Ochsenpiste
Auf der Ochsenpiste geht die Macht perdu
Pfullendorf / Lesedauer: 3 min

Schwäbische.de
Obwohl sich die „Vasallen“ des Rathauses mit Joggingschuhen, Sporthäs und Aufwärmtraining am schmotzigen Donnerstag bestens auf den diesjährigen Wettstreit mit den Narren vorbereitet hatten, zogen sie am Ende den Kürzeren. Zwar nur um Sekundenbruchteile, aber doch ausreichend zu spät für einen grandiosen Triumph der Narren kam der Ochse oben beim Hechtbrunnen an, sodass Schultes Thomas Kugler gar nichts anderes übrig blieb, als dem närrischen Volk den großen Schlüssel der Rathaustür auszuhändigen. Ganz recht, die Macht über die Stadt für die Tage bis zum Aschermittwoch wurde in diesem Jahr beim Ochseneinspannen entschieden. Karl und Heinz , die beiden Holzochsen kamen nicht nur beim Wettkampf der Schulen zum Einsatz, sondern rollten wenig später an ihren von Verwaltungs- und Narrenhänden gezogenen Stricken erneut bergan.
Zuvor hatte sich der Schultes vehement gegen die Rathausübernahme gewehrt. Erst kürzlich beim Treffen der Narrenvereinigung hätten sich die Narren die Bäuche vollgeschlagen und jetzt stünden sie, ganz nach dem Motto „Alleweil a wengele me“, schon wieder mit Forderungen da, schimpfte Kugler „das lästige Narrenpack“. Mit den vielen Baustellen in der Stadt seien die Narren sowieso überfordert, fügte er mildernd hinzu, um sofort weiter zu wettern: „Was in dem Rathaus los ist, geht Euch nix an, das ist meine Sache.“
Zunftmeister Andreas Narr ließ sich durch derlei Widerrede und Schimpftirade nicht beeindrucken. „Deine Zeit als Schultes ist vorbei, ab heut regieret mir“, machte er unmissverständlich klar, ernannte kurzerhand den „Kaiser“ zum „närrischen Verwaltungssitz“ und rief die längst überfällige Revolution aus. „Der Michel ist auf unserer Seite, der führt eine Sondersteuer ein, dann wird gefestet, als gäb’s kein Morgen mehr“, drohte Narr am Ende nicht nur mit der Macht des Kämmerers, sondern auch noch mit der Bürgerwehr: „Die Kanone ist geladen.“ „All Tag ein Umzug, über den Aschermittwoch hinaus“, wollte der Zunftmeister noch mit dem Schultes zur Belebung der Innenstadt aushandeln, aber der ließ sich nicht erweichen: „Hier ist alles paletti, auch ohne Konfetti.“ Stattdessen empfahl er, das Narrenblatt für die Kundenwerbung einzusetzen, und startete gemeinsam mit Jörg-Steffen Peter, dem städtischen Herrscher über alle Baustellen, einen hochprozentigen Bestechungsversuch, dem Narr nun doch nicht widerstehen konnte. Vom närrischen Ziel ließ er natürlich trotzdem nicht ab und so begaben sich Narren und Rathausmitarbeiter vom Bürgersaal hinüber zu den Ochsen.
Nicht nur die vielen närrischen Zuschauer warteten gespannt auf das Ergebnis der Ochsenjagd und feuerten die einen wie die anderen Athleten an, sondern auch die Stadtmusiker in ihrem grünen Fasnetswams. Kaum stand das Ergebnis fest, griffen sie zu den Instrumenten und animierten das Volk mit dem Narrenmarsch und dem Narrenwalzer zum fröhlichen Jucken und Schunkeln.
Im Vorfeld des Rathaussturms gehörte die Ochsenpiste wieder den Achtklässlern der weiterführenden Schulen. Die Mannschaften der Werkrealschule, der Kasimir-Walchner-Schule, der Realschule und des Staufer-Gymnasiums lieferten sich ein hartes Kopf-an-Kopf-Rennen, das die Realschule als Titelverteidiger im Finale gegen die Werkrealschule für sich entschied. 111 Euro gab’s dafür von den Narren für die Klassenkasse, bevor sich die Jugend zum ausgelassenen Feiern unter sorgsamer Aufsicht ins Café Moccafloor zurückzog.
Kaum hatten sich die Narren gestärkt, standen mit dem Narrenbaumstellen und einem beschwingten Besuch im Pflegeheim schon die weiteren närrischen Programmpunkte an. Über das Streckgericht am Abend berichten wir noch.