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Liedakademie

Konzert: Experiment Liedakademie ist gelungen

Trossingen / Lesedauer: 3 min

Konzert: Experiment Liedakademie ist gelungen
Veröffentlicht:30.08.2009, 14:35

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An der Liedakademie hatten fünf Dozenten, alle tätig an deutschen Musikhochschulen, und 30 Studierende aus elf Nationen teilgenommen.

Professor Peter Nelson, Dozent an der Hochschule für Musik in Trossingen, betonte begrüßend, dies sei nur ein kleiner Streifzug durch ein riesiges Repertoire, denn die 15 Duos könnten mit Leichtigkeit zehn weitere, ebenso hochkarätige Konzerte bestreiten. Professor Ulrich Eisenlohr, Dozent in Mannheim, stellte Lieder von Franz Schubert (1797 - 1828) vor. Bewusst habe man zur Begleitung dieser Lieder den Hammerflügel gewählt, um ein möglichst realistisches Klangbild jener Zeit zu ermöglichen. Mit drei Bearbeitungen des "Liedes der Mignon" aus Goethes "Wilhelm Meister" erfuhren die Zuhörer: "Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide". Ein Text, kaum veränderte Melodie und dennoch sehr unterschiedliche Darbietungen bis zur völligen Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Insgesamt prägten Verzagtheit und Schmerz über Verluste, verletzte Gefühle und Trauer, vermischt mit Erinnerungen an selige Momente die Stimmung. Dazwischen fügten sich Szenen voll heftiger Dramatik, wenn "der Zwerg" (Collin) zur Königin spricht oder "die beiden Grenadiere" von Heinrich Heine, von Robert Schumann in Liedform gefasster Schicksalsschlag.

"Was schert mich Weib, was schert mich Kind, mein Kaiser ist gefangen", besang Bariton Rafael Bruck die Szene höchst eindringlich. Begraben in Frankreichs Erde wolle man sein, bekundeten die Gefangenen zu deutlich erkennbaren Sequenzen der Marseillaise. Nur einmal blitzte mit Franz Schubert ein heiterer Moment auf, als "der Schmetterling" munter erzählte "ich nasch' von allen Blüten".

Lieder von Fanny Hensel und Felix Mendelssohn-Bartholdy verknüpften zwei Eichendorff-Gedichte. Seine Vorliebe für leichte Elfenmusik zeige sich auch im "Frühlingslied" oder im "Hexenlied" nach Hölty, erklärte Professor Cornelis Witthoefft, Dozent in Stuttgart. Professor Axel Bauni, Dozent in Berlin, führte in das Liedgut des 20. und 21. Jahrhunderts ein. Viktor Ullmann (1898 - 1944) werde in den letzten 20 Jahre bei der Aufarbeitung des Schaffens verfolgter Künstler "wiederentdeckt". Vor allem in Prag sei ein Großteil seiner Literatur erhalten geblieben. Aus "das Buch der hängenden Gärten" von Arnold Schönberg bewiesen drei kurze Beiträge, wie frisch die unkonventionellen Lieder immer noch klingen. "Das Auge der Zeit" von Aribert Reimann mahnte an die Vergänglichkeit.

Von Ursula Euteneuer-Roher (geb. 1953), sie ;unterrichtet am Konservatorium Karlsruhe, stammte das jüngste aller Werke.; die Uraufführung von;"Navajo Correspondences" beschreibt Naturphänomene in einer losen Folge von Tönen und Vokalen. Es gibt keinen festen Text und doch ist es ein Lied, das bewegt und fasziniert, zumal das Klavier nicht länger "nur" ein Tasteninstrument ist, sondern die Saiten auch von Hand gezupft oder mit dem Schlegel bearbeitet werden. Die Finnin Kaija Saariaho (geb. 1952) war anschließend die jüngste der vorgestellten Komponisten.

Professor Jan Philip Schulze (Hannover) zog zum Abschluss Vergleiche zwischen Richard Strauss und Erich Wolfgang Korngold (1897 - 1957). Schon als Kind berühmt, emigrierte der Komponist nach Amerika, seine glanzvolle Karriere war vorbei, während Richard Strauss "sich durch die Zeit lavierte". Aus den Brentano-Liedernlockten die letzten Klänge, "schlafe, bis ich wieder bei dir bin".

Während der Liedakademie wandten sich fünf Dozenten dem Lied in seiner Vielschichtigkeit der Entwicklung zu, das es über einem Zeitraum von 200 Jahren genommen hatte. Literatur, Gedichte, die ihre ganze Schönheit und Seelentiefe erst im Gesang voll entfalten, waren nicht nur in der Romantik eine beliebte musikalische Ausdrucksform. Das Lied ist immer noch aktuell.