StartseiteRegionalOberschwabenWeingartenNeue Entwicklung im Anwohner-Zoff mit Horror-Nachbarn

Neuer Ärger droht

Neue Entwicklung im Anwohner-Zoff mit Horror-Nachbarn

Weingarten / Lesedauer: 4 min

Nun wird Familie W. von der Staatsanwaltschaft angeklagt. Hintergrund ist ein Verhalten, das bereits zu zahlreichen Polizeieinsätzen geführt hat. Über den erbitterten Streit.
Veröffentlicht:10.11.2023, 09:00

Von:
  • Stefanie Rebhan
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Seit etwa zwölf Jahren schwelt ein Nachbarschaftsstreit im Weingartener Dürerweg zwischen einer vierköpfigen Familie und den anderen Anwohnern. Nun hat die Staatsanwaltschaft Ravensburg Anklage gegen die Familie um den Pfronstettener Ex-Bürgermeister Michael W. erhoben.

Unter anderem geht es um „gemeinschaftliche Nachstellung in besonders schwerem Fall“ und „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“. Ein Richter wird jetzt entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird.

Zwei Familienmitglieder sind vorbelastet

Ende August hat die Staatsanwaltschaft bereits Anklage erhoben, sagt die erste Staatsanwältin Tanja Vobiller. Es geht um Stalking.

Der Tatbestand ist erfüllt, wenn beispielsweise ein Mensch einem anderen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten nachstellt. Im besonders schweren Fall ‐ der hier nach Meinung der Staatsanwaltschaft vorliegt ‐ und falls es ein Urteil gibt, geht es um eine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren.

Außerdem ist die Familie W. angeklagt, Gespräche von Anwohnern aufgenommen zu haben, die davon nichts gewusst haben. Hier liegt das Strafmaß bei einer Geldstrafe, es kann jedoch auch zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren kommen. Laut Tanja Vobiller sind zwei Personen aus der Familie sogar bereits vorbelastet.

Der Fall liegt nun beim Amtsgericht Ravensburg und befindet sich im sogenannten Zwischenverfahren. Ein Richter muss nun entscheiden, ob er die Anklage zulässt. Dann würde der Fall ins Hauptverfahren eintreten. Kommt es zu einer Verurteilung, würde das Vollstreckungsverfahren folgen. Wie lange es dauert, ehe der Richter über den nächsten Schritt entschieden hat, sei, so Vobiller, nicht einschätzbar.

Polizei rückte um die 100 Mal in den Dürerweg aus

Im Februar 2023 waren die Wohnung und die Garage des Ehepaars W. und der beiden Töchter von der Polizei durchsucht worden. Grund dafür war vermutlich die Anzeige einer Gruppe von etwa 20 Anwohnern, die sich gegen die Familie zusammengeschlossen hatte. Sie hatten die Vier dabei gefilmt, wie sie selbst alles und jeden im Umfeld aufgenommen hätten. Die angeklagte Familie soll Überwachungskameras installiert haben, um die Nachbarschaft zu beobachten und ihrerseits mögliche Vergehen anzuzeigen.

Die Polizei hatte bei der Durchsuchung eine Vielzahl elektronischer Datenträger und etwa 400 Liter Benzin beschlagnahmt. Im Auto der Familie W. fanden die Beamten außerdem ein Messer. Bis dato musste die Polizei fast 100 Mal im Dürerweg anrücken, um die Nachbarschaftsstreitigkeiten zu klären. Allein seit der Durchsuchung habe es ein halbes Dutzend Einsätze gegeben.

Große Belastung für die Nachbarn

Jürgen Hähnel, einer der Nachbarn, sagt:

Wir wären gottfroh, wenn es zu einer Verhandlung und Verurteilung kommen würde, die dazu führt, dass Familie W. uns nicht mehr belästigen oder filmen darf.

Jürgen Hähnel

 Er würde sich wünschen, dass die Anwohner im kommenden Jahr in ihre Gärten sitzen könnten, ohne beobachtet und provoziert zu werden.

Seit 20 Jahren wohnt Familie W. im Dürerweg. Wie Anwohner schildern, beleidige das Quartett sämtliche Nachbarn und wittere überall Gesetzesverstöße. Sie würden beispielsweise versuchen, das Grillen zu verbieten, Kinder sollten sich nicht auf der Straße aufhalten, Handwerker ihre Autos nicht abstellen.

Auch die Polizei selbst hat Ärger mit den Eltern und deren Töchtern. Sie würden sich regelmäßig als Opfer darstellen, vor allem wenn etwas nicht nach ihren Vorstellungen laufe. So berichtete es die Polizei im Februar der „Schwäbischen Zeitung“. Die Beamten würden dann in Schreiben an die Staatsanwaltschaft „regelmäßig mit haltlosen und teils auch sehr wirren Anschuldigungen überzogen“.

Vater W. war mal ungeliebter Bürgermeister

Zu Michael W. gibt es eine Vorgeschichte, die bundesweit durch die Presse ging. Der heute 56-jährige Diplom-Verwaltungswirt war im Jahr 2004 zum Bürgermeister von Pfronstetten (Gemeinde im Landkreis Reutlingen) gewählt worden. Er habe laut mehrerer Medienberichte seine Pflichten nicht wahrgenommen, sei immer wieder monatelang krank gewesen, habe damals schon in Weingarten gelebt. Der Gemeinderat hatte den Rücktritt von W. gefordert.

Wie unter anderem die „Badische Zeitung“ berichtete, kam es zu einem Prozess gegen Michael W. wegen Vorteilsannahme, Verwahrungsbruch und Verrats von Dienstgeheimnissen. Für eine Amtsenthebung reichte das jedoch nicht. Das Landratsamt Reutlingen setzte es 2008 schließlich durch, den Mann mit 41 Jahren mit der Begründung Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen.