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Theateraufführung

Europa als Spiel und Bühne

Aalen / Lesedauer: 3 min

Theater der Stadt Aalen tourt mit einem interaktiven Projekt durch Schulen
Veröffentlicht:13.05.2022, 11:21

Von:
  • Aalener Nachrichten
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Nein, so hat sich die Klasse 10c die Theateraufführung nicht vorgestellt. Als sich die Türen zum Festsaal des Theodor-Heuss-Gymnasiums öffnen, warten zwei Tische im Raum, beide mit einer Europakarte bemalt, darauf Zeichenstifte und Utensilien und ein kleiner Apparat mit Kabeln, Knöpfen und Countdown-Zähler, der wie eine Bombenattrappe aussieht. „Schulbesuch Europa“ heißt die Produktion, mit der das Theater der Stadt Aalen im THG Premiere gefeiert hat.

Bei diesem Stück sind sie Publikum und Akteure gleichzeitig. Der kleine Apparat, das „Brain“, enthält das Grund-Skript der Aufführung und startet auf Knopfdruck das Spiel. Informationen zur Geschichte der Europäischen Gemeinschaft verbinden sich mit Erfahrungen und Erzählungen aus dem Publikum zu einem Geflecht, dass „Europa“ nicht nur als theoretisches Konstrukt, sondern als lebendige Idee und politische Gemeinschaft erlebbar machen soll. Der Text des „Theaterstücks“ entsteht zu einem großen Teil beim Machen und ist – abhängig von den Beteiligten – jedes Mal anders.

Entwickelt wurde das Projekt vom Regiekollektiv Rimini Protokoll. Den „Hausbesuch Europa“ der Berliner Gruppe hatte Winfried Tobias , Leiter des Aalener Kinder- und Jugendtheaters, schon 2017 auf die Ostalb geholt. Damals entstand auch die Idee, das Konzept für Schulklassen umzuschreiben. Das wurde nun durch eine Sonderförderung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, MWK, möglich. Als Koproduzent kam das Junge Theater Heidelberg mit an Bord.

„Als Mischung aus Planspiel und Aufführung“, hat Nico Mehlhorn, Wirtschaftslehrer und einer der Leiter der Unesco-AG am THG, den „Schulbesuch“ erlebt. Seine Klasse ist jedenfalls voll dabei. Fragen werden beantwortet, Selbsteinschätzungen gegeben und als im zweiten Teil der Aufführung Teams miteinander verhandeln und um ein möglichst großes Stück vom Kuchen konkurrieren, der im Hintergrund im Kleinbackofen duftet, wird die Stimmung am Tisch fast ein bisschen hitzig. Als „MCs“ – Masters of Ceremony – begleiten Lisa-Marie Krauß und Ihre Kollegin Alexandra Stölzl vom Theater die Aufführung.

Den „super Aufbau“, lobt am Ende Marius. Seinem Mitschüler Kaan haben die Spielkonsolen im zweiten Teil besonders gefallen. Als „Stück über soziale Interaktion und Zusammenarbeit mit anderen“, hat Malte die Aufführung erlebt. Chiara fand die Frage zur Herkunft der Großeltern und wie diese sich kennengelernt haben, überraschend. „Gerade in der älteren Generation, die vielleicht noch den Zweiten Weltkrieg erlebt hat, ist oft noch eine Flucht- und Migrationserfahrung vorhanden. Ich denke, das ist für selbst erlebte europäische Geschichte besonders wichtig“, erklärt Winfried Tobias vom Theater.

Insgesamt sollte Politik an Schulen mehr Thema sein, meint Klassensprecher Firat. Das Theater möchte mit dem „Schulbesuch Europa“ dazu einen Beitrag leisten. Unterstützung kommt vom Europoint im Ostalbkreis. Noch in dieser und auch der nächsten Spielzeit soll die Aufführung gespielt werden. Vorstellungen in Aalen, Heidelberg, Ulm und Mannheim sind vereinbart, weitere Städte könnten folgen. „Gerade jetzt“, meint Tobias, „sollte man den europäischen Gedanken auch in den Schulen möglichst stark machen.“