Ausgebremst
Hier bangen Bauwillige um ihr Eigenheim
Mengen / Lesedauer: 4 min

Jennifer Kuhlmann
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das den Paragrafen 13b des Baugesetzbuchs als unvereinbar mit dem EU-Recht einordnet, trifft die Stadt Mengen besonders hart. Sechs Baugebiete sind nach nach den Vorgaben dieses Paragrafen angedacht gewesen, realisiert werden können nach aktuellem Stand vermutlich höchstens zwei von ihnen.
Laut Bürgermeister Stefan Bubeck müssen sogar die Bauherren zittern, die von der Verwaltung schon eine Baugenehmigung für eins dieser Gebiete erhalten haben. „Es ist eine Katastrophe, wenn eine Bundesregierung nicht in der Lage ist, ein EU-konformes Gesetz zu beschließen“, sagte er. „Jetzt müssen es die Kommunen und die Bauwilligen ausbaden, die auf das Gesetz vertraut haben. Die bereits investierten Planungskosten sind auf beiden Seiten immens.“
Eigentlich sollte es schneller gehen
Der Baurechtsparagraf verstößt insofern gegen EU-Recht, als dass dieses Umweltprüfungen zwingend vorschreibt. Der Paragraf 13b war geschaffen worden, um Kommunen ein beschleunigtes Verfahren zur Ausweisung von Wohnraum an die Hand zu geben. Im Außenbereich war das seit 2017 ohne Umweltprüfung oder ökologischen Ausgleich möglich.
Planungen werden nicht weiterverfolgt
Als Stadtrat Volker Lutz (CDU) in der September-Sitzung des Gemeinderats nach den Auswirkungen auf die geplanten Baugebiete in Mengen und der Haltung der Stadtverwaltung dazu fragte, umriss ihm Bürgermeister Bubeck das Ausmaß der Gerichtsentscheidung. Im Prinzip dürften die Planungen in allen Gebieten nicht mehr weiterverfolgt werden.
Eine Ausnahme würden lediglich die Bauvorhaben machen, deren Bau in einem Gebiet mit einem Satzungsbeschluss älter als einem Jahr schon begonnen oder abgeschlossen wurde. Hier bestünde Bestandsschutz und es müsse nicht abgebrochen werden. Dies treffe auf Bauvorhaben in den Gebieten „Bremer Straße“ in Mengen und „Nierlesbrunnen“ in Rulfingen zu.
Unterschiedliche Fallkonstellationen
Welche Auswirkungen das Urteil auf die Fallkonstellation hat, dass die Baugenehmigung bereits erteilt, die bauliche Anlage aber noch nicht errichtet wurde, werde aktuell intensiv geprüft und kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar beantwortet werden. „In diesen Fällen besteht für die Bauherren das Risiko, dass das Verwaltungsgericht die von der Stadt Mengen erteilte Baugenehmigung im Rahmen einer Inzidenzprüfung aufhebt und nicht gebaut werden kann“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt zu diesem Thema.
Bürgermeister Stefan BubeckEs sind noch drei Baugebiete übrig, aber selbst wenn wir sie verkaufen würden, dürften wir keine Baugenehmigung mehr erteilen.
Dasselbe gelte auch für die Fallkonstellation, dass die Baugenehmigung noch nicht erteilt wurde. Das bedeutet für die Bauherren, die von der Stadt Mengen ein Baugrundstück im Gebiet „Bremer Straße“ erworben haben, dass sie vorerst keine Baugenehmigung für ihre Bauvorhaben erhalten.
Die Stadtverwaltung wird aufgrund der unklaren Rechtslage vorerst auch keine weiteren Baugrundstücke in diesem Baugebiet veräußern. „Es sind noch drei Baugebiete übrig, aber selbst wenn wir sie verkaufen würden, dürften wir keine Baugenehmigung mehr erteilen“, so Bubeck.
In den Ortsteilen geht es nicht weiter
Für die übrigen Gebiete, deren Satzungsbeschluss noch kein Jahr zurückliegt oder für die es noch keinen Satzungsbeschluss gibt, können die Pläne nicht weiterverfolgt werden: „Boid“ in Blochingen, „Bezikofer Straße“ in Mengen, „Falkenweg“ in Rosna und „Zeilstraße“ in Beuren.
Der Gemeindetag gehe laut Bubeck sogar so weit, dass bereits verkaufte Grundstücke rückabgewickelt werden müssten.
Nur noch über Regelverfahren zu retten
Um die Gebiete doch noch realisieren zu können, müssten sie in ein Regelverfahren mit Gutachten und Umweltbericht übergeleitet werden und aus dem Flächennutzungsplan entwickelt werden. „Dazu müsste aber erst der Flächennutzungsplan fortgeschrieben und dem Regionalverband der Wohnraumbedarf nachgewiesen werden, was sehr schwierig ist“, so Bubeck. Vor allem in Rosna werde ein Baugebiet dann deutlich kleiner ausfallen.
Nicht betroffen ‐ weil sie in einem Regelverfahren entwickelt wurden ‐ sind die Baugebiete „Ziegeleschle“ in Mengen und „Brendlesäcker“ in Mengen.
Bürgermeister Bubeck befürchtet, dass die Kommunen und die privaten Bauherren auf den Kosten sitzen bleiben werden, die sie in die Planungen von Baugebieten und Eigenheimen gesteckt haben, die nun vermutlich nicht realisiert werden können. „Von Schadensersatz war bisher nirgends die Rede.“