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Vor “Black Friday” 

Handel: Weihnachtsgeschäft in Sigmaringen von Onlinekonkurrenz bedroht

Sigmaringen / Lesedauer: 4 min

Für lokale Läden sind die nächsten Wochen normalerweise die goldene Zeit. So bereiten sich die Sigmaringer Händler trotz schlechter Prognosen vor.
Veröffentlicht:19.11.2023, 05:00

Von:
  • Chiara Paulus
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In wenigen Tagen ist es wieder so weit: Der Handel bietet mit dem „Black Friday“ am 24. November die Möglichkeit, besondere Schnäppchen zu landen. Damit beginnt auch das Weihnachtsgeschäft.

Schlechte Aussichten

Darum soll es dieses Jahr aber nicht besonders gut stehen, wie der Handelsverband Deutschland (HDE) bekannt gibt. Experten rechnen mit einem sinkenden Umsatz von vier Prozent. Auch die Konsumlaune der Verbraucher sei im Keller und es werde vermehrt online eingekauft. Die Sigmaringer Händler haben dazu eine unterschiedliche Einstellung.

Das bringt das Weihnachtsgeschäft um.

Abdullah Koca

Inhaber des Juweliers Gross, Abdullah Koca, sieht den „Black Friday“ kritisch. Dieser habe „großes Chaos“ im Einzelhandel angerichtet. Ein besonderes Problem stelle die Outletcity Metzingen dar. „Soziale Medien ziehen die Leute mit Superangeboten in diese Stadt“, so Koca. „Das bringt das Weihnachtsgeschäft um“, sagt er, „wir Kleinen haben dadurch große Probleme“. Am „Black Friday“ beteilige er sich mit seinem Laden nicht.

Fokus der Kunden hat sich verändert

Die sinkende Kaufkraft sei nicht direkt spürbar, sagt Lukas Werb, Inhaber des Spielwarengeschäfts Ziegler. An Artikeln für Kinder und Babys werde zuletzt gespart. Was er viel eher spüre, ist ein „bedachterer Konsum“. Kunden achten vermehrt auf Qualität, Nachhaltigkeit und Ökologie der Produkte, sagt Werb.

Wir setzen hier stark auf Qualität unserer Ware und die kann man nicht zu Ramschpreisen verkaufen.

Lukas Werb

Außerdem bemerke er einen verstärkten Zulauf an Kunden im Einzelhandel: „Den Menschen ist die Beratung und Garantie wichtig. Im Internet gibt es keinen direkten Ansprechpartner. Deshalb kommen sie zu uns in den Laden“. Am „Black Friday“ nehme das Spielwarengeschäft nur begrenzt teil, spezielle Angebote gebe es bereits das ganze Jahr über. „Wir setzen hier stark auf Qualität unserer Ware und die kann man nicht zu Ramschpreisen verkaufen“, sagt Werb.

Service als Vorteil im Einzelhandel

Das Eckhaus wird laut Inhaberin Annette Käppeler am „Black Friday“ keine Aktionen anbieten. „Wir bieten hier nicht nur Ware an, sondern auch Service, Beratung, Qualität und das Geschenkeverpacken“, sagt sie. Den Vorteil vor Ort einzukaufen, sieht sie in der Erfahrung, die die Kunden im Geschäft machen: „Hier im Laden können sie die Waren direkt sehen und anfassen. Das ist online nicht möglich“.

Eine sinkende Kaufkraft der Kunden sei nicht spürbar. Nach der Wiedereröffnung der Geschäfte im Anschluss an die Pandemie haben sich die Menschen für ungefähr zwei Wochen nur „zögerlich rausgetraut“, sagt Käppeler, „jetzt ist es eigentlich wie vorher“.

Sonderfall Buchhandel

Auch in der Buchhandlung Osiander bleibe die Kaufkraft der Kunden beständig, sagt Filialleiterin Ariane Erhardt. Sie erklärt sich das durch das Ladenkonzept, das laut Erhardt zum Verweilen einlädt. Den Onlineshop von Osiander halte sie für „existentiell“. Gleichzeitig stelle Amazon als größter Onlinehändler aber auch die größte Konkurrenz dar.

Umfrage

Sigmaringer setzen vermehrt auf Onlineshopping

Laut einer deutschlandweit repräsentativen Umfrage des Handelsverbands Deutschland (HDE) planen die Verbraucher 295 Euro für Weihnachtsgeschenke ein und somit weniger als die Jahre zuvor. Der Anteil an Geld, der online ausgegeben wird, nimmt hingegen zu. Nur der lokale Einzelhandel bleibt im Vergleich auf der Strecke.

Ein Grund für die wachsende Nachfrage im Onlinehandel sieht Anne Fischer aus Sigmaringen im Preis-Leistungs-Verhältnis: „Oft sind die Angebote dort einfach besser.“ Sie plant in diesem Jahr für Geschenke ungefähr 300 Euro auszugeben. „Was ich im Laden kaufen kann, finde ich im Internet häufig 10 Euro günstiger“, sagt sie. Außerdem sei die Auswahl im Internet größer.

Eine andere Einstellung hat die Sigmaringerin Sabine Neumann: „Ich versuche das, was ich hier bekomme, auch vor Ort zu kaufen.“ Das funktioniere zum Beispiel bei Büchern gut, die könne sie in den Laden bestellen, falls es sie vor Ort nicht gibt. Bei expliziten Geschenkwünschen sei sie dann aber häufig auf Onlinehändler wie Amazon angewiesen, so Neumann. In diesem Jahr wolle sie 300 bis 400 Euro für Weihnachtsgeschenke ausgeben.

Manche nutzen auch den „Black Friday“ für konkrete Wünsche zu erfüllen und ein Schnäppchen zu machen. Fischer sagt, sie halte bei verschiedenen Elektronikhändlern Ausschau nach einem Sonderangebot für ein Paar Kopfhörer.

Auch Achim Schröder, ebenfalls aus Sigmaringen, hat schon zugeschlagen: „Voriges Jahr habe ich einen Pürierstab für den halben Preis gekauft.“ Dieses Jahr habe er zwar nicht vor etwas Bestimmtes zu kaufen, er wolle aber dennoch die Augen offen halten.

Die Buchpreisbindung sei „Fluch und Segen“ zugleich: Einerseits seien alle Händler dadurch gezwungen, Bücher zu einem festgelegten Preis zu verkaufen, andererseits könne man Bücher dann aber am „Black Friday“ nicht zu speziellen Angeboten verkaufen. Sonderangebote gebe es also nur bei Artikeln wie Wohnaccessoires, Dekoration oder Geschenkartikel.

Inhaberin der Liebelei, Simone Stoll, bemerkt die Tendenz der sinkenden Kaufkraft nicht. Sie habe eine sehr „treue Kundschaft“, deren Kaufverhalten auch nach der Corona-Pandemie gleichgeblieben sei. Das begründet sie durch den Kundenkontakt, den sie auch während der Schließung ihres Ladens beibehalten habe.