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Aalener Tafelladen kämpft täglich um Lebensmittel

Aalen / Lesedauer: 3 min

Kunden überrennen Einrichtung in der Bahnhofstraße. Altersarmut ist ein großes Thema.
Veröffentlicht:30.08.2023, 17:38

Von:
  • Susanne Rötter
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Die Tafeln sind aktuell deutschlandweit im Gespräch. Vielerorts gibt es Kundenstopps. Im Aalener Kocherladen sehen die Verantwortlichen jedoch dafür noch keine Notwendigkeit.

Man kämpfe jeden Tag um ausreichend Lebensmittel, um sie dann allerhöchstens zu einem Drittel des marktüblichen Preises abzugeben, sagt Pfarrer Bernhard Richter, Vorsitzender des Trägervereins. Froh sei man auch, dass es trotz Inflation gelungen ist, Preiserhöhungen weitgehend zu vermeiden. Das liege daran, dass man gut mit Spenden — auch von Stiftungen — oder den Kollekten versorgt werde.

„Die Warenspenden sind sehr wichtig, da die Tafelläden nicht zukaufen sollten.“

Pfarrer Bernhard Richter

Ein großes Lob wolle man für Michael Miller, ein Edeka Geschäftsführer aus der Region aussprechen, denn er helfe gerne und überlasse oft Paletten im tausender Bereich. „Die Warenspenden sind sehr wichtig, da die Tafelläden nicht zukaufen sollten“ erklärt Richter.

Die Warenausgabe habe man nicht reduzieren müssen, denn das Spendenaufkommen habe man verdreifachen können. Das Leid in der Ukraine habe sich positiv auf die Spendenbereitschaft der Menschen ausgewirkt. Einen Einbruch habe allerdings das Erdbeben in der Türkei mit sich gebracht. Doch jetzt komme der Herbst und je näher Weihnachten rücke, umso sozialer werden die Menschen.

Von rund 60 auf 250 Kunden pro Tag

Vor der Ukrainekrise habe man pro Tag bis zu 60 Kunden gehabt, danach seien es dann im Schnitt bis zu 250 Kunden pro Tag gewesen. Das sei bei einer Ganztagesöffnung — am Vormittag zwei Stunden und am Nachmittag noch einmal anderthalb Stunden — allerhand.

Am Anfang sei die Stimmung und die Hilfsbereitschaft noch groß gewesen, doch dann sei es gekippt. Wenn die Ukrainer mit dicken Autos vorfahren oder mit Hunderteuroscheinen bezahlen, komme das nicht gut an. Unter den Bedürftigen sorge das für Unmut und Spannungen. Dies führe dazu, dass die Mitarbeiter der Tafel immer häufiger schlichten müssten.

Chef und Projektleiter Gerhard Vietz, Pfarrer Bernhard Richter, die Mitarbeiter und all die vielen ehrenamtlich Engagierten haben bis jetzt gemeinsam jedes Problem lösen können. Auch jetzt „werden wir das alles schaffen“, betont Richter. Aktuell haben 668 Menschen eine Einkaufskarte. Täglich werden es mehr. Pro Monat kommen rund 40 neue Kunden dazu. Das sorge für lange Warteschlangen vor dem Tafelladen an der Bahnhofstraße. Üblicherweise lassen die Mitarbeiter bis zu acht Personen gleichzeitig ins Geschäft. Die Begrenzung hat einen Grund. Mit 40 Quadratmetern ist der Laden sehr klein und man wolle, dass die Kunden in Ruhe und ohne Gedrängel einkaufen können.

Oft gebe es einen Ansturm auf bestimmte Lebensmittel wie Fleisch oder Nutella. Durch die gestiegene Nachfrage werden einige Produkte mittlerweile rationiert. Viele Bestandskunden würden sich benachteiligt fühlen und manche würden nicht mehr kommen. Doch keiner habe sich den Krieg in der Ukraine gewünscht und man wolle allen helfen, die Hilfe benötigen. „Wir sind ein wichtiger sozialer Knoten im Netz dieser Stadt“, betont Pfarrer Bernhard Richter. Und man versuche zu einem kleinen Teil die Armut zu lindern.

Auch die Altersarmut schlage im Tafelladen sehr auf. Richter betont, man brauche diese Läden dringender denn je. Erst neulich habe man Berechtigungskarten an drei deutsche ältere Ehepaare in der Grundsicherung, die aufgrund langer Krankheit und Arbeitslosigkeit nicht ausreichend Rentenanwartschaft gehabt hätten, abgegeben. Danach sei eine junge Frau mit drei kleinen Kindern gekommen. Bei einem Aufnahmestopp hätte man sie wegschicken müssen und das wolle man auf keinen Fall, so Gerhard Vietz. Richter schätzt, dass es noch viel mehr Deutsche gebe, die berechtigt wären, sich jedoch schämen würden, zu kommen.