet, daher kennen sie sich. Silpa Tiwaris Eltern haben in Kaiserslautern als Stipendiaten studiert, sind dann nach Patan, einer Stadt neben der Hauptstadt Kathmandu zurück gekehrt und später zurück nach Kaiserslautern, wo Silpas Vater an der Technischen Universität als Mathematiker arbeitet. Die Mutter, eine studierte Biologin hat beruflich zugunsten der Kinder zurück gesteckt.
Birke Ahlfeld hat in Fernost studiert beziehungsweise im praktischen Jahr gearbeitet, nämlich eineinhalb Jahre in Peking. Dazu hat sie chinesisch gelernt und fernöstliche Heilmethoden. Aber in Nepal war sie zum ersten Mal als Touristin, als Wandererin auf dem berühmten Annapurna Wanderweg. Ihr praktisches Jahr führte sie dann aber doch professionell nach Nepal. Sie arbeitete in Pokhara im Unikrankenhaus.
„Superfreundlich und hilfsbereit“ – das sagt Birke Ahlfeld immer wieder, wenn sie von den Begegnungen mit Nepalesen erzählt – ob in der Stadt oder in den Bergdörfern. Dass die Nepalensen selbst ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Schönheit ihrer Berge haben, das hat sie beeindruckt. „Wir sind aus den Bergen“ sagt Silpa Tiwar über ihre Familie, auch wenn bereits die Großeltern der Bildung der Kinder wegen in die Stadt gezogen sind. „Die Berge gehören zur Familie“, sagt Birke Ahlfeld über diese enge Verbundenheit der Menschen zu den Bergen. Und das setzt sich bis ins Ausland fort. Vor allem jetzt, wo das Erdbeben vom April so viel zerstört hat, gerade auch in den ganz armen Bergregionen.
Daher hat der Vater von Silpa Tiwari zusammen mit Kollegen der TU einen deutsch-nepalesischen Verein gegründet: „Namaste“ heißt er und er ist als gemeinnützig anerkannt.
Birke Ahlfeld unterstützt das Anliegen nach Kräften. Ziel ist, in den völlig zerstörten Bergdörfern eine oder zwei Schulen wieder aufzubauen, die sonst von niemandem aufgebaut würden, weil die Dörfer gerade im Epizentrum so bettelarm sind. Bildung, da sind sich die beiden Frauen einig, ist der Schlüssel zu einem besseren Leben; zum Ausweg aus der Armut.
Kalte Hand der Armut
Denn diese hat auch schon vor den Erdbeben in vielen Dörfern mit kalter Hand nach den Familien gegriffen, so sehr, dass manche Kinder auf der Straße leben müssen, dass sie sogar ins Ausland in Haushalte oder in die Prostitution verkauft werden. Das Verantwortungsbewusstsein gegenüber der alten Heimat ist bei Silpa zu spüren. Sie ist zwar Deutsche und ihr Leben und ihre Freunde sind in Deutschland. Trotzdem: Die Verwandten, Großeltern leben in Nepal.
Als das Erdbeben geschah, da habe sie gar nichts mitbekommen und sich über den Facebook-Eintrag ihrer Cousine, die auch in Deutschland studiert hatte, gewundert. Der lautete nur: „Uns geht es gut“. Doch dann gab es Kontakt per Skype, einem Video-Kommunikationsdienst übers Internet. Mit dem Onkel, der erzählte, dass er wochenlang auf der Straße schlief aus Angst vor Nachbeben, oder der Tante, die erzählt, dass sie bis jetzt nachts aus Angst das Licht brennen lässt. Angst. „Man hat die Angst gespürt“, sagt Silpa Tiwari. Und aus der medialen Perspektive hat sie das ganze Ausmaß der Zerstörung gesehen. Lehmhäuser – zerstört, Weltkulturerbestätten – zusammen gefallen.
„Ich war richtig geschockt“, sagt Birke Ahlfeld. „Erst war ich vor einem Jahr dort und jetzt ist davon nichts mehr übrig.“ Daher unterstützt sie nach Kräften das Anliegen ihrer Freundin und der Vereinsgründer. Jeder Cent soll direkt dort ankommen, wo er gebraucht wird, keine Bearbeitungsgebühren, keine Reisekosten. Wer hinfliegt, um die Schulbauten zu organisieren, bezahlt den Flug selbst.
Aber Birke Ahlfeld hat noch mehr im Sinn: Als sie auch mit nepalesischen Medizinstudenten zusammen kam entstand die Idee, eine Hilfsinitiative im Rahmen der Weltgesundheitsorganisation aufzubauen. Die Idee ist, dass fortgeschrittene Medizinstudenten oder junge Ärzte in ihren Reiserucksack in die Bergdörfer auch Mittel zur medizinischen Grundversorgung einpacken. Dort, wo selten ein Arzt hinkommt, können dann „Neglected tropical dieseases“, also vernachlässigte Tropenkrankheiten, wie Blasenentzündungen, Hauterkrankungen und anderes, was nicht unmittelbar lebensbedrohlich ist und bei armen Leuten selten behandelt wird, auf einfach Weise geheilt werden. Nach einem gut organisierten Plan von Pokhara aus könnten die Studenten, die gerne nach Nepal reisen und einheimische Studenten, die Wandern gehen, nebenbei etwas Sinnvolles tun. „Das wäre eine Win-Win-Situation“, so Birke Ahlfeld. Selbstverständich ist ihre Freundin Silpa dabei.
Der Verein Namaste hat folgende Internet-Adresse: www.namaste-dnf.de