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Grabener bleiben von Windrädern verschont – vorerst

Sigmaringen / Lesedauer: 4 min

Regionalversammlung hat Vorranggebiete für Windkraftstandorte gebilligt – Wurzacher Becken ist nicht im Plan
Veröffentlicht:20.07.2012, 21:20

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Nun steht er, der Entwurf zum neuen Teilregionalplan Windenergie. Die Mitglieder der Verbandsversammlung des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben haben auf ihrer gestrigen Sitzung in Sigmaringen den Vorschlag der Verwaltung mehrheitlich gebilligt – bei vier Enthaltungen. Basierend auf dem Windatlas Baden-Württemberg hatte der Regionalverband eine Auswahl von 40 möglichen Standorten mit etwa 220 Windanlagen getroffen. Von diesen 40 Standorten wurden nun 24 Vorranggebiete mit Platz für 120 bis 130 Windräder ausgewiesen.

Der Vorsitzende der Verbandsversammlung, Ravensburgs ehemaliger Oberbürgermeister Hermann Vogler , unterstrich in seinen einleitenden Worten, noch nie habe man dem Gremium eine so detaillierte Ausarbeitung vorgelegt. Man habe versucht, hier eine rechtssichere Basis für den geplanten Bau von Windanlagen zu schaffen. Er verwies auf einen vorangegangenen Vortrag des Geschäftsführers der Energieagentur Ravensburg, Walter Göppel. Der hatte gesagt, dass das Ziel der Landesregierung, bis 2020 den Anteil der Windenergie auf zehn Prozent zu erhöhen, in der Region machbar sei.

Drei sensible Bereiche fallen raus

Der Verbandsdirektor Wilfried Franke erläuterte, man habe manche Gebiete, auch wenn sie im Windatlas Baden-Württemberg als geeignet erscheinen, nicht als Vorranggebiet ausweisen – das Bodenseeufer, das Wurzacher Becken und das Donautal. Die sensiblen Bereiche Höchsten bei Pfullendorf und Meßkirch mit dem Naturparkt habe man berücksichtigt. Zu den Auswahlkriterien dazu zählten Denkmalschutz, das Landschaftsbild und – ebenfalls wichtig – die Anbindung an die Stromnetze. Die Meinung von 430 Trägern öffentlicher Belange wurde eingeholt. Man habe Standorte ausgewählt, an denen mindestens drei Anlagen stehen können, weil man eine gewisse Konzentration schaffen wollte.

Da der Regionalverband das Wurzacher Becken in seinen Planungen verschonte, ist das größte Politikum für Bad Waldsee seit Beginn der Überlegungen zu möglichen Standorten zunächst vom Tisch: das Gebiet der Grabener Höhe, zwischen Osterhofen und Haidgau. Im neuen Entwurf des Teilregionalplans Windenergie heißt es abschließend in der Begründung: „Es wird empfohlen, den Standort […] nicht weiter zu berücksichtigen.“ Das Gebiet, das zum Teil auf Bad Waldseer und zum Teil auf Bad Wurzacher Gemarkung liegt, gehört laut Beurteilung zu den regional windhöffigsten Standorten und besitzt dazu noch günstige Anschlussmöglichkeiten ans Netz der EnBW . Allerdings werden die Auswirkungen auf das Schutzgut „Landschaft“ als „besonders erheblich“ bezeichnet. Wegen der Einzigartigkeit des Wurzacher Beckens kommt der Regionalverband nach Abwägung zum Schluss, dass hier ein Vorranggebiet „nicht vertretbar“ wäre.

Die Grabener Bürger, die von Anfang an gegen eine Ausweisung des Gebiets als vorrangiger Standort gekämpft haben, können sich freuen. Zumindest für den Moment. Thomas Manz , Erster Beigeordneter der Stadt, der als Erdenker der Gründung eigener Stadtwerke gilt, sagte gestern dazu: „Selbst wenn eine Fläche nicht als Vorranggebiet ausgewiesen ist, gibt es die Möglichkeit, dort Windkraftanlagen zu bauen.“ Laut Gerichtsentscheid sei Windkraftanlagen in substanzieller Weise Raum einzuräumen. Ob mit oder ohne Vorranggebiet sei das Vorgehen dasselbe: Bei der Planung von Windrädern werde das Bundesimmissionsschutzgesetz angewandt.

„Wir sehen das ganz entspannt“, so Manz weiter. Zunächst stehe die Gründung der Stadtwerke an, dann die Standortsuche für Windräder, dann folgen an diesen Standorten konkrete Messungen, die zwischen einem dreiviertel und einem ganzen Jahr dauern und fundiertere Ergebnisse zur Windhöffigkeit liefern als die Zahlen im Windatlas Baden-Württemberg. Auch diese Zahlen müssten allerdings weiter interpretiert werden. Da der Wind ja nicht jedes Jahr zu jeder Zeit gleich wehe, müsse in die Berechnung ein Risikoabschlag mit einkalkuliert werden. „Und letztlich entscheidet die Wirtschaftlichkeit über die Standorte“, sagt Manz. „Denn nur weil etwas im Vorranggebiet ist, heißt das noch lange nicht, dass die Windräder dort wirtschaftlich sind.“

Zum Entwurf des Teilregionalplans Windenergie sagte Thomas Manz: „Wir müssen jetzt erstmal schauen, was rausgefallen ist und die Gründe abwägen, warum. Das müssen wir in Ruhe analysieren.“ Den Höhenzug zwischen Haisterkirch und Bad Waldsee nennt Manz „Favorit“. Laut Teilregionalplan sind hier fünf Windräder denkbar, die Windhöffigkeit ist laut Windatlas „ausreichend“ und die Anschlussmöglichkeit ans Netz der EnBW „günstig“. Die laut Begründung erheblichen Nachteile für Mensch, Landschaft und Kultur- und Sachgüter schienen an dieser Stelle vertretbar.

Auch bei Mennisweiler sieht der Plan ein Vorranggebiet vor – allerdings sind aus den ursprünglich angedachten fünf nur noch drei Windräder hier vorgesehen. Der Standort Mennisweiler gehöre zu den regional windstärksten und der Netzanschluss sei „günstig“. Daher scheine eine Ausweisung trotz erheblicher Nachteile für Mensch und Landschaft (wegen Randlage des Wurzacher Beckens) als vertretbar.

Genau auf der Grenze zwischen Bergatreute und Bad Waldsee sieht der Entwurf das Vorranggebiet Engenreute mit vier Windrädern vor. Auch hier gibt es erhebliche Nachteile, nämlich für die Schutzgüter „Boden“ und „Landschaft“. Die Windhöffigkeit hier ist laut Plan „ausreichend“, um den Strom ins Netz einzuspeisen, müsste die EnBW ein Umspannwerk zwischenschalten.

Der Entwurf des Teilregionalplans Windenergie liegt ab kommende Woche aus. In der nächsten Verbandsversammlung am 7. Dezember soll er, nach Abwägung aller eingegangener Stellungnahmen, endgültig beschlossen werden.