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Prüfstein

Prüfstein Nr. 9: Kann der wirtschaftliche Standortnachteil kompensiert werden?

Sigmaringen / Lesedauer: 5 min

Prüfstein Nr. 9: Kann der wirtschaftliche Standortnachteil kompensiert werden?
Veröffentlicht:30.06.2010, 12:55

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  • Schwäbische.de
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Im Wahl-Countdown der Schwäbischen Zeitung stellen Menschen aus der Stadt, die eine besondere Funktion inne haben, täglich eine Frage an die Bewerber. Die neunte Frage der Wahlprüfsteine dreht sich darum, welche Strategien die Kandidaten verfolgen, um Arbeitgebern den Standortnachteil zu kompensieren.

Die Frage stellt Michael Gubisch , Geschäftsführer bei Schaefer: „Wir sind ein sehr stark regional verbundenes Familienunternehmen. Trotzdem müssen wir uns unter dem wachsenden Preisdruck des globalen Marktes fragen, welche Strategie ein potentieller Bürgermeisterkandidat verfolgt, um größeren Arbeitgebern in der Region den Standortnachteil zu kompensieren?“

Daniel Hahn: Die regionale Wirtschaft zu stärken, ist mir wichtig. Wirtschaftsförderung bedeutet dabei mehr als Stadtmarketing und Open-Air-Konzert. Zunächst brauchen wir eine wirtschaftsfreundliche Grundhaltung der Stadtverwaltung: Als Partnerin entscheidet sie schnell und umfassend, und sie setzt die Rahmenbedingungen so, dass sich die Wirtschaft gut entfalten kann. Hier will ich im guten Dialog und ohne Denkverbote Verbesserungsmöglichkeiten prüfen. In jedem Fall müssen wir unsere Infrastruktur erhalten und nach Möglichkeit ausbauen, auch die Anbindung ans Schienennetz. Schließlich müssen wir als Bildungshauptstadt der Region noch mehr mit unseren Pfunden wuchern. Ich will dazu beitragen, dass sich die Stadt Sigmaringen , unsere Hochschule und unsere Schulen intensiver mit den Unternehmen und der IHK vernetzen. Was spricht im Übrigen gegen neue Wege und innovative Ideen in Sachen Aus- und Weiterbildung mit Modellcharakter?

Wir sind ein sehr stark regional verbundenes Familienunternehmen. Trotzdem müssen wir uns unter dem wachsenden Preisdruck des globalen Marktes fragen, welche Strategie ein potenzieller Bürgermeisterkandidat verfolgt, um größeren Arbeitgebern in der Region den Standortnachteil (zum Beispiel Logistik und Arbeitskräftebeschaffung) zu kompensieren, ganz im Sinne von anstehenden Investitionen in Gebäude, Maschinen und Personal. Gerne würde ich mich mit Ihnen, Herr Gubisch, und weiteren Unternehmen über die im Konkreten wahrgenommenen Standortvor- und -nachteile unterhalten wollen. Ich denke, dass sich derzeit keine Ad-hoc-Ziele benennen lassen, bevor nicht eine exakte Eruierung aller Möglichkeiten vorgenommen wurde. Maßnahmen könnten danach sowohl infrastruktureller, finanzieller, wie auch bildungstechnischer Natur sein. Ich bin überzeugt, dass eine gezielte Attraktivitätssteigerung für junge Sigmaringer ein vorrangiges Ziel der Stadt sein muss.

Detlef Brüning: Sigmaringen hat zwar keinen Autobahnanschluss, ist aber zu allen umliegenden Städten mit guten derzeit noch intakten Bundesstraßen erreichbar. Natürlich ist ein Schienenweg ins Laizer Ergat unmöglich zu legen, aber dafür waren die Grundstückspreise annehmbar. Ich sehe den vermeintlichen Standortnachteil daher schon als genügend kompensiert an. Dass es in Sigmaringen keine geeigneten Fachkräfte geben soll, kann ich kaum glauben, aber wenn es daran liegt, dass aus Sigmaringen qualifizierte Fachkräfte abziehen, dann vielleicht, weil die Mieten in Sigmaringen derzeit wuchern oder die Baukosten nach dem Wegfall der Eigenheimprämie sich nicht wirklich gesenkt haben oder am Wahrscheinlichsten, weil zu geringe Entlohnung und kein Arbeitsangebot geboten wurde – vielleicht auch wegen aller genannten Gründe. Wenn hier der globale Markt ins Spiel gebracht wird, sollte gemäß allgemeinem Trend die Auftragslage aufgrund der Euroschwäche boomen.

