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Bewährung

„Reichsbürger“ muss ins Gefängnis

Sigmaringen / Lesedauer: 4 min

Vorbestrafter Mann fährt Auto ohne Versicherung und mit selbstgebasteltem Kennzeichen
Veröffentlicht:27.07.2016, 14:36

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Ein „Reichsbürger“ muss für vier Monate ohne Bewährung ins Gefängnis. Das hat Richterin Nadine Zieher am Mittwochmorgen im Sigmaringer Amtsgericht entschieden. Der Mann aus einer Nachbargemeinde Sigmaringens war angeklagt, weil er im Dezember vergangenen Jahres zwei Autofahrten mit einem selbstgebastelten Kennzeichen unternommen haben soll. Auf dem grün-weißen Schild habe MENS-CH gestanden. Darüber hinaus sei der blaue Opel zu dem Zeitpunkt nicht mehr versichert gewesen, auch Steuern habe der Mann, der „Mensch Rafael“ genannt werden möchte, keine für das Auto gezahlt.

Der Angeklagte wollte sich zur Tat nicht äußern. Vielmehr wollte er von der Richterin wissen, mit welchem Recht sie glaube, über ihn urteilen zu dürfen. Die Richterin verletze permanent Grundrechte, sie habe den Fehler gemacht, zur juristischen Person zu werden und das Mensch-Sein abzulegen. „Sind Sie grundrechtsberechtigt?“, fragte er wieder und wieder. Richterin Zieher ermahnte den Angeklagten, nicht er, sondern sie stelle die Fragen, was nur leidlich zum Erfolg führte.

Um in der Sache voranzukommen, rief sie den Zeugen, einen Polizisten, in den Gerichtsaal. Dieser hatte den Angeklagten im Dezember bei beiden Fahrten beobachtet, die zur Verhandlung standen. „Beide Fahrten fanden im Bereich der Krauchenwieser Volksbank statt, einmal rund 500 Meter, einmal etwa 150 Meter“, sagte der Polizist. Nach der zweiten Fahrt habe er den Angeklagten festgesetzt, und die falschen Kennzeichen abmontiert. Einen offiziellen Führerschein habe der Angeklagte nicht mit sich geführt, lediglich dubiose Dokumente des „Deutschen Heimatbundes“. Das habe so alles seine Richtigkeit, habe der Angeklagte gesagt. Der Zeuge führte weiter aus, dass er anschließend ermittelt habe, dass für den Wagen seit drei Wochen kein Versicherungsschutz mehr bestanden habe, auch Steuern seien keine mehr gezahlt worden.

Der Angeklagte, der während der gesamten Verhandlung stand, wollte weiter weder Angaben zur Sache noch zu seiner Person machen. Ob er arbeite, wollte er nicht sagen, nur soviel: „Ein Mensch muss nicht arbeiten.“ Viel wichtiger war ihm, noch einmal klarzustellen, dass die Richterin gar kein Recht habe, ihm Fragen zu stellen: „Da Sie nicht grundrechtsberechtigt sind, ist für mich der Weg zum Bundesverfassungsgericht frei.“

Einmal bereits für kurze Zeit im Gefängnis

Richterin Zieher trug anschließend Auszüge aus dem Bundeszentralregister über den Angeklagten vor. Demnach war der Mann bereits neunmal auffällig geworden, mehrmals hatte er bereits Fahrverbote bekommen, ohne sich an diese zu halten. Auch eine Anstiftung zur Urkundenfälschung oder eine Beleidigung waren darunter. Einmal war er auch bereits für kurze Zeit im Gefängnis gewesen.

Die Staatsanwältin sah in ihrem Schlussvortrag die Schuld des Angeklagten als erwiesen an. Aufgrund von mehreren einschlägigen Verstößen in der Vergangenheit könne die Strafe ihrer Meinung nach auch nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Sie forderte viereinhalb Monate Haft sowie ein dreimonatiges Fahrverbot.

Nach 25-minütiger Pause kam Richterin Zieher zur Urteilsverkündung zurück. Der Angeklagte, der die ganze Zeit gestanden hatte, weigerte sich nun, den Regeln des Gerichts zu folgen und blieb sitzen. Dafür kassierte er zunächst ein Bußgeld in Höhe von 800 Euro, was ihn auch nicht abschreckte. „Wollen Sie noch weitere Zwangsmaßnahmen?“, fragte die Richterin. „Gegen Menschen können Sie nichts machen“, antwortete der Angeklagte. Das sah die Richterin offenbar anders, zwei Beamte halfen dem Angeklagten gegen dessen Willen auf. Zieher entschied, dass der Angeklagte nicht zuletzt aufgrund der Vielzahl an vorherigen Verfehlungen für vier Monate ins Gefängnis zu gehen habe und drei Monate kein Auto fahren dürfe: „Die Sicherheit im Straßenverkehr hat für Sie keinerlei Bedeutung. Darunter müssten im Falle eines Unfalls andere Verkehrsteilnehmer leiden“, sagte sie.

Mehr als 30 „Reichsbürger“ waren in den Gerichtssaal nach Sigmaringen gekommen. Mindestens ebensoviele mussten von der Polizei, die ebenfalls mit rund zwei Dutzend Mann im Einsatz war, abgewiesen werden, weil sie entweder keinen gültigen Ausweis dabei hatten oder der Saal bereits voll war.