Sparmaßnahme
Ravensburg will nachts das öffentliche WLAN abschalten
Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Annette Vincenz
Sobald es technisch möglich ist, soll das öffentliche WLAN in Ravensburg nachts von 22 bis 6 Uhr abgeschaltet werden. Eine entsprechende Vereinbarung hat die Stadtverwaltung mit mobilfunk–kritischen Bürgergruppen getroffen. Das sind die Gründe.
Ziel sei es, nachts die Strahlenbelastung für Bürger zu minimieren, erläutert ein Sprecher vom Agenda–Arbeitskreis Mobilfunk.
Gemeinsam mit dem örtlichen BUND und der Selbsthilfegruppe für Umweltkranke hat er sich in Gesprächen mit der Stadtverwaltung für die Abschaltung eingesetzt.
„Im eigenen Wohnumfeld schalten viele ja auch nachts den Router ab, wenn sie schlafen wollen“, erklärt der Mann, der namentlich nicht genannt werden möchte, nachdem auf Social–Media–Kanälen starke Kritik an der Entscheidung aufgebrandet ist.
Verwaltung sieht viele Vorteile
Die Stadtverwaltung sieht nur Vorteile, wie deren Pressesprecher Timo Hartmann auf SZ–Anfrage erläutert. Der Bitte, das Netz nachts abzuschalten, werde die Kommune gerne nachkommen:
Timo HartmannWir möchten einen Beitrag leisten, die Strahlenbelastung insgesamt im Rahmen der Möglichkeiten zu minimieren.
Umgesetzt sei das jedoch noch nicht. „Wir werden das aufgrund technischer Umstände nach und nach aber machen. Tagsüber steht das öffentliche WLAN wie gewohnt zur Verfügung“, so Hartmann.
Der Stadtverwaltung geht es dabei noch um etwas anderes: die Nachtruhe der Altstadtbewohner. Hartmann: „Es ist in der Vergangenheit immer wieder thematisiert worden, dass durch das Streamen von Musik über Smartphones und Lautsprecherboxen in der Nacht und in den frühen Morgenstunden Lärm verursacht wird. Das Abschalten des WLANs könnte hier eine Verbesserung für die Altstadtbewohner bringen und Einsätze für Polizei und Ordnungsdienst reduzieren.“
Zwar können Nachtschwärmer — häufig sind es junge Erwachsene — theoretisch auch Musik oder Videos mit ihrem Datenvolumen aus dem normalen Mobilfunknetz streamen, das mobile Datenvolumen ist aber gerade bei Videodateien schnell aufgebraucht. Und es kostet einiges, es spontan zu erweitern.
Nächtliche Einlogg–Zahlen sind gering
Da sich nachts kaum jemand ins öffentliche WLAN einlogge, sei die Einschränkung vertretbar, meint Hartmann. „Ein weiterer Aspekt ist, dass wir mit der nächtlichen Abschaltung Strom sparen können. Auch das ist nicht uninteressant“, so der Pressesprecher.
Andere Städte waren sogar schon früher dran als Ravensburg: In Wangen wird das öffentliche WLAN nachts schon seit Anfang März zwischen 23 und 6 Uhr ausgeschaltet.
Gesundheitsgefährdung ist umstritten
Mobilfunkkritiker glauben, dass WLAN–Strahlen gesundheitsschädlich sind und sehen sich darin durch manche Studien bestätigt. Dies gelte für alle Menschen, insbesondere aber für Kinder, Säuglinge, Senioren und Menschen, die unter Elektrohypersensibilität leiden.
Das Bundesamt für Strahlenschutz hält WLAN–Strahlung zwar für ungefährlich, meint aber auch, es könne nicht schaden, die Router nachts vorsorglich abzuschalten.
Das würden auch manche Privatleute in ihren eigenen vier Wänden tun, weil sie dadurch besser schlafen und Stromkosten sparen, sagt der Sprecher des Agenda–Arbeitskreises.
Die Maßnahme kommt auf Social–Media–Kanälen bislang jedoch nicht gut an. Auf „Twitter“ stellte ein Nutzer die Frage, ob es denn in Ravensburg und Wangen besonders viele „irrlichternde Wahnwichtel“ gebe. Ein anderer kommentiert: „Deutschland, Land der Spinner und Aluhutfetischisten“. Der Sprecher der Agendagruppe dazu: „Da kann es einem Angst und Bange werden.“