StartseiteRegionalRegion SigmaringenBad SaulgauGefährlicher Fuchsbandwurm raubt Achtjähriger aus Altshausen die Kindheit

Fuchsbandwurm

Gefährlicher Fuchsbandwurm raubt Achtjähriger aus Altshausen die Kindheit

Bad Saulgau / Lesedauer: 5 min

Luisa leidet an einer seltenen Infektion, die ihre Organe angreift. Heilung ist nicht in Sicht, Hilfe und Mitgefühl hingegen schon. Ein Motorradclub hat von Luisas Schicksal erfahren - und reagiert.
Veröffentlicht:08.07.2022, 11:50

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Ein großes Herz haben die Mitglieder des Motorradsportclubs Bad Saulgau und des eingetragenen Vereins Ride Safe (Fahre sicher). Beim Sommerfest am Samstag, 9. Juli, ab 18 Uhr vor dem Vereinslokal an der Schwarzenbacher Straße in Bad Saulgau kommen die Einnahmen der achtjährigen Luisa aus Altshausen zugute. Das Mädchen leidet an der für Kinder eher seltenen Fuchsbandwurm-Krankheit, die drei Jahre lang unbemerkt blieb.

Wir wollen wieder ein Lebenszeichen von uns geben.

, Mitorganisator des Fests Sascha Walz

„Uns gibt es noch. Wir wollen wieder ein Lebenszeichen von uns geben“, sagt Sascha Walz, Mitorganisator des Sommerfests, bei dem im Laufe des Abends die Bands „Root 666“ aus Ulm-Senden und „Thunderflowers“ aus Biberach auftreten werden. Zuletzt hatten die Motorradfreunde 2019 mit dem Ride Safe Festival auf dem Flugplatz in Bad Saulgau auf sich aufmerksam gemacht. Wegen der Corona-Pandemie wurden 2020 und 2021 weitere Festivals abgesagt.

Und auch dieses Jahr findet kein Ride Safe Festival statt. „Wir hätten vor einem Jahr mit den Planungen beginnen müssen. Aber aufgrund von Corona war uns das finanzielle Risiko zu groß“, ergänzt Sascha Walz. Also entschieden sich die Verantwortlichen für ein Sommerfest im Freien – ohne Segnung der Motorräder, ohne Ausfahrt. Aber dafür auch dieses Mal mit der Absicht, etwas Gutes zu tun.

„Für uns zählt wieder einmal der Spendengedanke“, ergänzt Walz. Denn die Erlöse aus den vorherigen Festivals wurden in den Jahren zuvor komplett weitergegeben – an die Radio7-Drachenkinder oder an die Bad Saulgauer Kindergärten. Für 2022 war der Spendenzweck schnell geklärt. „Wir wollen der kleinen Luisa helfen“, ergänzt Walz, der die Mutter von Luisa gut kennt.

Alle sind geschockt

Vor drei Jahren, im Sommer 2019, hatte Luisas Kinderarzt einen Fuchsbandwurm diagnostiziert. „Sie hatte immer Bauchweh, was als ganz kleines Kind eigentlich normal ist“, sagt Mutter Vanessa Müller-Weiß . Als das auch noch Schmerzen in der Leistengegend hinzukamen, war nach einem Ultraschallbild die Gewissheit da. „Wir waren alle geschockt“, sagt sie.

Wir können es uns selbst nicht erklären.

Mutter Vanessa Müller-Weiß

In Deutschland ist eine Infektion mit dem Fuchsbandwurm eine eher seltene Erkrankung, bei Kindern in diesem Alter noch viel seltener. Der Fuchsbandwurm gilt als besonders gefährlich, weil Larven in Lunge, Gehirn und Leber eindringen können.

Im schlimmsten Fall kann es zu einem tödlichen Leberversagen kommen. Wenn Kinder daran erkranken, liegt häufiger eine Schwäche des Immunsystems vor, bei der der Parasit besonders schnell wächst. Bis heute weiß niemand genau die Ursache der Infektion. „Wir können es uns selbst nicht erklären“, so die Mutter. Für die damals 34-Jährige, ihren Ehemann sowie die beiden Söhne Julian (5) und Luca (17) beginnt ein Albtraum.

Gehirn wird nicht angegriffen

Im Februar 2020 bekommt Luisa einen Platz in der Heidelberger Kinderklinik. Wenn es überhaupt etwas Positives zu berichten gibt, dann die Tatsache, dass der Fuchsbandwurm das Gehirn nicht angegriffen hat. Dafür hat es die Leber erwischt. Bei der Operation konnte der Fuchsbandwurm zwar entfernt, aber noch längst nicht alle Antikörper abgetötet werden.

Helfen sollte eine Chemotherapie, die aber im frühen Stadium abgebrochen werden musste. „Sie war dafür zu jung, ihr Körper zu schmächtig und zu schwach. Die Therapie griff ihre Organe an. Die Gallenblase musste entfernt werden“, ergänzt Vanessa Müller-Weiß.

Bis heute befinden sich Antikörper im Blut von Luisa, bis heute ist unklar, ob der Fuchsbandwurm wieder ihre Leber angreift. Kein Arzt der Welt kann ihr dafür eine Garantie aussprechen. „Diese Ungewissheit ist das Schlimmste“. Für Luisa erst recht. An Ostern musste sie erneut ins Krankenhaus, nachdem sich ihre Bauchspeicheldrüse entzündet hatte.

Das junge Mädchen hat immer wieder Bauchschmerzen, weshalb sie oft nicht in die Schule kann. Sie wiederholt daher die erste Klasse an der Grundschule in Altshausen.

Psychisch geht es ihr nicht gut. Aber sie ist stark.

Mutter Vanessa Müller-Weiß

Alleine zum Kindergeburtstag traut sie sich nicht, im Schwimmbad trägt sie einen Badeanzug, weil sie nicht will, dass die Leute ihre 36 Zentimeter lange Narbe am Bauch sehen. „Psychisch geht es ihr nicht gut. Aber sie ist stark“, sagt die Mutter über ihre Tochter, die ihre Kindheit nicht so erleben kann wie andere Kinder im gleichen Alter. Vanessa Müller-Weiß muss selbst an ihre Grenzen gehen. „Das ist nicht immer einfach“, sagt sie. Für die Familie sei diese Krankheit eine große Belastung.

Familie ist Motorradfreunden dankbar

Umso mehr freut sie sich, dass die Motorradfreunde den Erlös des Sommerfestes an ihre Tochter spenden. „Ich bin total überwältigt und dankbar.“ Was mit dem Geld passiert, steht auch schon fest. „Wir wollen damit Einzelreitstunden bezahlen“.

Denn das Reiten bedeute Luisa sehr viel. Und den Bikern bedeutet es viel, der kleinen Luisa zu helfen. „Ich hoffe schon, dass 300 bis 400 Besucher kommen, um die Spendenkasse mit Geld zu füllen“, ergänzt Sascha Walz. Geld, das Luisas Familie für einen guten Zweck verwenden kann.