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Wirbel um Investigativ-Recherche

TWS zahlen Mitgliedsbeitrag an Gas-Lobbyverband – Das steckt dahinter

Weingarten/Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Viele deutsche Stadtwerke zahlen an den Lobbyverband „Zukunft Gas“. Auch die TWS, trotz Ökostrom–Ziel. Jetzt steht der größte Versorger des Kreises Rede und Antwort.
Veröffentlicht:25.03.2023, 10:00

Von:
  • Emanuel Hege
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Eine Recherche des Online–Magazins „Correctiv“ hat in den vergangenen Wochen für Aufsehen gesorgt.

Obwohl sich Dutzende deutsche Stadtwerke wie die Technischen Werke Schussental (TWS) der Energiewende verschreiben, sind sie Mitglied im Lobbyverband „Zukunft Gas“. Wie passt das zusammen? Die TWS erklärt, was hinter ihrer Mitgliedschaft steckt.

Zum Hintergrund

„Zukunft Gas“ ist ein Lobbyverband, der die Interessen von großen und regionalen Energieversorgern vertritt. Obwohl sich „Zukunft Gas“ offensichtlich für den Energieträger Gas einsetzt, gibt sich der Verband auf seiner Webseite als Teil der Energiewende.

Gas sichere den Ausbau der volatilen erneuerbaren Energien, schreibt „Zukunft Gas“. Außerdem arbeite man an einer Zukunft mit „grünem Gas als klimaschonende und bezahlbare Energieträger“.

Laut „Correctiv“ sind große Öl– und Gasunternehmen wie „Shell“, „GASAG“ oder „Wintershall“ Mitglied, aber auch der russische Gasriese „Gazprom“ zahlte an den Verband.

In der Region sind unter anderem die TWS und das Stadtwerk am See Mitglied. Die Stadtwerke in Bad Waldsee und Wangen geben auf Nachfrage an, kein Mitglied des Lobbyverbands zu sein. Insgesamt machen Stadtwerke rund die Hälfte der 128 Mitglieder aus.

Viele Stadtwerke geben keine Antworten

Interessant für Bürgerinnen und Bürger, da Stadtwerke in den meisten Fällen öffentlich–rechtliche Betriebe sind, die mit öffentlichen Geldern von Städten betrieben werden. Deswegen hat „Correctiv“ in den vergangenen Monaten fast 70 Stadtwerke in ganz Deutschland gefragt, warum sie an den größten Lobbyverband der Gasindustrie Geld zahlen.

Laut „Correctiv“ antwortete nur etwa die Hälfte der Stadtwerke überhaupt auf die Presseanfrage. 15 von ihnen bestätigen die Mitgliedschaft bei Zukunft Gas, wollen sich aber nicht dazu äußern, wie viel Geld genau sie an den Verband zahlen.

TWS sprechen Klartext

Nachfrage bei der TWS: warum diese Mitgliedschaft trotz Nahwärmeausbau und Ökostrom–Zielen? „Vor allem in der Aufbauphase des Unternehmens konnten wir von den Kommunikationsmaßnahmen des Branchenverbandes profitieren“, sagt TWS–Sprecherin Brigitte Schäfer.

Die Mitgliedschaft sei aber auch jetzt noch wichtig. Im Gebiet der TWS sind laut Schäfer 600 Kilometer Gasleitungen an 15.000 Gebäude angeschlossen. Die TWS erschließe zwar keine neuen Gas-Netze, sei aber immer noch verpflichtet, auf Kundenwunsch im Gas-Bestandsnetz Erdgas-Hausanschlüsse zu verlegen. Und:

Wir sind fest davon überzeugt, dass es auch in Zukunft erforderlich sein wird, Energie in Form von Molekülen zu speichern und bei Bedarf wieder zu verbrennen.

Brigitte Schäfer

Für diese Zukunft sei der Lobbyverband ein geeigneter Partner, da sich die Ausrichtung von „Zukunft Gas“ mit dem Wandel der Energiebranche verändert habe. Unter anderem untersuche „Zukunft Gas“ die Potenziale der bestehenden Gasinfrastruktur für grünen Wasserstoff und weitere Energieformen.

Man stehe bei den TWS fest zu den Zielen des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit, sagt Schäfer. Das zeige sich aktuell im Ausbau der Fernwärme in der Ravensburger Altstadt oder in den 66 Millionen Euro, die die TWS bisher in Windkraft– und Solaranlagen investiert hat.

Und wie viel zahlt die TWS an „Zukunft Gas“? Das verrät Schäfer nicht. Nur so viel: Die TWS ist Mitglied in 16 Verbänden, einer ist „Zukunft Gas“, sechs andere sind Verbände, die Nachhaltigkeitsziele verfolgen. Der Beitrag für „Zukunft Gas“ liege in einem sehr kleinen einstelligen Prozentbereich des gesamten Budgets für Mitgliedsbeiträge.