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Nahost-Krieg

Das sagen muslimische Verbände in Aalen zur Gewalt im Nahen Osten

Aalen / Lesedauer: 4 min

Der Krieg zwischen Gaza und Israel tobt. Auch in Deutschland gibt es viele Meinungen dazu. So sehen es die islamischen Verbände in Aalen.
Veröffentlicht:21.11.2023, 19:00

Von:
  • Jasmin Schnitzer
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Der Krieg zwischen Israel und der radikalen Palästinenserorganisation Hamas muss aufhören. Darin sind sich Vertreter der befragten türkischen Verbände und Vereine in Aalen einig. Uneinigkeit herrscht allerdings bei der Frage, wie das am besten gelingen kann.

Der evangelische Pfarrer Manfred Metzger aus Unterkochen leitet seit Jahren den Christlich-Islamischen Dialogkreis in Aalen und hat einen guten Überblick über die Stimmung innerhalb der islamischen Vereinigungen. Er erklärt:

Der Terrorangriff der Hamas beschäftigt selbstverständlich die christlichen Kirchen.

Manfred Metzger

Die Stiftung Dialog und Bildung (Hizmet-Bewegung um Fetullah Gülen) grenzt sich deutlich von der Hamas ab und erklärt sich solidarisch mit Israel. Auch der Vorsitzende der islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) in Deutschland, Ali Mete, verurteilt den Hamas-Terror und findet es nicht richtig, gerade jetzt für Palästina zu demonstrieren.

Vom größten Verband kommen Misstöne gegen Juden

Vom größten Verband Ditib, mit dem Präsidenten Ali Erbas von der türkischen Religionsbehörde Diyanet, die wiederum Anstellungsträger der Ditib-Imame ist, gibt es Misstöne gegen Israel und den jüdischen Glauben.

„Im nächsten Treffen des Christlich-Islamischen Dialogkreises wird angesprochen werden, inwieweit Erbas Haltung auch von den Religionsbeauftragten in Freitagspredigten zitiert und aufgegriffen wird“, erklärt Pfarrer Metzger und ergänzt:

„Der Terrorangriff der Hamas beschäftigt selbstverständlich die christlichen Kirchen.“ Ende Oktober gab es einen digitalen Chat der Islambeauftragten der evangelischen Kirchenbezirke in Württemberg mit dem Professor für Koranwissenschaften an der Universität Tübingen, Omar Hamda.

Diesen Chat hat Metzger aufmerksam verfolgt: „Die Kirchen stehen an der Seite Israels und lehnen den Hamasterror ab. Gleichwohl müssen im Konflikt auch die Jahrzehnte lange Siedlungspolitik von Israels Regierungen gesehen werden und die Verhältnismäßigkeit der militärischen Antwort.“

Kulturclubs Antakya-Aalen fordert Friedensschluss

„Der schlechteste Frieden ist besser als der beste Krieg“, übersetzt Vecdi Temizkan ein Sprichwort aus seiner Heimat. Der Vorsitzende des Kulturclubs Antakya-Aalen erklärt: „Egal, wer daran beteiligt ist: Wir sind gegen Kriege und Getötete. Auf beiden Seiten sterben Unschuldige in Nahost ‐ auch Kinder, Frauen und ältere Leute. Krieg richtet nur Schaden an.“

Dabei gebe es 2023 doch genug Nahrung und Lebensraum, sodass eigentlich alle Menschen in Frieden miteinander leben könnten. Der 51-Jährige sieht Europa, aber auch die arabisch-islamischen Länder in der Pflicht, den Frieden zu verteidigen.

Er warnt gleichzeitig vor Schuldzuweisungen, denn niemand könne die Lage wirklich überblicken: „Es gibt keine richtigen Journalisten im Gazastreifen ‐ alle Informationen, die wir erhalten, kommen entweder von der ägyptischen oder von der arabischen Seite.“

Als Alevit gehöre er zu einer Minderheit in der Türkei, deshalb genieße er die Demokratie in seinem Heimatland besonders: „Auch in der Türkei hat es mehrere Kriege gegeben. Seit 100 Jahren genießen wir das Wunder der Demokratie.“

Muslimischen Gemeinde Aalen verurteilt Gewalt gegen Zivilisten

Um eine Stellungnahme gebeten, verweist Mustafa Demirtas von der muslimischen Gemeinde IGMG Fatih Camii Aalen auf eine Mitteilung der islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) Baden-Württemberg, mit dem Hinweis: „Wir schließen uns der Stellungnahme unseres Dachverbands an.“

In dem Schreiben vom Oktober heißt es: „Wir lehnen Gewalt und Terror gegen die Zivilbevölkerung ab, egal ob Israelis oder Palästinenser. Auch lehnen wir es ab, dass Palästinenser kollektiv bestraft werden.“

Antisemitismus und Islamfeindlichkeit sind Brüder im Geiste von Rassisten und Wasser auf ihren Mühlen.

Ali Mete

Der Zugang zu Nahrung, Medizin, Strom und Gas seien Grundbedürfnisse, die absolut niemandem verwehrt werden dürften. „Zivilisten dürfen keinen Schaden erleiden, das ist ein nicht verhandelbares Grundprinzip.“

In einer früheren Mitteilung kritisiert Ali Mete, Generalsekretär der IGMG, einen „sprunghaften Anstieg islamfeindlich motivierter Straftaten in Deutschland“ seit dem Ausbruch des Kriegs im Nahen Osten. Diese müssten schnell lückenlos aufgeklärt werden.

Gleichzeitig betont Mete: „Ein Angriff auf eine Moschee wiegt nicht schwerer als ein Angriff auf eine Synagoge ‐ und umgekehrt. Diese sind zwei Seiten derselben hässlichen Medaille. Hass und Gewalt waren noch nie eine Lösung und werden auch diesmal kein Problem lösen, kein Leid lindern, weder in Deutschland noch im Nahen Osten. Antisemitismus und Islamfeindlichkeit sind Brüder im Geiste von Rassisten und Wasser auf ihren Mühlen.“

Kein Statement aus der Ditib-Gemeinde

Auch von der Türkisch-Islamischen Ditib-Gemeinde in Aalen war während der Recherchen keine lokale Stellungnahme zu bekommen. Der Dachverband allerdings veröffentlichte im Oktober eine Mitteilung des Koordinationsrats der Muslime.

Darin verurteilt dieser die Raketenabschüsse und Gewalt gegen die Zivilbevölkerung und appelliert an alle Parteien, „der Gewalt ein Ende zu setzen und auf keinen Fall noch weiter eskalieren zu lassen“. Gerade jetzt seien Besonnenheit und Mäßigung gefordert.

„Die entführten Zivilisten, vor allem Frauen und Kinder, müssen sofort freigelassen werden.“ Jüdische und muslimische Gotteshäuser und Einrichtungen in Deutschland dürften zudem nicht zur Projektionsfläche dieser gewalttätigen Auseinandersetzung werden. „Gewalt und Hass hat keinen Platz auf deutschem Boden“, heißt es.

Die internationale Gemeinschaft, so zitiert die Ditib-Gemeinde weiter, stehe in der Pflicht, schnellstmöglich einen Waffenstillstand auszuhandeln und anschließend unbedingt eine politische Lösung des jahrelang bestehenden Konflikts zu finden, bei der das Existenzrecht beider Völker in Würde gewährleistet sei, um einen nachhaltigen Frieden anzustreben.