Rückzieher vor Gericht

Wenn Angeklagte kneifen: Wer zahlt für ausgefallene Gerichtsverhandlungen?

Sigmaringen / Lesedauer: 3 min

Immer wieder fallen Gerichtsverhandlungen kurzfristig aus. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Für manche Beteiligte kann das teuer werden.
Veröffentlicht:10.05.2023, 11:50

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  • Author ImageLisamarie Haas
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Wenn man bedenkt, wie viel richtig laufen muss, damit eine Gerichtsverhandlung stattfindet, ist es eigentlich ein Wunder, dass überhaupt welche stattfinden. Damit eine Hauptverhandlung in einem Strafverfahren eröffnet werden kann, müssen alle Prozessbeteiligten anwesend sein. Das sind mitunter viele Akteure.

Richter, gegebenenfalls Schöffen, Staatsanwalt, eventuell eine Nebenklage, ein Verteidiger, der Angeklagte, Zeugen, Sachverständige, Protokollführer, Dolmetscher — so viele sind es nicht immer, aber zuweilen eben doch. Sobald eine Person — zum Beispiel der Angeklagte oder ein wichtiger Zeuge — nicht erscheint, kann die Verhandlung nicht stattfinden.

Aufwendig ist dabei laut Philipp Wissmann, Richter am Landgericht Hechingen, das auch für den Landkreis Sigmaringen zuständig ist, vor allem die Koordinierung eines neuen Termins, an dem alle Beteiligten Zeit haben. „Das ist ärgerlich“, sagt auch Christoph Freudenreich, Direktor des Sigmaringer Amtsgerichts.

Wie oft passiert es, dass eine Gerichtsverhandlung ausfällt und verschoben werden muss?

Ronny Stengel, Staatsanwalt in Hechingen, kann keine genauen Zahlen nennen. Die Staatsanwälte aus Hechingen sind unter anderem für das Amtsgericht Sigmaringen zuständig. Dass sie zu einer Sitzung anreisen und diese dann ausfällt, das komme eher selten vor, sagt Stengel. Aber hin und wieder sei es doch so.

Die Coronapandemie hat zu mehr Ausfällen geführt.

Richter Philipp Wissmann

Freudenreich und die Richter des Amtsgerichts erleben keinen Anstieg bei den Verhandlungen, die verschoben werden müssen oder ausfallen. Es gebe jedoch immer wieder Schwankungen, sagt er.

Auch am Landgericht Hechingen, das auch für den Landkreis Sigmaringen zuständig ist, wird nicht erfasst, wie häufig Verhandlungen ausfallen. „Die Coronapandemie hat zu mehr Ausfällen geführt, aber das hat sich wieder normalisiert“, sagt Philipp Wissmann. Das Gericht sei bemüht, bei Ausfällen so schnell wie möglich einen neuen Termin zu finden.

Was sind Ursachen für Ausfälle?

Es passiere immer häufiger, dass Staatsanwälte Fälle im Strafbefehlsverfahren bearbeiten, sagt Freudenreich. Dabei wird die Sache schriftlich vom Gericht abgewickelt. Dadurch sollen bei einfacheren Fällen Verhandlungen vermieden werden. Wenn der Angeklagte gegen die Strafe Einspruch einlegt, kommt es doch zur Hauptverhandlung.

Wird dem Angeklagten dann klar, dass die Verhandlung tatsächlich bevorsteht und das Verfahren damit öffentlich wird, nehme dieser den Einspruch hin und wieder zurück, sagen Freudenreich und Stengel. Dann wird der Gerichtstermin oft kurzfristig abgesagt.

Auch die Krankheit eines Verfahrensbeteiligten kann zum Beispiel der Grund sein, oder der Angeklagte oder Zeugen haben die Ladung nicht bekommen. Es passiert jedoch auch, dass diese absichtlich nicht erscheinen. Das hat jedoch Konsequenzen.

Wer muss die Kosten übernehmen?

Wenn wichtige Zeugen oder der Angeklagte unentschuldigt nicht erscheinen, kann das Gericht sie auch von der Polizei abholen lassen. Die Kosten, die dadurch verursacht werden, muss die Person selbst bezahlen. Daneben kann Ordnungsgeld und unter Umständen sogar Ordnungshaft verhängt werden.

Andersherum läuft es dagegen ab, wenn ein Zeuge ganz normal vor Gericht erscheint. Dann hat er sogar Anspruch darauf, den Verdienstausfall und die Reisekosten vom Gericht erstattet zu bekommen.

Grundsätzlich ist es so, dass der Verlierer einer Gerichtsverhandlung die „Verfahrenskosten“ übernehmen muss. Das sind meistens die Gerichtskosten, Anwaltskosten, die Auslagen für Zeugen und die Vergütung von Sachverständigen. Wird der Angeklagte dagegen freigesprochen, zahlt der Staat die Verfahrenskosten.