Ändern oder behalten
Müller, Schmid oder Müller-Schmid? Nachnamen sind bei der Heirat das Thema
Spaichingen / Lesedauer: 7 min

In allen patriarchalen Gesellschaften gliedert der Mann, wenn er heiratet, eher seine Frau seiner Familie an, als andersrum. Mit den Namen ist es komplizierter. So behalten zum Beispiel in Arabischen Ländern in der Regel beide Partner ihren Nachnamen, in Spanien ebenso wie in vielen anderen Ländern auch.
In Deutschland übernehmen laut einer Studie der Gesellschaft für Deutsche Sprache 75 Prozent der Bräute den Namen ihres Mannes. Nur bei sechs Prozent ist es umgekehrt. Unsere Umfrage hat gezeigt: Im Raum Spaichingen wird meist traditionell geheiratet. Aber die Gründe sind überraschend vielfältig. Und haben oft etwas mit der eigenen Biografie und Identität zu tun.
Bundesjustizminister strebt Namensreform an
Die von Bundesjustizminister angestrebte Namensreform sieht vor, dass künftig beide Namen als gemeinsamer Name geführt werden kann, auch von den Kindern. Die müssen sich dann erst wieder bei ihrer eigenen Hochzeit entscheiden, denn einen Dreier– oder Vierernamen sieht der Gesetzesentwurf nicht vor.
Ein Partner durfte schon bisher einen Doppelnamen führen, oder beide ihren Namen behalten oder eben den Namen des Partners oder der Partnerin übernehmen.
Doppelname zu lang
Heidi Maier (42) aus Spaichingen dachte praktisch. Sie hat sich beim Standesamt keine Gedanken darüber gemacht und den Namen ihres Mannes genommen.
Ein Doppelname mit ihrem Mädchennamen Schneider wäre ihr zu lang gewesen. Für die Kinder sei es so auch einfacher.
Kürze und Aussprache als Faktoren
Auch Luitgard Ege (73) nahm den Namen ihres Mannes an, gerade weil er mit den drei Buchstaben so gut zu ihrem langen Vornamen passt.
Für Milenka (73) gab es da andere Gründe, den Namen Liebermann anzunehmen. Ursprünglich kommt sie aus Slowenien, und ihr Mädchenname Robič sei für viele Deutschen schwer auszusprechen. Es geht auch andersrum: Ihr Schwiegersohn hat bei der Vermählung mit ihrer Tochter deren Namen angenommen.
Findet man also bei der jüngeren Generation mehr Paare, die mit der Tradition brechen? Wir haben uns auch auf der Plattform Facebook umgehört.
Mann lehnt Namen ab
Maike Neumeier–Zemko aus Hausen ob Verena hat einen Doppelnamen. Aber am Telefon meldet sie sich noch heute mit ihrem Mädchennamen. „Den wollte ich ursprünglich behalten — mir fiel es sehr schwer, meinen Namen nach 30 Jahren abzulegen“, sagt sie.
Ihr Mann lehnte ihren Namen ab mit der Begründung, dass sein Name ja dann aussterben würde, weil er „nur“ eine Schwester hat und diese ja dann auch irgendwann den Namen ihres Mannes annehmen würde. Ein Kompromiss in Form eines Doppelnamens wurde geschlossen, auch wegen der Kinder. Die sollten sich nicht fragen „Warum heißt Mama anders?“ Außerdem wollte sie auch nicht immer erklären, warum sie anders heiße als die Kinder oder sich gar als Mutter ausweisen müssen.
Sehr moderne Einstellung
In ihrem Umfeld aber gibt es auch ein ganz anders Beispiel, da hat der Mann den italienischen Namen seiner Frau angenommen, weil sein sehr deutscher Name nicht zum italienischen Vornamen seiner Frau gepasst habe. „Eine sehr moderne Einstellung finde ich“, so Neumeier–Zemko.
Der Klang der Namen war auch der Grund für Elisabeth Moussouni ihren Mädchennamen abzugeben. Die Namenskopplung wäre zu lang gewesen und der Vorname ihres Mannes hätte nicht zu ihrem Namen gepasst, aber ihr Vorname und sein Nachname — das klingt schön, fand das Paar.
Mädchenname bald ausgestorben
Einen Doppelnamen anzunehmen kann aber auch etwas mit dem Fluss des Lebens zu tun haben, nämlich wenn Frau mehrfach heiratet. Sabine Ehrler–Kaiser zum Beispiel hat ihren ersten Ehenamen bei der zweiten Eheschließung behalten, damit sie auch weiterhin heißt wie ihre Kinder.
