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Schlachthof

„Der biologisch Punkt ist erreicht“

Sigmaringen / Lesedauer: 4 min

Silvie Marks und Johannes Schleker stellen bei der Paar-Performance „Kinderkram“ ihre Frage des Kinderwunsches in den Raum
Veröffentlicht:30.06.2022, 14:38

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Das Duo marks&schleker, das sind Silvie Marks und Johannes Schleker, ist vor einigen Jahren nach Sigmaringen gezogen. Jetzt zeigen die beiden im Alten Schlachthof zum ersten Mal in ihrem Wohnort eines ihrer Theaterstücke, das sich einem zunächst sehr persönlichen Thema stellt. Doch die private Frage nach dem Kinderwunsch ist keineswegs nur privat, weshalb sie mit der gesellschaftlichen und eigenen Erwartungshaltung abgeglichen wird. Ein Schlagabtausch, der spannend zu werden verspricht. Die Inszenierung „Kinderkram“ ist dokumentarisches Theater aus dem realen Leben. Sie präsentieren einen Paardialog, der mal Gesellschaftsanalyse, mal poetisch, mal provokativ, mal humorvoll oder absurd sein kann. Gabriele Loges sprach mit dem Paar, das privat wie beruflich gemeinsame Wege geht.

Wie lange gehen Sie schon mit dem Thema Kinderwunsch schwanger?

Marks: Wir haben es bisher immer aufgeschoben. Jetzt muss es auf den Tisch. Der biologische Punkt ist erreicht. Wir hatten auch Glück, dass es bei dieser Frage kein Ungleichgewicht gab. Schleker: Wir waren uns immer einig: jetzt noch nicht.

Wie lange sind Sie schon zusammen?

Marks: Als Paar sind wir schon wir schon volljährig, also 18 Jahre, noch vor dem Studium lernten wir uns kennen. Ich komme aus Esslingen und machte ein Freiwilliges Soziales Jahr, Jo machte seinen Zivildienst in Stuttgart, er kommt aus Hayingen , dort im Naturtheater seines Onkels war er schon früh ganz nah dran am Theaterspielen. Über eine gemeinsame Freundin haben wir uns kennengelernt.

Dann waren Sie auch am gleichen Studienort?

Schleker: Das war ganz erstaunlich. Wir haben uns zurückgezogen, um zu überlegen, was der einzelne studieren will. Nach einer Woche stand bei uns als oberste Priorität Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis in Hildesheim auf der Wunschliste. Nach der Bewerbung hatten wir auch noch am selben Tag die Aufnahmeprüfung und bekamen beide gleich beim ersten Mal eine Zusage. Marks: Wir haben zwar nicht alle Seminare gleich belegt, aber wir wählten beide als Hauptfach Theater. Auf die „forschende künstlerische Praxis“ wurde viel Wert gelegt, das gefiel uns und das machen wir heute noch.

Und nach dem Studienabschluss ging es wieder in den Süden des Landes?

Marks: Zunächst haben wir eine freie Theatergruppe aufgemacht und waren in Niedersachsen gut künstlerisch vernetzt. Schleker: Aber dann hat der Geschäftsführer vom Naturtheater Hayingen angerufen, ob wir für ein Projekt kommen könnten und wir haben uns entschieden, wir wollten es riskieren. Das war sehr reizvoll, im ersten Jahr haben wir einen schwäbischen Western inszeniert. Wir schreiben immer noch fürs Theater. Wir sind nicht der Typ fürs immer Gleiche. Auch wenn die Selbstständigkeit schon finanziell nicht immer einfach ist. Inzwischen sind wir wieder bei der Form des experimentellen Theaters gelandet. Das gefällt uns gut.

Wie kamen Sie nach Sigmaringen ?

Schleker: Ich kenne Sigmaringen schon seit meiner Kindheit. Marks: Die Stadt hat uns gereizt, und es liegt genau zwischen Hayingen und dem Theater Lindenhof in Melchingen, für beide Theater arbeiten wir als Freie. Wir wohnen hier gerne und wollten nun etwas in Sigmaringen zeigen. „Kinderkram“ ist unserer Meinung nach dafür bestens geeignet.

Wie kam es zum Projekt, das als Paar-Performance angekündigt ist?

Marks: Wir haben viele Fragen an uns, an die Gesellschaft, an Mitmenschen und die werden wir tagesaktuell beantworten. Jeder Abend kann also anders als der vorherige sein. Schleker: Wir stellen uns auf der Bühne, fragen und ringen um Antworten. Je intensiver man sich damit auseinandersetzt, desto mehr spüren wir, dass das Thema ambivalent bleibt.

Hilft die Auseinandersetzung mit dem Thema bei der eigenen Entscheidung?

Marks: Unser Wunsch ist es, als Paar zusammenzubleiben. Mit oder ohne Kind. Schleker: Wir sind synchron getaktet und beruflich wie privat ein Team.

Was erleben die Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Bühne?

Marks: Unser Bühnenoutfit ist schwarz-weiß, da ist zum einen die Idee von Yin und Yang. Das Männliche und das Weibliche, das Gegensätzliche und doch aufeinander Bezogene. Schleker: Und schwarz-weiß passt auch zum Thema. So droht natürlich auch die klassische Geschlechterrolle beim Familienzuwachs. Es gibt unglaublich viele Bilder im Kopf und in den Medien, die zu dieser Rolle führen. Man kann es ja nicht real ausprobieren, aber man kann Szenarien erschaffen. Marks: Wir ziehen das Publikum in den Denkprozess mit ein. Wir loten unterschiedliche Haltungen zur Kinderfrage aus, bringen Mutter- und Vaterbilder. Der Humor darf natürlich auch nicht fehlen. Alles bleibt zunächst offen. Und wer weiß, vielleicht treffen wir nach den Aufführungen unsere persönliche Entscheidung.

Info: „Kinderkram“ in den Ateliers im Alten Schlachthof in Sigmaringen, Freitag, 8.und 22. Juli und Samstag, 23. Juli, jeweils um 20 Uhr. Karten unter www.schlachthof-sigmaringen.de oder telefonisch (auch Anrufbeantworter): 07571-3333. Weitere Aufführungen im Theater Lindenhof in Melchingen am Freitag und Samstag, 1. und 2. Juli.