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OSK erzielt geringe Einsparungen

Schlechte Bilanz: Kreis Ravensburg spart seit Jahren kaum Energie

Kreis Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Der Wärmeverbrauch ist teils sogar um 30 Prozent gestiegen. Der Ausbau der Erneuerbaren hält nicht mit. Das Ziel der klimaneutralen Verwaltung bis 2040 ist in Gefahr.
Veröffentlicht:11.05.2023, 19:00

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Der Kreis Ravensburg will seine Verwaltungsgebäude, den Fuhrpark und die Häuser der Oberschwabenklinik (OSK) klimaneutral machen. Dafür gibt es unter anderem ein Klimaleitbild, ein Energie– und Klimaschutzkonzept und eine Klimaschutzmanagerin.

Aktuelle Zahlen zeigen aber, dass der Kreis seinen Energieverbrauch in den vergangenen zehn Jahren kaum senken konnte. Trotz eines kleinen Lichtblicks scheint das Ziel, bis spätestens 2040 eine klimaneutrale Verwaltung zu haben, in Gefahr.

Der aktuelle Energiebericht der Energieagentur Ravensburg zeigt zwar nur Zahlen bis 2021, die haben es aber in sich. In nur einem Jahr erhöhte sich beispielsweise der Verbrauch von Wärmeenergie in den Verwaltungsgebäuden des Kreises und in Kreis–Schulen um 8,6 Prozent — der Stromverbrauch stieg um 7,3 Prozent.

Auch im Zehn–Jahres–Vergleich stieg der Verbrauch teilweise. Im Bereich der Wärme von 8771 Megawattstunden im Jahr 2011 auf 14.019 Megawattstunden 2021. Das liegt unter anderem am Ausbau der Verwaltungsgebäude und Schulen.

Doch auch heruntergerechnet auf den Verbrauch pro Quadratmeter ist ein Anstieg der Wärmeenergie von 29,6 Prozent innerhalb von zehn Jahren zu erkennen. Der Strombedarf der Kreisverwaltungen und Schulen stieg im selben Zeitraum von 2957 Megawattstunden auf 3620 Megawattstunden — heruntergerechnet auf den Quadratmeter spart der Kreis im Vergleich zu 2011 hier aber 0,3 Prozent.

OSK mit geringen Einsparungen

Auch an der Oberschwabenklinik (OSK) sinkt der Energieverbrauch zwischen 2011 und 2021 ein bisschen. Die Kliniken in Ravensburg, Wangen, Bad Waldsee und das Heilig–Geist–Spital verringerten ihren Wärmeverbrauch in zehn Jahren um rund 5,5 Prozent. Strom sogar um 27,5 Prozent. Auch der Verbrauch pro Quadratmeter verringerte sich jeweils.

Unterm Strich erkennt die Kreisverwaltung jedoch ein Problem: „Verschiedene Einflüsse haben dazu geführt, dass der Energieverbrauch nicht reduziert werden konnte“, schreibt Landratsamt–Sprecherin Julia Moosherr. Beispielsweise habe die fortschreitende Digitalisierung an den Schulen zu einem erhöhten Energiebedarf geführt — vor allem durch die Kühlung der Serverräume.

Den Anstieg des Energieverbrauchs zwischen 2020 und 2021 würde er wegen der Rückkehr aus der Pandemie mit geschlossenen Schulen und Büros nicht überbewerten, kommentiert Dieter Krattenmacher, Bürgermeister von Kißlegg und Mitglied des Kreisausschusses für Umwelt und Mobilität. Die Zahlen des Zehn–Jahres–Vergleiches betrachte er aber mit Sorge. Die Anstrengungen in diesen Jahren würden nicht sonderlich ambitioniert erscheinen, so Krattenmacher.

Rudolf Bindig wird deutlicher: Der ökologische Fußabdruck habe sich über die vergangenen Jahre verschlechtert, schlussfolgert der Kreis–Fraktionsvorsitzende der SPD aus dem Energiebericht.

Das ist enttäuschend und frustrierend.

Rudolf Bindig

Besonders bedenklich findet Bindig außerdem, dass der Landkreis bei der Wärme am Erdgas hängt und erneuerbare Energie nur begrenzt eingesetzt wird.

Ist das so?

Die Verwaltungsgebäude, Schulen und die OSK sind mit Photovoltaik, Holzhackschnitzelanlagen und Blockheizkraftwerken ausgestattet, die Wärme und Strom liefern.

2021 deckten diese Anlagen rund 22 Prozent des Wärmebedarfs aller Gebäude und 35 Prozent des Strombedarfs. Jedoch haben die Anlagen im Vergleich zu 2018 zehn Prozent weniger Wärmeenergie produziert. Immerhin ist die Stromerzeugung im gleichen Zeitraum um 1,8 Prozent gestiegen.

Der Landkreis verweist auf den Bau mehrerer PV–Anlagen auf Dächern seit 2017 und darauf, dass man nur Öko–Strom einkaufe. In Wangen und Ravensburg seien Kreisgebäude zudem ans Nahwärmenetz angeschlossen.

Das sei trotzdem viel zu wenig, entgegnet Bruno Sing, Kreisrat der Grünen. Die Städte und Gemeinden hätten einen deutlich höheren Anteil erneuerbarer Energie als der Kreis. „Wir müssen alle Gebäude nochmal angucken, das Ziel müssen Energieplus–Gebäude sein. Sie müssen also mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen“, so Sing.

Kein Geld, kein Energiesparen

Zwar gibt es einen Lichtblick, denn erste Erkenntnisse über den Verbrauch 2022 zeigen, dass der Kreis deutlich am Gas gespart hat — dennoch scheint klar, dass das Ziel der klimaneutralen Kreisverwaltung bis spätestens 2040 in ernsthafter Gefahr ist. Städte, Gemeinden, Industrie und Landwirtschaft seien diesem Ziel deutlich näher als der Landkreis, mahnt Sing.

Das Ziel sei nur noch mit Kraftanstrengungen zu erreichen, schreibt auch Landratsamt–Sprecherin Moosherr — „sowohl finanziell als auch personell“. Mit den alten Verwaltungs– und Schulgebäuden aus den 1960er– und 70er–Jahren könne die Klimaneutralität kaum erreicht werden, sorgt sich Dieter Krattenmacher.

Da gibt es Fensterfronten ohne jegliche Dämmung.

Dieter Krattenmacher

Daher sei das teure Schulbauprogramm (mindestens 400 Millionen Euro) und der Teilneubau des Kreishauses in Ravensburg (rund 100 Millionen Euro) auch fürs Energiesparen wichtig.

Doch da lauert das nächste Problem: Der Landkreis befindet sich in einer finanziellen Schieflage. Die Einnahmen sinken, die Ausgaben steigen. Aktuell hat der Kreiskämmerer sogar eine Haushaltssperre ausgesprochen, Investitionen für Schulen und Kreishaus stehen auf dem Prüfstand. „Wenn sich an den Finanzen nichts ändert, haben wir ein großes Problem“, sagt Krattenmacher.