Vroni Hermle bewahrt das Palmenbinden
Gosheim / Lesedauer: 3 min

Ein Osterbrauch, der bis in die heutige Zeit lebendig geblieben ist, ist das Palmenbinden für den Palmsonntag (in diesem Jahr der 13.April). An Palmsonntag wird in den christlichen Kirchen des Einzugs Jesu Christi in Jerusalem gedacht. Zum Zeichen seines Königtums jubelte das Volk Jesus zu und streute ihm Palmzweige. In vielen Dörfern auf dem Heuberg ist das Palmenbinden eine wichtige Tradition in der katholischen Kirche geblieben.
In Gosheim sorgt Vroni Hermle seit rund 20 Jahren dafür, dass der Brauch nicht ausstirbt. Zusammen mit engagierten Frauen vom „Frauenkreis Missions-Bazar“ bastelt sie jedes Jahr rechtzeitig vor Palmsonntag an die 200 „Palmen“, also Büschel aus Buchs und Efeu, die an einem Holzkreuz befestigt werden. Im Singular heißt das Gebinde übrigens „der Palmen“. „Es war uns Frauen wichtig, dass der Brauch nicht verloren geht. Weil immer mehr Eltern und auch die Kindergärten keine Palmen mehr gebastelt haben, haben wir die Sache damals selbst in die Hand genommen.“
Zwei der Gründerfrauen, Anneliese Weber (79) und Anna Berenz (82), sind immer noch dabei, wenn Frauen des Missionskreises, ein paar Kirchengemeinderätinnen und ein paar Gäste im Raum über der Sakristei der Heilig-Kreuz-Kirche Palmen binden.
Es riecht herzhaft nach frischem Grün. Auf dem riesigen Tisch liegen Buchszweige, Efeuranken, Blumendraht, Bänder und wunderschöne Batik-Eier. Seit zwei Jahren liefert Beate Hermle die schönen Eier mit den weißen Ornamenten auf den bunten Eiern. Mit einer Nadel, die sie in heißes Wachs getaucht hat, trägt sie die Muster auf die ausgeblasenen Eier auf und legt sie in kalte Eierfarbe. Im Backofen oder über einer Kerze wird das Wachs verflüssigt, dann mit einem Lappen abgerieben.
Palmen mit Äpfeln
Früher hätten die Väter für ihre Kinder riesengroße Palmen gefertigt, die die Buben kaum tragen konnten, erzählt Silvia Stehle . Mädchen hätten übrigens lange Zeit keine Palmen tragen dürfen. Weil man damals statt Eiern vorwiegend Äpfel am Palmbüschel befestigt habe, seien diese sehr schwer gewesen. Die Buben hätten sich die Gebinde gern über die Schulter gelegt und sie so in die Kirche „g’schloapft“ (geschleppt). Um das zu vermeiden, seien sie inzwischen zu kleineren Palmen übergegangen. Auch einige traditionelle Feinheiten seien verloren gegangen. So habe damals unbedingt an die Spitze des Haselnuss-Steckens ein geschältes und ausgehöhltes Holderkreuzchen gehört. In die obere sowie die linke und rechte Öffnung habe man kleine Buchszweige geklebt, die nicht beschädigt werden durften.
Die Kreuze in zwei Größen, die die Frauen heute mit Buchs und Efeu bekränzen– wegen des Immergrüns als Zeichen des ewigen Lebens – , sind aus einfachem Kantholz gefertigt. Vroni Hermle erzählt, für die letztjährigen Palmen habe Heiner Villing, Silvia Stehles Vater, der inzwischen verstorben ist, 100 wunderschöne Holzkreuze gefertigt. Die könnten sie heute gut gebrauchen. Zur Tradition gehört auch, dass Weidenkätzchen in „den Palmen“ mit eingebunden werden und ein weißes Spitzenband das Gebinde zusammenhält.
Am Palmsonntag werden die Palmen vor der Gosheimer Kirche verkauft. Sie finden immer reißenden Absatz. Das Geld geht seit 20Jahren an Pater Otto Mayer, den Gosheimer Afrika-Missionar aus dem Orden der „Weißen Väter“, der in der Republik Kongo Dienst tut. Dann werden die Palmen vom Pfarrer geweiht und in einer kleinen Prozession in die Kirche getragen. Für die Leute, die nicht zum Gottesdienst kommen, so erzählt Vroni Hermle, würden einzelne geweihte Buchszweige den ganzen Sonntag über vor der Kirche bereit gelegt. „Isch no oama a Wischle?“ heiße es dann. So ein geweihtes „Wischle“ werde nämlich zu Hause unters Kruzifix geklemmt. Und an Aschermittwoch sei die Asche, die den bußfertigen Gläubigen aufs Haupt gestreut würden, aus der Asche der geweihten „Palm-Bischele“.