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Ein Streifzug

Schilder über Schilder: Ein Ort voller liebevoller Details

Buchheim / Lesedauer: 5 min

Zugegeben, im November ein Ortsporträt zu schreiben, scheint unfair. Ist doch wetterbedingt alles grau. Doch man findet trotzdem ‐ oder gerade deswegen ‐ viel Schönes.
Veröffentlicht:20.11.2023, 17:00

Von:
  • Anja Schuster
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Der November ist sicherlich nicht der beste Monat, um eine Gemeinde optimal zu präsentieren. Vor allem nicht, wenn nass-kaltes Schmuddelwetter herrscht, wie aktuell. Obendrein fehlt es noch an der lichterreichen Weihnachtsdekoration, die über so manche jahreszeitbedingte Unschönheit hinwegleuchtet. Wer genau hinschaut, findet aber trotzdem viel Schönes in Buchheim.

Man muss auch gar nicht tief hinein den Ort. Wer von Worndorf kommt, fährt direkt auf das Wahrzeichen der Gemeinde zu: der lange Hans. Seit 1980 kann man hinaufsteigen, doch schon von seinem Fuß lässt sich der Blick an diesem eher trüben Donnerstagvormittag wunderbar in die Ferne schweifen ‐ und bleibt an den Alpen hängen.

Zwischen Hegau, Donau und Bodensee

Steinerne Pfeile auf dem Boden weisen darauf hin, was sich in den anderen Himmelsrichtungen befindet: Hegau, Bodensee und Donau. An einem weniger kalten Tag lässt sich hier wunderbar eine Pause einlegen.

Vier steinerne Pfeile weisen daraufhin, was man in welcher Richtung findet: Donau, Hegau, Bodensee und Alpen. (Foto: Anja Schuster)

Doch auch so herrscht auf dem Parkplatz Verkehr. Ein Mann macht sich mit seinem Schäferhund auf, eine Runde zu laufen. Die weiten Flächen rund um Buchheim laden dazu ein. Ein Paar mit Karlsruher Kennzeichen vertritt sich ebenfalls die Beine.

Apropos Verkehr. Der fließt relativ rege in Buchheim. Kein Wunder, denn die Beuroner Straße führt quasi einmal schnurstracks durch den Ort. Ab uns zu zweigt eine kleine Nebenstraße ab, eine führt Richtung Mühlheim und Fridingen, eine andere Richtung Talheim, der Rest ‐ an den Ortsrand.

Verlaufen kann man sich nicht

Hier kann man sich ‐ anders als beispielsweise in Irndorf ‐ nicht verlaufen. Auch das Rathaus ist dank eines originellen, farbigen Holzschildes schnell gefunden.

Kurios: An einer Wand hängt etwas verloren ein Kopf, der auf den ersten Blick wie eine deplatzierte, altmodische Klingel wirkt. Doch bei genauem Hinsehen kann der aufmerksame Betrachter lesen: Feuermelder. Ob der noch funktioniert?

Am Rathaus findet man diesen Feuermelder - ob der noch funktioniert? (Foto: Anja Schuster)

Kleine Details wie dieses findet man zuhauf in Buchheim. Man muss nur aufmerksam schauen. Da steht in einem Garten ein pinkes Fahrrad. An der Grundstücksgrenze eines anderen prangt eine türkisfarbene Tür im Vintage-Stil. Nur allzu gerne möchte man die verrostete Klinke herunterdrücken, um zu schauen, was sich dahinter verbirgt.

Individuelles Wohnen mit vielen Details

Der Buchheimer an sich scheint ohnehin nicht auf 0815-Standard zu stehen. Straßenzüge, in denen sich ein Neubau in typisch trendigem grau-weiß aneinanderreiht ‐ Fehlanzeige.

Liebevolle Details wie dieser Bücherschrank findet man in Buchheim an vielen Stellen. (Foto: Anja Schuster)

Stattdessen individuelles Wohnen. Hier ein Glaserker mit Regalen, in denen Muscheln und Steine dicht an dicht liegen. Vielleicht gesammelt auf der ganzen Welt. Dort ein Ensemble mit Strandkorb, hier ein Holzschlitten, der Nikolaus, Christkind, Sandmann und Zahnfee auf einmal Platz bieten könnte ‐ samt Geschenken.