Markus Zeller: Die Arbeitsplatzsicherung und Ansiedlung neuer Firmen wird ein Schwerpunkt meiner zukünftigen Arbeit. Investitionen in Gebäude und Maschinen können im Vorfeld durch Subventionen aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden. Den Unternehmern stehen in der Stadtverwaltung kompetente Ansprechpartner zur Verfügung. Da aufgrund des demographischen Wandels immer mehr Immobilien zum Kauf stehen, können Fachkräfte, die sich mit ihren Familien in Sigmaringen dauerhaft niederlassen und Wohneigentum erwerben wollen, durch finanzielle Zuschüsse unterstützt werden. In den vergangenen Jahren wurden das kulturelle Angebot und die Unterstützung für Familien ausgebaut, um den Standort Sigmaringen für junge Familien und Fachkräfte attraktiver zu machen. Diese Maßnahmen sollen fortentwickelt werden.

Thomas Schärer: Heute bin ich für die Kreativwirtschaft in Ludwigsburg zuständig. Mit meiner Erfahrung aus der Privatwirtschaft werde ich für die Unternehmen vor Ort ein Ansprechpartner auf Augenhöhe. Dazu gehört eine kontinuierliche Kommunikation, sei dies in den Gremien der IHK , über die Innungen oder direkt mit den Unternehmern, Geschäftsführern oder Inhabern. Bei Bauvorhaben könnte sich das Unternehmen auf eine rasche und unbürokratische Behandlung der Anliegen, natürlich in Abstimmung mit dem Stadtrat, verlassen. Interessant finde ich, dass EU-Programme zunehmend an die Bedingung geknüpft sind, dass Hochschulen, Kommunen und Unternehmen eng zusammenarbeiten. Davon könnten Sigmaringer Unternehmen profitieren. Es liegt im größten Interesse einer Stadt, dass Unternehmen Gewinne erzielen und wachsen können, denn nur diese Unternehmen zahlen Gewerbesteuer.

Jörg Vettermann: Eine Möglichkeit für junge Unternehmen sehe ich in projektbezogenen Förderungen zur Existenzgründung. Aber auch bestehende Unternehmen, die reinvestieren müssen, könnten von Fördergeldern profitieren. Allerdings ist dies abhängig von der wirtschaftlichen Situation der Stadt. Aufgrund mangelnder Infrastruktur hat die Stadt Sigmaringen hier schon reagiert. Mit dem Ausbau der schnellen „Datenautobahn“ ist gerade im Bereich der Wirtschaft ein gutes Signal gesetzt worden, um Investoren im Bereich Ingenieurswesen anzusiedeln. Weiterhin ist es wichtig, gut ausgebildete Fachkräfte an die Region und an den Standort Sigmaringen zu binden. In den nächsten Jahren ist diesbezüglich ein Mangel auf dem Arbeitsmarkt zu erwarten. Sigmaringen bietet durch seine bürgerfreundliche Verwaltung, dem gutausgebauten Angebot an Schulen und der landschaftlichen schönen Region Faktoren, um insbesondere junge Familien an die Stadt zu binden.

Ansgar Rieger: Die erfolgreiche Akquise von neuen Unternehmen beginnt mit dem gekonnten Verkaufen von Standortvorteilen, wie beispielsweise: günstige Bauplätze, vernünftige Mieten, gute Preise für kommunale Leistungen, akzeptable Gewerbesteuer, stabiles Sozialgefüge, reizvolle Landschaft und hohe Lebensqualität. Daneben ist selbstverständlich viel Platz für Einzelgespräche mit Klärung der individuellen Wünsche. Was meine strategische Ausrichtung angeht, spielt der durchaus ausbaufähige Wirtschaftstandort Sigmaringen eine zentrale Rolle, dass heißt neue Unternehmen mit neuen Ideen gewinnen und heimische Unternehmen in ihrer Entwicklung unterstützen und begleiten. Auf der Internetseite der Schaefer GmbH habe ich gelesen, dass Sie aktuell fünf Arbeitskräfte suchen, davon drei Area-Sales-Manager für verschiedene europäische Länder. Eine wirklich erfolgreiche Strategie für Sigmaringen kann folgerichtig nur eine gemeinsame Strategie sein.