Geschlechtsverkehr
Ehemann soll seine Frau vergewaltigt haben
Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Geschah der Geschlechtsverkehr der Eheleute einvernehmlich oder nicht? Laut des mutmaßlichen Opfers in vielen Fällen nicht. Deshalb wird einem Mann aus dem Landkreis Ravensburg vorgeworfen, den Geschlechtsverkehr gegen den Willen seiner Ehefrau mit ihr vollzogen zu haben. Die Anklage lautet Vergewaltigung mit vorsätzlicher Körperverletzung.
Staatsanwältin Juliane Prasse rekapitulierte am ersten Prozesstag, am Donnerstag im Landgericht Ravensburg, in ihrem Plädoyer die Geschehnisse. Im Zeitraum zwischen Februar 2019 und März 2022 soll es mindestens einmal pro Woche zum nicht einvernehmlichen Geschlechtsakt zwischen den Eheleuten gekommen sein. Dem Angeklagten soll dabei bewusst gewesen sein, dass er gegen den Willen seiner Ehefrau gehandelt habe.
Diese soll die sexuellen Handlungen über sich ergehen haben lassen, da sie vermeiden haben wolle, dass die gemeinsamen fünf Kinder etwas davon mitgekommen. In der Nacht vom 16. April 2022 soll der 43-Jährige, nach einem am Abend vorausgegangenen Streit mit seiner Ehefrau, mit dieser im ehelichen Schlafzimmer erneut gegen ihren Willen Geschlechtsverkehr gehabt haben.
Handgelenke der Ehefrau schmerzhaft umgebogen
Wenige Stunden später, gegen 3 Uhr nachts, soll der Beschuldigte erneut den Geschlechtsakt erzwungen haben. Dieses Mal leistete die Ehefrau jedoch zuerst Widerstand. Sie soll mit ihren Fersen Richtung seines Oberkörpers getreten haben. Auch soll sie ihre Oberschenkel so lange zusammengepresst haben bis ihre Kräfte versagten.
Um seinem Willen Nachdruck zu verleihen, soll der Beschuldigte die Handgelenke der Ehefrau schmerzhaft umgebogen haben. Schlussendlich soll es erneut zum nicht einvernehmlichen Geschlechtsakt gekommen sein. Der Beschuldigte, der durch Rechtsanwältin Lvinia Stevens vertreten wurde, verweigerte die Aussage zu den Vorwürfen.
Das mutmaßliche Opfer, das zugleich als Zeugin geladen war, erschien in Begleitung eines Mitarbeiters der Organisation Weißer Ring. Der Vertreter der Nebenklage, Jürgen Caillet, beantragte, die Vernehmung der Ehefrau zum Schutz ihrer Intimsphäre unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen. Die Vorsitzende Richterin Claudia Denfeld gab diesem Antrag statt.
Audiodatei als Beweismittel
Was der Beschuldigte in der besagten Nacht nicht wusste: die Ehefrau nahm den ersten abendlichen sexuellen Übergriff im ehelichen Schlafzimmer mit ihrem Handy mittels einer Audiodatei auf. Dies schilderte das mutmaßliche Opfer der Zeugin, die die erste richterliche Vernehmung am Tag nach den Geschehnissen vornahm und die ebenfalls zum Prozessauftakt geladen war.
Ihr wurde von der Ehefrau berichtet, dass diese sich jüngst an Personen ihres Vertrauens gewendet haben soll. Diese sollen ihr geraten haben, ein Beweismittel zu erstellen, damit sie etwas gegen ihren Ehemann in der Hand habe. Da es in der Vergangenheit oft nach einem Streit zu einem sexuellen Übergriff gekommen sein soll, soll sie an dem Abend vom 16. April erneut mit solchem gerechnet haben. „Ich nahm das mutmaßliche Opfer als standhafte Frau wahr“, erklärte die Polizeihauptkommissarin, die die Ermittlungen in diesem Verfahren leitete und die ebenfalls als Zeugin geladen war.
Auswertung des Handys des Beschuldigten wirft Fragen auf
Die Polizeibeamtin war unter anderem mit der Auswertung der Daten, die auf dem Handy des Beschuldigten gespeichert waren, betraut. Es sollen darauf demnach mehrere Videos existieren, die unterschiedliche sexuelle Handlungen, die die Eheleute betreffen, zeigen. Nach Meinung von Verteidigerin Levinia Stevens weisen diese Aufnahmen jedoch auf ein ambivalentes Verhalten der Ehefrau hin.
Aus diesem Grund forderte die Rechtsanwältin, den Haftbefehl gegen den beschuldigten Ehemann aufzuheben, der sich bereits seit fünf Monaten in Haft befindet. Levinia Stevens forderte des Weiteren, einen sachkundigen Dolmetscher zur Auswertung des Handymaterials hinzuzuziehen. Die Eheleute sollen auf den Aufnahmen albanisch miteinander gesprochen haben. Dies sei eine Sprache, bei der die Bedeutung der Worte von Aussprache und Betonung abhänge. Auch soll im Zuge dessen der zeitliche Verlauf der gesicherten Videos nochmals untersucht werden.
Forderung nach gerichtsmedizinischem Gutachten
Stevens forderte zudem, dass ein gerichtsmedizinisches Gutachten erstellt werden solle. Stammen die blauen Flecken an den Oberschenkeln des mutmaßlichen Opfers tatsächlich vom starken Zusammenpressen der Beine? Die Forderungen der Verteidigerin wurden aufgenommen. Die Haftfrage werde geprüft werden, so Vorsitzende Richterin Denfeld. Staatsanwältin Prasse habe keinen Zweifel daran, dass es sich bei den zwei Geschlechtsakten in der Nacht vom 16. April um nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehandelt habe. Der Fortsetzungstermin ist für den 11. Oktober angesetzt.