Festplatz
Standbetreiber bieten bei Streetfood-Märkten oft Fastfood an
Sigmaringen / Lesedauer: 5 min

Das erste Frühlingsfest dieser Art ist am Freitagnachmittag auf dem Festplatz in Sigmaringen gestartet. Dahinter steckt der Handels- und Gewerbeverein (HGV), der damit einen neuen Rahmen für den verkaufsoffenen Sonntag am 8. Mai schaffen möchte.
Kern des Frühlingsfest ist neben einem kleinen Jahrmarkt auch eine Streetfood-Meile mit etwa 15 Ständen. Doch was macht Streetfood aus? Ist die Auswahl wirklich so groß, wie die Organisatoren versprechen? Die SZ hat sich einen Überblick verschafft.
Tobias Flohr ist der Kopf hinter der Streetfood-Meile. Er hat bereits etliche Streetfood-Festivals organisiert und kooperiert dieses Mal mit dem HGV. Er weiß, was Streetfood bedeutet: „Das hieß früher, etwas neues Kulinarisches zu entdecken, was es sonst nicht gibt.“
Corona beschränkt Streetfood-Angebot
Flohr weiß aber auch, dass das in diesem Jahr in Sigmaringen nicht der Fall ist, denn vieles auf dem Markt ist frittiert oder gehört zu dem Spektrum, das immer wieder auf den Märkten auftaucht. Wirklich neu ist nichts. Burger gibt es sogar an drei Ständen. Der Grund dahinter sei die Coronapandemie, sagt er: „Zum einen haben sich in dieser Zeit Streetfood-Trucks ohnehin nicht so gelohnt, zum anderen funktionieren Burger einfach besser, sie sind nie ausgelutscht.“
Diese Erfahrung macht er auch im Arbeitsalltag. Flohr bewirtet mit seinen Trucks Firmen und Hochzeiten, wo ebenfalls oft nach Burgern gefragt wird. „Die Leute kennen das einfach schon“, erläutert der Organisator. Er selbst setzt beim Streetfood-Markt am Wochenende aber mal nicht auf Burger, sondern auf Philly Cheese Steaks, also gefüllte Sandwiches. „Ich wollte etwas anderes machen, wegen der Konkurrenz, aber auch, um Abwechslung zu bieten“, so Flohr.
Tobias Flohr, Organisator der Streetfood-MeileDas funktioniert eher in Berlin oder Hamburg, aber hier müssen die Leute das Angebot kennen.
Gesunde Ernährung hat er bei seiner Auswahl des Angebots nicht im Kopf, gibt er zu. Er habe schon Festivals dieser Art erlebt, bei denen auch vegane Trucks ihr Essen serviert haben, aber das habe nicht funktioniert: „Das funktioniert eher in Berlin oder Hamburg, aber hier müssen die Leute das Angebot kennen.“ Ein Currywurst- oder ein Käsespätzle-Stand würden sehr gut funktionieren, da ist er sicher. Exotisches? Eher nicht.
Diese Erfahrung macht am Freitag auch Adrian Marcean. Er nimmt erstmals an einem solchen Streetfood-Markt teil und bietet rumänische Speisen an, darunter Hähnchenragout, Caesarsalat und Fisch. Der gelernte Koch hat seinen Stand normalerweise in Laiz stehen, wo er seine Mahlzeiten an Mann und Frau bringt.
Auf dem Streetfood-Markt zieht er aber nur wenige Kunden an. „Vielleicht rechnen die Leute hier mit etwas anderem“, vermutet er. Die Folge: Am Samstag und Sonntag setzt er auf Langos, frittierte Teigfladen mit Knoblauchcreme. „Das geht immer“, sagt Marcean.
Ein Betreiber, zwei Klassiker
Bass and Bite setzt auf Klassiker: Die Inhaber sind mit mehreren Ständen vertreten, unter anderem gibt es Burger und Crepes. Mit letzterem habe seine Familie vor zehn Jahren auf Märkten und Festen angefangen, erzählt Markus Fetscher .
Inzwischen habe er sein Konzept modernisiert, passend zur Streetfood-Atmosphäre. Der Burgertruck sei aus den USA, genauso der Brötchentoaster im Interior. Damit will er sich auch von den übrigen Burgertrucks abheben: „Es geht uns um die Qualität. Wir ziehen Burger von A bis Z durch, eben mit viel Liebe.“
Markus Fetscher, Inhaber von Bass and BiteWir ziehen Burger von A bis Z durch, eben mit viel Liebe.
Besucherin Heike Daute hat sich einen Falafelwrap geholt, ihre Begleitung einen Burger. Auf den habe sie sich die ganze Woche gefreut, erzählt die Frau, die anonym bleiben möchte. Daute wiederum wollte etwas Neues ausprobieren: „Falafel in der Kombination fand ich interessant, das kannte ich nicht.“ Das Angebot auf dem Markt lobt sie, das Konzept sei gut. Nur an Getränken fehle es ihr. Neben einem Stand mit Softdrinks, Weinschorle und Bier gibt es einen Truck mit selbstgemachter Limonade.
Jasmin Berhalter und ihr Mann Stefan sind mit Freunden auf dem Markt. Die beiden Pfullendorfer kennen das Streetfood-Festival bereits aus ihrem Wohnort. Die Kombination mit dem Rummel ist ihnen aber neu. „Die Mischung ist spannend, aber der Jahrmarktcharakter passt nicht mit dem Streetfood zusammen“, kritisiert Jasmin Berhalter.
Probierportionen gewünscht
Auch die geringe Auswahl vegetarischer Speisen sowie die Masse an Frittiertem bedauert sie: „Es fehlt ein cooler Stand, der nicht überall zu finden ist und etwas Frisches im Angebot hat.“ Nicht zuletzt wünscht sich das Ehepaar Probierportionen. Die hohen Preise in Kombination mit großen Portionen verhindern, dass sich die Besucher tatsächlich durch das Angebot testen können, finden die beiden.
Besucherin Jasmin BerhalterEs fehlt ein cooler Stand, der nicht überall zu finden ist und etwas Frisches im Angebot hat.
Die Kritik am Preis kennt Flohr, er habe sie auch schon gehört. Das Problem sei, dass die Standbetreiber mit ihrem Angebot natürlich Geld verdienen wollen. Zwar habe längst die Idee im Raum gestanden, Probierportionen anzubieten, aber damit würden die Truckinhaber nicht genügend Umsatz machen, so Flohr. Die Besucher müssten im Kopf behalten, dass auch Personal, Übernachtung und die Anfahrt Geld kosten, genauso die Lebensmittel im Einkauf. Das rechtfertige den Preis.