Warum sich Kreisräte um das Gendersternchen streiten
Aalen / Lesedauer: 3 min

„Glaubt Ihr eigentlich, dass die Verwaltung doof ist?“, hat Landrat Joachim Bläse am Ende einer kurzen, aber heftigen Diskussion die Kreisrätinnen und Kreisräte gefragt. Entzündet hatte sich diese daran, dass die Gleichstellungsbeauftragte Carmen Venus in ihrem Bericht sagte, die Verwaltung wolle eine gendergerechte Sprache verwenden. Dagegen wehrte sich vor allem Peter Traub als Sprecher der Freien Wähler. Letzten Endes stellte sich aber alles als ein Missverständnis heraus. Denn die Verwendung von Sonderzeichen ist in amtlichen Schriftstücken als nicht rechtssicher und damit unzulässig eingestuft.
Dies hat der Landrat bereits in einer Dienstanordnung festgelegt, auch Sternchen oder Unterstriche sind demnach nicht zulässig, weswegen Bläse von einem Streit um Kaisers Bart sprach. Zunächst hatte Carmen Venus einen Zwischenbericht über die Umsetzung des zweiten Gleichstellungsaktionsplans gegeben.
Vor allem sprach sie davon, eine ausgewogene Besetzung der Gremien zu fördern, ebenso eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern auf allen Ebenen, vor allem der Führungsebene, außerdem auf Einkommensunterschiede bei gleicher Tätigkeit aufmerksam zu machen, die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und gesellschaftlichem Leben zu fördern und über sexuelle Belästigung aufzuklären.
Eigentlich sollte es gar keine Gleichstellungsbeauftragte brauchen, sagte Veronika Gromann (Grüne), denn Vielfalt bringe bessere und positivere Ergebnisse. Aber leider werde ein Großteil des Potenzials nicht genutzt. Ihr schwebte deshalb vor, bei Wahlen auf der Grundlage des Gesamtstimmenergebnisses beispielsweise einfach die gleiche Anzahl von Frauen und Männern in ein Gremium zu entsenden. Es gehe nicht darum, dass alle gleich werden, sondern darum, dass Chancen nicht davon abhängen, ob man Mann oder Frau sei, sagte Carola Merk–Rudolph (SPD). Hier gebe es noch viel zu tun.
Gremien werden nicht nach Geschlecht, sondern Wahl besetzt
Er sei froh, dass die Gremien nicht nach Geschlecht besetzt, sondern demokratisch gewählt seien, sagte Peter Traub. Im Ansinnen seiner grünen Kollegin sah er einen Angriff auf einen Grundpfeiler der Demokratie.
Seine Fraktion könne alle Ziele der Gleichstellungsbeauftragten unterstützen, außer dem der gendergerechten Sprache. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass es ein grammatikalisches und ein natürliches Geschlecht gebe, die nichts miteinander zu tun hätten.
Sprache sei auch per se nicht diskriminierend, sondern geschlechterübergreifend. Hier würden aber argumentative Stoppschilder überfahren wie die, dass Sprache sachlich korrekt, klar, verständlich und lesbar und vorlesbar und verständlich sein müsse.
sagt Peter TraubGendersprache führt zu Unverständlichkeit, demokratischer Ferne, weniger Teilhabe, Ausgrenzung und Segregation!
Aber man erreiche genau das Gegenteil, nämlich weniger Verständlichkeit und weniger Teilhabe, vor allem keine Geschlechtergerechtigkeit. Traub: „Gendersprache führt zu Unverständlichkeit, demokratischer Ferne, weniger Teilhabe, Ausgrenzung und Segregation!“ Viele Kommunen seien bereits dabei, entsprechende Vorgaben wieder zu revidieren.
AfD–Fraktionsvorsitzende Susanne Mützel erklärte gleich die ganze Gleichstellungspolitik für obsolet, denn es zähle nicht die Qualifikation, sondern die Tatsache, eine Frau zu sein. Gleichberechtigung dagegen gebe es, denn: „Gleiche Rechte haben wir.“
Viele Probleme würden nicht gesehen, sagte Gabi Schindelarz (SPD). Eine Gehaltserhöhung auszuhandeln, sei für eine Frau schwieriger, wisse sie aus der Industrie. Und das verletze sie. Landrat Bläse sagte, die Verwaltung behandle das Thema pragmatisch. Er sehe daher keinen Widerspruch zu dem, was Peter Traub gesagt habe.