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Ellwangen gedenkt der Opfer des Nationalsozialismus

Ellwangen / Lesedauer: 2 min

Michael Blume, Beauftragter der Landesregierung gegen Antisemitismus, hat zum Volkstrauertag am Jüdischen Friedhof gesprochen.
Veröffentlicht:19.11.2023, 19:45

Von:
  • Josef Schneider
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(sj) ‐ Michael Blume, Beauftragter der baden-württembergischen Landesregierung gegen Antisemitismus, hat am Volkstrauertag bei der Gedenkfeier des Ellwanger Friedensforums für die Opfer des nationalsozialistischen Terrors am Mahnmal vor dem Jüdischen Friedhof die Gedenkrede gehalten. Der Religions- und Politikwissenschaftler ging dabei auf das „brutale Terror-Massaker der Hamas“ vom 7. Oktober an weit über tausend jüdischen und nichtjüdischen Israelis ein und sagte, gerade auch in Deutschland müsse das rituelle „Nie wieder“ zu einem „Nie wieder ist jetzt“ werden.

Blume kritisierte, dass viele Menschen, Rechte, Linke, Libertäre und „Friedensbewegte“ den Israelis und ihren Verbündeten jede Anteilnahme verweigern. Auch heute würden in Baden-Württemberg Hakenkreuze geschmiert und Drohungen ausgestoßen, so der Antisemitismusbeauftragte. Hinzu komme islamischer Antisemitismus. „Aber auch der linke Antisemitismus verweigert Jüdinnen und Juden jede Solidarität und vor allem jedes Recht auf Selbstverteidigung.“ Niemand habe den Antisemitismus überwunden, der von Jüdinnen und Juden noch immer verlangt, sich selbst zu opfern.

Blume warf der aktuellen Rechtsregierung Netanjahu zwar Versagen vor, aber: „Es steht niemandem zu, eine Republik mit einer Terrormiliz gleichzusetzen.“

„Dass die von den Nazis abgeräumten Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof Ellwangen wieder stehen, ist nicht deutschen Pazifisten, sondern einem Ellwanger Juden und US-amerikanischen Soldaten zu verdanken, Erich Levi von der 399. US-Infanterie-Division.“ Blume dankte in diesem Zusammenhang dem Friedensforum und der Stadt, dass sie den Kontakt zur deutsch-amerikanischen-jüdischen Familie Levi weiter pflegen. Deutschland sei nicht durch Appeasement und und pazifistische Texte vom Nationalsozialismus befreit worden, sondern durch alliierte Truppen und Waffen. Und: „Das KZ Auschwitz wurde durch ukrainische Soldaten befreit.“

Wieder auf Ellwangen zu sprechen, sagte Blume, im deutschsprachigen Wikipedia habe der Ellwanger Jude und US-Soldat Erich Levi noch immer keinen Eintrag, der SS-Untersturmführer, der in der Sandgrube von Dalkingen 27 KZ-Gefangene erschießen ließ, habe dagegen einen solchen. Und auch bei der Wikipedia-Seite „Hessentaler Todesmarsch“ werde als einziger der SS-Massenmörder namentlich erwähnt. „Ich möchte erleben, dass die Ermordeten von Ellwangen und Dalkingen, aber auch die alliierten Befreier und hier konkret Erich Levi den digitalen Platz erhalten, der ihnen schon längst zusteht.“ Blume regte auch an, ein zentrales Gebäude in der Reinhardt-Kaserne nach Erich Levi zu benennen.

Josef Baumann, Peter Maile und Volker Lauster-Schulz vom Ellwanger Friedensforum gingen auf den Hessentaler Todesmarsch im April 1945 und die beiden KZ-Außenlager in Ellwangen ein: auf das Außenkommando des KZ Dachau (1941/1942) und das Außenlager des KZ Natzweiler (August 1943 bis April 1945). Peter Maile legte gemeinsam mit Michael Blume am Gedenkstein eine Blumenschale nieder.

Die Gedenkfeier wurde von Bettina Strohm und Volker Lauster-Schulz musikalisch gestaltet. Im Anschluss an die Veranstaltung gab es einen Vortrag von Michael Blume mit Diskussion über Antisemitismus und Verschwörungstheorien im Speratushaus