Ungewöhnlicher Veranstaltungsort
Im Namen des Techno: DJs machen Kirche zum Tanztempel
Rulfingen / Lesedauer: 5 min

Jennifer Kuhlmann
Partys mit elektronischer Musik an ungewöhnlichen Orten veranstalten, auf denen sich vor allem junge Menschen in der Gemeinschaft gut aufgehoben fühlen. Das sind Motivation und Ziel des jungen DJ-Kollektivs, das sich unter dem Namen Holybombs in der Region einen Namen gemacht hat.
Zum zweiten Mal organisiert die Gruppe einen Church Rave, bei dem am Samstag, 2. Dezember, Techno-Fans in der Alten Kirche in Rulfingen zusammenkommen und nach 22 Uhr in der „Südsee“ weiterfeiern werden.
Die Gegensätze machen es spannend
Kirche und harter Technosound ‐ die Gegensätze könnten nicht größer sein. „Genau deshalb ist die Alte Kirche für uns als Veranstaltungsort so spannend“, sagt Joscha Loibl vom Holybombs-Team. „Im Vergleich ist jeder normale Club langweilig.“ Im vergangenen Jahr sei es für ihn ein ganz besonderer Moment gewesen, vor der Kirche zu stehen und zu sehen, wie die Stroboskop-Lichter durch die Fenster flackerten. „So etwas hatte es in Rulfingen noch nicht gegeben.“
Privatpartys wurden immer größer
Zusammengefunden haben sich die Mitglieder und die Community des Kollektivs etwa ab dem Jahr 2021. Der Musikgeschmack ließ den Freundeskreis immer größer werden, vernetzte auch über Kreisgrenzen hinweg. „Es gibt in Mengen und der Region einfach keine gescheiten Partys für elektronische Musik“, sagt Paul Kugler. „Also haben wir selbst welche gemacht.“ Die Veranstaltungen, die zunächst im privaten Rahmen stattfanden, wurden aber schnell größer.
Dank Firma selbst als Veranstalter auftreten
Mit der Gründung der Firma hlybmbs UG (haftungsbeschränkt) haben Joscha Loibl und Joshua Hofmann dem Kollektiv im vergangenen Jahr die Möglichkeit eröffnet, selbst offiziell als Veranstalter auftreten zu können. „Das macht es deutlich einfacher, Clubs zu mieten oder DJs für unsere Events zu buchen“, sagen sie. Joscha Loibl macht außerdem gerade eine Ausbildung zum Veranstaltungstechniker an der Akademie für Darstellende Kunst Baden Württemberg in Ludwigsburg.

Arbeitskreis gibt Vertrauensvorschuss
Die Verantwortlichen beim Arbeitskreis Alte Kirche hätten ihre Anfrage nach einer Techno-Veranstaltung sofort positiv aufgenommen und der Gruppe viel Vertrauen entgegen gebracht. „Das ist nicht immer so, viele sind auch sehr skeptisch, wenn so junge Leute wie wir mit einer Idee kommen“, sagt Joscha Loibl.
Johannes Reutter-FeurerIch werde auch im Vorfeld das eine oder andere Mal bei mir daheim zur Probe auflegen.
Tatsächlich hätte die Mengener Stadtverwaltung die Meinung eines Statikers eingefordert, dass die Bässe das ehrwürdige Gemäuer nicht zu sehr erschüttern. Alles sei schließlich ohne Probleme über die Bühne gegangen, sodass einer Wiederholung nichts im Weg stand. „Der Arbeitskreis Alte Kirche ist ja auch daran interessiert, junges Publikum anzulocken“, so Paul Kugler.
Veranstaltung beginnt um 15 Uhr
Um die Zeit bis zur im Sinne der Anwohner vereinbarten Sperrstunde um 22 Uhr möglichst gut auszunutzen, beginnt der Church Rave auch in diesem Jahr bereits um 15 Uhr. Der Timetable ist eng, schließlich wollen alle acht DJs des Kollektivs unbedingt in der Kirche auflegen. Jeder von ihnen hat einen etwas anderen Schwerpunkt, steht für eine andere Unterart von Techno. Johannes Reutter-Feurer nimmt sich gern Zeit, seine Musik für dieses besondere Event zusammenzustellen. „Ich werde auch im Vorfeld das eine oder andere Mal bei mir daheim zur Probe auflegen und ein paar Leute dazuholen, um ihre Meinung zu hören“, erzählt er.
Angebot für junge Leute
Nicht nur die Holybombs-Crew, deren Mitglieder zwischen 17 und 24 Jahre alt sind, ist jung. „Wir lassen bewusst auch 16-Jährige mit einem Mutti-Zettel zu, weil wir ja genau für diese jungen Leute ein Angebot machen wollen“, Joshua Hofmann.
Team hat Gäste im Blick
Umso wichtiger sei es, dass die Helfer und die Partygäste untereinander aufeinander achten. „Wir haben auf solchen Veranstaltungen immer ein Awareness-Team, das angesprochen werden kann, wenn jemand sich unwohl fühlt, eine Pause braucht oder von jemandem belästigt wird“, sagt Nina Hösl. Das Team ist im Sinne der Nachtsam-Kampagne geschult, hat sich mit dem Thema K.O.-Tropfen beschäftigt und hilft Partygästen dabei, sicher nach Hause zu kommen.
Informationen in sozialen Medien
Das sei von Rulfingen aus nicht immer so einfach. „Deshalb informieren wir die Taxiunternehmen über unsere Veranstaltung und posten die Telefonnummern in den sozialen Medien, damit sich die Partygäste zusammentun können“, sagt Joscha Loibl. Im eigenen Team würden Fahrer bestimmt werden, die sich im Notfall ans Steuer setzen können. „Das gibt uns allen Sicherheit.“
Exklusiver Rahmen in der Kirche
Während der erste Teil des Raves bei einer Beschränkung auf 200 Leute in der Kirche einen exklusiven Charakter haben wird, kann das „Südsee“ bei der Afterparty ab 22 Uhr deutlich mehr Gäste aufnehmen. Tickets sind dort an der Abendkasse erhältlich. Abgesprochen sei auch, dass dort bis 5 Uhr gefeiert werden kann, damit die Gäste anschließend mit den ersten Zügen ab dem Mengener Bahnhof nach Hause fahren können. „Im Winter noch zwei Stunden überbrücken zu müssen, wenn kein Lokal mehr aufhat, das können wir nicht machen“, finden die Veranstalter.
Weitere Orte für Veranstaltungen gesucht
Gern würde das Team auch noch andere Veranstaltungen in Mengen und drumherum organisieren. „Im Sommer unter freiem Himmel, am Flugplatz oder auf dem ehemaligen Kasernengelände wäre einiges denkbar“, finden sie. „Uns würde total freuen, wenn uns die Stadtverwaltung in dieser Hinsicht mehr unterstützen würde.“
Mehr zu den DJs gibt's hier.