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„Das Abenteuer hat mich gereizt“

Spaichingen / Lesedauer: 4 min

Die Spaichingerin Tamara Stoll meldet sich zum Freiwilligendienst in Albanien
Veröffentlicht:23.08.2018, 17:21

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Von Zuhause rauskommen, die Welt sehen, sich weiterentwickeln – ein Ziel, das viele Jugendliche für die Zeit nach der Schule haben. Tamara Stoll aus Spaichingen hat einen solchen Tapetenwechsel gewagt – beim Freiwilligendienst in Albanien .

„Ich wollte schon immer mal ins Ausland, das war schon immer ein Traum von mir“, sagt die junge Spaichingerin. Dass sie ihre ersten eigenen Erfahrungen fernab von Zuhause in Albanien machen würde, war aber eher Zufall. Im Internet suchte die Abiturientin nach seriösen Organisationen und stieß auf „Kulturweit“, ein Freiwilligendienst des Auswärtigen Amts , der in Zusammenarbeit mit der Deutschen Unesco-Kommission eingerichtet wurde. Stoll bewarb sich, die Organisation schlug ihr Albanien vor, wo sie an einer Schule beim Deutschunterricht assistieren sollte. „Dann konnte ich nur noch ja oder nein sagen“, sagt Stoll – und sie entschied sich dafür, obwohl die erste Internetrecherche über das Balkanland nicht gerade vielversprechende Ergebnisse geliefert habe: „Es gab nicht allzu viel über Albanien, außer Drogenprobleme und Korruption.“ Abschrecken ließ sie sich davon nicht: „Das Abenteuer hat mich dann doch gereizt.“

Knapp 2000 Kilometer

Und so kehrte die damals frisch gebackene Abiturientin Spaichingen für ein halbes Jahr den Rücken und machte sich auf in ein knapp 2000 Kilometer entferntes Land – ohne sich vorher groß über ihr Reiseziel informiert zu haben. „Ich bin schon ein bisschen naiv an die Sache rangegangen“, räumt die 20-Jährige ein. Erst während des Vorbereitungsseminars mit anderen Mitreisenden hätte sie gemerkt, dass sie vorab noch besser hätte recherchieren können; über das Land, die Leute und deren Gepflogenheiten.

Vom ersten Eindruck ihrer neuen Heimat Tirana, der Hauptstadt Albaniens, war sie erst einmal etwas erschlagen – und zwar vom Verkehr. „Es ist wirklich schwer zu beschreiben. Man kennt das ja von südlichen Ländern, Italien oder so, dass es da chaotisch zugeht, aber Albanien hat nochmal eins draufgesetzt.“

Es dauerte auch nicht lang, bis Stoll in das erste Fettnäpfchen trat. In ihrer ersten Woche sei sie mit dem Ansprechpartner der Schule und dessen Frau essen gegangen. Als sie sich setzten, stellte die Spaichingerin ihre Handtasche neben sich auf den Boden. Anders als in Deutschland kommt das in Albanien einem Fauxpas gleich: Dort stelle man wohl die Tasche immer auf den Stuhl neben sich; ob aus Tradition, Aberglaube oder einfach nur, um dem Schmutz des Bodens zu entgehen, weiß Stoll nicht genau; da habe es mehrere Versionen gegeben.

Der Empfang an ihrer Schule lief dafür umso besser. „Das Kollegium hat mich freundlich empfangen und die Schüler waren alle echt nett“, erinnert sich Stoll. Wobei es ihr am Anfang schwer gefallen sei, den richtigen Draht zu ihren Schülern zu finden, denen sie Deutsch beibrachte: „Ich wusste erst noch nicht genau, welche Rolle ich spiele: Lehrerin oder Freundin.“ Am Ende sei es irgendetwas dazwischen geworden.

Eines ihrer schönsten Erlebnisse hatte Stoll mit anderen Reisenden, die ebenfalls über „Kulturweit“ einen Freiwilligendienst im Balkan absolvierten. „Bei einem Zwischenseminar in Serbien haben sich alle Kulturweit-Leute getroffen. Dort haben wir über unsere jeweilige Situation vor Ort reflektiert, was gut läuft und was man dort verbessern kann.“ Außerdem erkundete sie mit einer Freundin Belgrad, machte einen Urlaub in Budapest und war sogar kurz im Kosovo.

Trotz der vielen neuen Eindrücke – Heimweh war selbst für die damals reiselustige 19-Jährige ein Thema. Unter anderem über ihren Blog hielt sie Kontakt zu ihrer Familie in Spaichingen. Darin berichtete sie von Beginn der Reise an über einzelne Erlebnisse und schrieb ihre Gefühle nieder. „Das hat mir geholfen, zu reflektieren.“ Die fleißigsten Leser seien natürlich die Eltern und ihre Freunde gewesen. Auch den Abschied hat sie in ihrem Blog festgehalten. Der sei ihr am Ende schwerer gefallen als gedacht: „Ich dachte, die Vorfreude auf Zuhause ist größer als die Trauer, dass ich gehe.“ Überwunden hat sie diese Trauer mithilfe ihrer zukünftigen Reisepläne „Ich will nochmal dorthin, meine Freunde besuchen und mir noch den Süden Albaniens ansehen und das Land an sich noch mehr erleben.“ Der Abschied von Albanien war also kein Abschied für immer.