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Diskussion um Kleidung

Jogginghose kein No-Go: Weingartener Schulleiterin verteidigt Kleiderordnung

Weingarten / Lesedauer: 3 min

Die Mutter einer Schülerin fordert klare Vorgaben. Die Rektorin aber sieht auch die Eltern in der Pflicht.
Veröffentlicht:21.11.2023, 09:00

Von:
  • Lea Dillmann
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Jogginghose, bauchfrei, tiefer Ausschnitt: Eigentlich ein No-Go an Schulen ‐ nicht zwingend an der Realschule Weingarten. Dort ist lediglich geregelt, dass die Kleidung der Schüler „angemessen“ sein soll. Das ließ die Diskussion um die Kleiderfrage an der Schule erst kürzlich eskalieren. 

Die Mutter einer Schülerin der Realschule fordert klare Kleidervorschriften. Sie ist der Auffassung, dass die „Eltern zu entscheiden haben, was angemessen ist“. Nun spricht die Rektorin und erklärt, warum die Kleiderfrage nicht bis ins Detail geregelt ist. Am Weingartener Gymnasium wiederum gibt es gar keine schriftliche Regelung.

Schulkonferenz entscheidet über Kleiderfrage

Es ist schlichtweg nicht möglich, diese vielen Einzelfälle alle in die Schul- und Hausordnung aufzunehmen,

sagt die Rektorin der Realschule Weingarten, Melita Paul.

Was in der Schule getragen werden kann, legt die Schulkonferenz fest. Zumindest muss diese zustimmen. Dort sind Schüler, Eltern wie auch Lehrkräfte gleichberechtigt vertreten. Rektorin Melita Paul ist seit vielen Jahren die Vorsitzende dieses Gremiums. Sie erinnert sich daran, dass genau dieses Thema ausführlich diskutiert wurde.

In der Konferenz sei bewusst festgelegt worden, bezüglich der Kleiderfrage keine detaillierten Vorgaben, sondern die Formulierung „angemessene Kleidung“ in die Schul- und Hausordnung zu schreiben. „Wir wollen ja den Schülerinnen und Schülern ihre Individualität lassen, ihnen zugestehen, dass sie Modetrends befolgen“, betont Melita Paul.

Angemessen lässt sich nicht in Zentimetern messen

Die Schulleiterin sei sich bewusst, dass diese Regelung großen Interpretationsspielraum zulässt. „Angemessen lässt sich eben nicht in Zentimetern messen“, sagt Melita Paul. „Auch 15 Zentimeter bauchfrei kann in Ordnung sein, wenn sonst das Kleidungsstück entsprechend passend ist.“ Käme aber beispielsweise noch ein eng anliegendes Oberteil mit tiefem Dekolleté hinzu und eine Unterwäsche, die bewusst sichtbar getragen werde, dann sei das nicht mehr angemessen.

Das Gleiche gelte für die Jogginghose: „Die Jogginghose kann Teil einer Modeerscheinung sein, das akzeptieren wir auch“, sagt Melita Paul. „Wenn es aber die Jogginghose ist, die zuvor im Sportunterricht getragen wurde, dann ist das nicht hygienisch und damit auch nicht angemessen.“

Zu Schuljahresbeginn sei kommuniziert worden, wie „angemessene Kleidung“ auszulegen sei ‐ unter den Lehrkräften, aber auch den Schülerinnen und Schülern. „Von daher glaube ich, dass wir schon einen breiten Konsens haben, was angemessen bedeutet“, sagt Melita Paul. Wenn es im Einzelfall doch mal zu Unstimmigkeiten komme, „dann versuchen wir das im persönlichen Gespräch zu klären.“ Das habe für die Schülerin oder den Schüler auch keine Konsequenz.

Kleidung ist Erziehungsaufgabe der Eltern

Melita Paul bedauere, dass sich solche Gespräche auch mal über einen längeren Zeitraum ziehen, weil von Schülern „ständig versucht wird, die Grenze zu überschreiten“. Den Jugendlichen beizubringen, welche Kleidung zu welchem Anlass passe, sei aber nicht allein die Aufgabe der Lehrkräfte. Hierbei seien auch die Eltern gefragt.

Die Rektorin vergleicht die Kleiderordnung der Schule mit dem Dresscode in der Arbeitswelt, die für viele Schüler schon bald Realität wird: „In den seltensten Fällen wird der Dresscode in einem Arbeitsvertrag definiert sein, und doch wissen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was bei der Arbeit ,angemessen’ ist.“

Keine Kleiderordnung am Gymnasium

Auch am Weingartener Gymnasium gibt es keine eigens formulierte Kleiderordnung. Das sei aber auch nicht notwendig, wie Schulleiter Steffen Brand sagt. Vereinzelt komme es zu Situationen, in denen Schülerinnen oder Schüler von Lehrkräften gebeten werden, sich etwas anderes anzuziehen.

Steffen Brand nennt Bewerbungsgespräche, die geübt werden, als ein Beispiel. Festzulegen, wie weit der Rock über das Knie reichen soll, ginge aus Sicht des Rektors zu weit. Aufdrucke auf Oberteilen wie Sprüche oder Skizzen sollten nicht beleidigend oder diskriminierend sein. Das gebe aber die Schul- und Hausordnung vor. Steffen Brand sagt: „Wir pflegen einen respektvollen Umgang miteinander.“

Realschulrektorin Melita Paul lehnt klare Bekleidungsregeln grundsätzlich nicht ab. Sobald dieser Wunsch von mehreren Eltern geäußert werde, nehme sie diesen mit in die Schulkonferenz, wie sie sagt. Das Gremium verhandele dann neu über die Frage, was in der Schule getragen werden kann.