StartseiteRegionalRegion SigmaringenBad SaulgauEin altes Versprechen öffnet ihm die Tür zu einer neuen Welt

 Helfen bringt Freude

Ein altes Versprechen öffnet ihm die Tür zu einer neuen Welt

Bad Saulgau / Lesedauer: 4 min

Guszti Bogar wächst in ärmlichen Verhältnissen auf. In Wagenhart findet er Arbeit. Damit's da noch besser läuft, hat er einen Plan
Veröffentlicht:18.11.2023, 05:00

Von:
  • Rudi Multer
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Guszti Bogar war 2011 ein Kind der ersten Generation im BuKi-Haus im rumänischen Cidreag. In diesen Tagen sitzt er im Wohnzimmer von Stefan Zell und Heidi Haller von BuKi in Bad Saulgau. Stolz erzählt der inzwischen 19-Jährige Mann von seiner Stelle in Bad Saulgau. BuKi, der Verein Hilfe für Kinder in Osteuropa, hat den Roma-Jungen aus Rumänien gefördert.

Essen mit der Gabel

Stefan Zell zeigt das Foto aus Kindertagen im BuKi-Haus, einer vom Verein getragenen Kindertagesstätte im rumänischen Cidreag. Ein lachender Guszti hält sich dort eine Gabel vor ein Auge. Im BuKi-Haus hatte er das Essen mit der Gabel gelernt. Die Mutter habe sich beschwert, dass ihr Sohn nun auch zu Hause mit der Gabel essen wolle, erinnert sich Heidi Haller. Damit hatte sie nicht gerechnet.

Wenn ihr 18 seid und Arbeit sucht, könnt ihr euch melden. Hier gibt es immer Arbeit.

Jürgen Bechinger

In den Familien der Tagelöhner in der Landwirtschaft in Cidreag ist das Essen mit der Gabel nicht üblich. Später wollte die Mutter Guszti nicht in die Schule schicken. Heidi Haller und Stefan Zell beharrten auf einer Chance für den Jungen.

Es scheint, als hätte sich dieser Einsatz gelohnt. Seit August arbeitet Guszti Bogar im Kieswerk in Wagenhart. Ihm gefällt es: „Im Kieswerk sind alle nett.“ Guszti kennt Bad Saulgau. Gemeinsam mit Lucsi, einem anderen BuKi-Kind der ersten Stunde, kam er vor einigen Jahren für einige Wochen in die Stadt. Lucsi ist inzwischen zu einem Leuchtturm für die Arbeit von BuKi geworden.

Fließbandarbeiter in der Industrie

Nach der Schule konnte an einer hochangesehenen Schule eine Ausbildung zum Mechatroniker absolvieren. Später ging er zum Geldverdienen in die Niederlande. Als Fließbandarbeiter in der Fleischindustrie kam er zum schnellen Geld. Im Gegensatz zu anderen Arbeitern aus Rumänien blieb es nicht dabei. Inzwischen hat er den Sprung zum Anlagemechaniker geschafft.

Ein Schaffer

Guszti ist ein anderes Kaliber, kein Schultyp, aber ein Schaffer. Nach der achten Klasse ging er in Cidreag von der Schule ab. Danach arbeitete er auf einem landwirtschaftlichen Betrieb, zwölf bis 13 Stunden täglich, wie er erzählt.

Als die beiden Jungs bei ihrem ersten Besuch in Bad Saulgau das Kieswerk Wagenhart besichtigten, hatte Geschäftsführer Jürgen Bechinger eine Einladung ausgesprochen. „Wenn ihr 18 seid und Arbeit sucht, könnt ihr euch melden. Hier gibt es immer Arbeit.“

Er reinigt Lastwagen

Das hatte sich Guszti gemerkt und fragte nach, als er 18 war. Jürgen Bechinger gab dem Roma-Jungen aus Cidreag die Chance. Im August fing er im Kieswerk an. Schwere Arbeit ist Guszti von seinem früheren Job in Cidreag gewohnt. Im Kieswerk reinigt er unter anderem mit einem Hochdruckreiniger Lastwagen und Maschinen. Im Vergleich zu seinem Job in Rumänien sei das aber „keine schwere Arbeit“.

„Ich bin begeistert“, sagt Jürgen Bechinger, der Geschäftsführer des Kieswerks, über seinen neuen Mitarbeiter. „Guszti ist freundlich und hilfsbereit. Er macht beeindruckende Fortschritte.“ Wenn er keine Arbeit habe, frage er nach. Im Haus von Jürgen Bechinger in Bad Saulgau hat Guszti ein Zimmer bekommen.

Mit dem Rad zur Arbeit

Von seinem ersten selbst verdienten Geld hat er sich ein gutes gebrauchtes Fahrrad gekauft. Mit ihm fährt er jeden Morgen um 5.30 Uhr ins Kieswerk. Er will zeitig da sein und unabhängig von Mitfahrgelegenheiten.

Ohne BuKi hätte es diese Geschichte von einem Roma-Jungen, der in Bad Saulgau zur Arbeit geht, nicht gegeben. Eine wichtige Rolle spielte die erste Reise von Lucsi und Guszti nach Bad Saulgau. Guszti hat damals Deutsch gelernt und angefangen, sich auf Deutsch zu verständigen. Eine angeborene Sehschwäche konnte dank des Einsatzes von Optiker Klaus Nerlich behandelt werden.

Operation in Augenklinik

Er hatte eine Operation an den Augen für den stark schielenden Jungen organisiert. Eine neuerliche Untersuchung am vergangenen Samstag hat inzwischen gezeigt, dass die Operation in der Augenklinik in Wangen ein großer Erfolg war. Guszti kann wieder gut sehen.

Traum von einer eigenen Wohnung

Guszti wird nun bald zwei Wochen Urlaub machen und nach Cidreag reisen. Danach will er wieder zurückkommen und im Kieswerk weiterarbeiten. Er träumt von einer eigenen kleinen Wohnung und würde seine Sprachkenntnisse gerne verbessern. „Schwäbisch“ wolle er lernen, sagt er, damit er sich im Kieswerk besser mit seinen Kollegen unterhalten könne.