Auch die Gründe, den Mädchennamen ganz aufzugeben, sind vielfältig: Für Jutta Lehr war ihr Nachname zu lang. Die Entscheidung war daher pragmatisch und emotionslos, obwohl ihr Mädchenname bald ausgestorben sei. Die zwischenzeitlich diskutierte und in Großbritannien angebotene Variante, durch Verschmelzung beider Namen einen ganz neuen Namen zu kreieren, hätte bei ihr und ihrem Mann nette Kombinationen ergeben, meint sie.
Initialen bleiben gleich
Wiltrud Berner hat den Namen ihres Mannes angenommen. Besonders praktisch war, dass auch nach Abgabe ihres Mädchennamens Bühler die Initialen, die zum Beispiel in die Bettwäsche gestickt waren, noch gestimmt haben.
Nicht allen fällt die Entscheidung leicht. Kristina Brjusovs hätte gerne ihren Mädchennamen behalten, da er auch „vom Aussterben bedroht“ ist. Aber der ihres Mannes halt auch und so nahm sie seinen an. Ein Doppelname wäre ihr zu lang und dass jeder seinen eigenen behält wegen der Kinder unvorstellbar. „Ein gemeinsamer Name war uns wichtig.“ Das meint auch Lore Schlafner, die den Namen ihres Mannes angenommen hat.
Manche finden Doppelnamen nicht gut
Überhaupt finden viele Frauen einen Doppelnamen nicht gut, so wie Chrstine Frey zum Beispiel. Und auch nicht, wenn die Partner keinen gemeinsamen Namen haben, so wie Tatjana Link. Auch Ramona Krieg aus Wehingen findet die Tradition gut, dass die Frau den Namen des Mannes annimmt.
Wiederum gibt es auch emotionale Gründe, weshalb frau ihren Familiennamen ablegt, zum Beispiel wenn sie sich mit weiten Teilen der Familie nicht versteht. Eine Frau postete einen Artikel, in dem auf einen weiteren Aspekt eingegangen wird: Die Autorin verband mit dem Mädchennamen nur ihren gewalttätigen, lieblosen Vater, der ihr diesen Namen vererbt hatte. Sie war gottfroh, diesen Namen los zu werden.
Den alten Namen loswerden
Oder der eigene Name gefällt einem halt nicht, und dann kann frau den auch loswerden, wie Diana Schmid, die den Namen ihres Mannes angenommen hat.
Was die Umfrage zeigt, ist, dass den meisten Pärchen doch ein gemeinsamer Nachname wichtig ist, so wie Melinda Czerwik. Die Entscheidung für den Namen ihres Mannes kommt nicht davon, da er leichter auszusprechen ist — sowohl Kocsis als auch Czerwik führt bei manchen zu Zungenakrobatik — sondern weil sie es mit der Tradition halten wollen.
Starken Namen behalten
Heidi Schulz und ihr Mann habe ihre Namen jeweils behalten und inzwischen hat auch Anna Petz ihren Geburtsnamen wieder. Sie hatte in ihrer ersten Ehe einen Doppelnamen, weil beide Namen sehr kurz waren und nach der Scheidung ihren Mädchennamen wieder geführt und in der neuen Ehe behalten. „Petz“ ist aber auch besonders „stark“: Ihre Mutter war eine geborene Petz und der Vater auch.
Heidi–Magdalena Hirsch hat den Namen ihres Mannes angenommen. Sie sei so erzogen und fühle sich wohl damit, meint aber, dass sie vielleicht 30 oder 40 Jahre jünger wäre, einen Doppelnamen wählen würde. Sie findet alle Möglichkeiten gut.
Ein Teil geht verschütt
Jessica Dornbusch hat einen Doppelnamen, aber einer der Namen wird immer wieder „einfach weggelassen, geht verschüttet oder wird vergessen.“ (wie in diesem Bericht, d.Red.) Heute würde sie anders entscheiden und stellt grundsätzliche Überlegungen an: „Ich persönlich finde es zweitrangig, ob man einen gemeinsamen Familien-/Ehenamen führt. Diese Ehen sind vermutlich weder glücklicher, noch langlebiger, als wenn jeder seinen Namen behält oder ein Doppelname daraus wird.“
Den eigenen Namen zu behalten bedeute auch Gleichberechtigung. „Ich bin sonst wirklich konservativ; aber ich bin mir sicher, dass eine gute Ehe so viel Moderne und Individualität verträgt und nicht unbedingt an einem gemeinsamen Namen geknüpft sein muss.“