Auch der Bücherschrank am Backhaus ist so ein Detail, das zum Stehenbleiben anregt. Ebenso die vielen Gärten. Dabei sind sie nicht durchgestylt oder chic. Sondern Gärten zum Leben. Mit Schaukel und Rutsche, Gemüsebeet und Obstbaum, Hasenstall und Hennengehege. Einfach echt. Da sitzt es sich im Sommer sicherlich wunderbar im Schatten, mit Kaffee und Kuchen.

Bäckerei und Gasthof für die Infrastruktur

Den kriegt man übrigens direkt im Ort. Die Landbäckerei ist zwar ein bisschen versteckt, aber ein paar große Schilder führen selbst den unkundigen Besucher zu dem Laden. Im Inneren ist es warm, es duftet nach Frischgebackenem und der heiße Kaffee ist an diesem Tag genau das Richtige.

„Man findet uns“, sagt die Verkäuferin und lächelt. Und sie scheint recht zu haben. In der kurzen Zeit, bis der To-Go-Becher gefüllt ist, kommen zwei weitere Kunden herein. Und auch die beiden Senioren draußen haben offenbar die kleine Bäckerei zum Ziel.

An Infrastruktur gibt es ansonsten nicht mehr allzu viel. Abgesehen vom Landgasthof „Zum freien Stein“ direkt an der Hauptstraße. Typisch schwäbische Küche verspricht die Speisekarte. Allerdings sucht man dort auch einen Koch.

Nur ein paar Meter weiter ist die Küche schon lange kalt. Im früheren Gasthaus Hirsch hat schon seit Jahren kein Gast mehr gegessen. Eine Zeit lang waren dort Flüchtlinge untergebracht. Doch die müssen künftig in Containern wohnen, die bereits am Sportplatz zur Montage bereit stehen.

Schandfleck an zentraler Stelle

Denn Adventus hat das Gebäude gekauft, will dort Mehrfamilienhäuser und einen Selbstbedienungsladen bauen. Etwas, was Buchheim weiter aufwerten wird. Schon allein, weil das alte Gebäude an dieser zentralen Stelle schon in die Kategorie Schandfleck fällt.

Der frühere Gasthof Hirsch liegt an zentraler Stelle und ist nicht besonders ansehnlich. Das soll sich aber ändern. Adventus hat das Areal gekauft und will dort Mehrfamilienhäuser und einen Selbstbedienungsladen bauen. (Foto: Anja Schuster)

Garniert wird er aktuell mit einem Aufsteller von NetCom BW, der für das Glasfasernetz wirbt. Es ist nur der große Bruder von vielen kleineren Schildern dieser Art. An Laternenmasten und vor allem in vielen Vorgärten.

Darauf steht „Wir sind bereit fürs Glasfaserland“. Der Hintergrund: Die NetCom BW plant den Glasfaserausbau in Buchheim. Doch der wird nur realisiert, wenn mindestens 40 Prozent der Haushalte mitmachen.

Schilder gibt es viele in Buchheim. Nicht alle sind so schön, wie diese hier. (Foto: Anja Schuster)

Doch Schilder sind überhaupt etwas, über das man in Buchheim an jeder Ecke stolpert. Und zwar in überraschend großer Zahl. Zum Hilbenhof ebenso wie zum Jakobihof. In Richtung Tuttlingen und nach Leibertingen. Zur Ruine Kallenberg, aber auch zum Schloss Bronnen. Und sogar die Entfernung zum niederländischen Velden ist angegeben ‐ 575 Kilometer.

Und für alle, die mit der Beschilderung nicht zufrieden sind, für die hat die Gemeinde an Laternenmasten sogar einen Hinweis samt QR-Code angebracht, mit der Bitte, sich in diesem Fall direkt an die Gemeinde zu wenden.

Eine Bitte gäbe es da auch direkt: ein Schild zum nächsten Mülleimer. Einen solchen hat die Redakteurin an diesem Tag nämlich vergeblich gesucht.