Haushalt
OB Moll: „Weingarten ist nicht arm“
Weingarten / Lesedauer: 4 min

Stefanie Rebhan
„Dass Weingarten eine arme Stadt ist, ist ein völlig falsches Bild“, sagt Oberbürgermeister Clemens Moll mit Blick auf die Finanzen der Welfenstadt. Sie investiert in den kommenden fünf Jahren mit einer Summe von 70 Millionen Euro so viel wie nie zuvor, vor allem in die Schulen. Die kommenden beiden Jahre werden aber trotzdem happig ‐ und das ist der Grund.
Mit den Steuern an der Obergrenze
Wer die Einnahmen der Stadt Weingarten betrachtet, sieht, dass sie im Vergleich zu anderen Kommunen in Baden-Württemberg ziemlich genau im Schnitt liegt. Grund dafür sind unter anderem die hohen Steuereinnahmen.
„Weingarten war einmal finanziell schwach, deshalb wurden schon früher die Steuern erhöht und wurde alles dafür getan, dass die Stadt besser dasteht“, sagt Kämmerer Florian Keller. Auch im Jahr 2024 werden Grund-, Gewerbe- und Zweitwohnungssteuer nochmals erhöht.
Damit, so der Kämmerer, sei Weingarten allerdings schon an der oberen Grenze im Vergleich zu anderen Kommunen, was die Höhe der Steuern angeht. Im Jahr 2013 hatte die Stadt knapp 11 Millionen Euro an Gewerbesteuern eingenommen, 2023 waren es schon fast 21 Millionen Euro.

Problematisch ist für die Stadt die Ausgabesituation. Laut Moll habe die Stadt überdurchschnittlich viel Infrastruktur, die viel Geld koste. Deshalb hatte der OB in diesem Sommer einen Sparplan entworfen, der die Stadtkasse auch spürbar entlaste. In nahezu jedem Bereich wurden Einsparungen beschlossen, vor allem bei den Leistungen, die die Stadt nicht per Gesetz erbringen muss, wie in der Kultur oder im Bereich Soziales. Zwei Millionen Euro sollen so jährlich eingespart werden.
2024 soll viel gebaut werden
Aktuell hat Weingarten mit einem Sanierungsstau zu kämpfen. Und mit Aufgaben, die gelöst werden müssen. Gemeint sind der Neubau der Talschule und ein Ersatzbau am Schulzentrum, in das die Schüler ziehen, solange neu gebaut wird. „Wir können nicht vor dieser Pflichtaufgabe wegrennen“, so Keller. 30 Millionen Euro an liquiden Mitteln wird die Stadt dafür aufwenden, was bedeutet, dass die Neuverschuldung nur sehr gering ausfällt. Nachhaltig sei das aber nicht, denn danach sei das Geld einfach weg.
2024 soll überhaupt viel gebaut werden. Der Pavillon am Schlössle steht an, die weitere Sanierung des Amtshauses oder der Dachausbau der Obdachlosenunterkunft. Das Problem dabei sei jedoch seien die Fachkräfte für die Arbeiten, die nicht ausreichend zur Verfügung stehen, so der Kämmerer. Ob die geplanten Bauvorhaben alle umgesetzt werden können, bleibt also fraglich.
Gut werden die kommenden beiden Jahre finanziell betrachtet nicht, die Stadt macht 2024 rund drei Millionen Euro Minus. Das liegt unter anderem daran, dass die Stadt ihren Mitarbeitern durch die neuen Tarifabschlüsse mehr Gehalt zahlen muss. Außerdem muss sie dem Landkreis wegen der Kreisumlage 3,3 Millionen Euro mehr abgeben als zuvor. „Das ist ein Ausnahmejahr“, sagt Florian Keller. Deshalb hat er seinen Blick fünf Jahre in die Zukunft schweifen lassen. In den Jahren 2026 und 2028 werde es ‐ Stand jetzt ‐ finanziell deutlich besser aussehen.
Kämmerer ist Fan des Doppelhaushalts
Und dann gibt es da noch eine Premiere: Die Stadt nutzt zum ersten Mal einen Doppelhaushalt. Sie verbucht also alle Einnahmen und Ausgaben der Jahre 2024 und 25 auf einmal. Das hat für Florian Keller eindeutig Vorteile. So spart die einmalige Haushaltsplanung Arbeitskräfte. Die Stadt habe schließlich ohnehin zu viele Aufgaben bei gleichzeitig zu wenig Mitarbeitern.
Zudem könne die Stadtverwaltung 2025 sofort zu Jahresbeginn anfangen, Projekte umzusetzen. Normalerweise müsse sie noch mindestens zwei Monate warten, bis der Haushalt vom Regierungspräsidium Tübingen genehmigt wird. Das wird mit der neuen Struktur aber schon Anfang 2024 geschehen sein.
Gefährlich könnte es nur werden, wenn unvorhergesehene wirtschaftliche Entwicklungen auftreten. Dann wäre ein Haushaltsnachtrag vonnöten. Doch selbst der wäre laut Keller schneller zu erledigen als jedes Jahr einen neuen Haushalt auf die Beine zu stellen.