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„Mahnwache“ abgesagt, Demonstration findet statt

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Die Organisatoren der „Mahnwache wegen der Messerstecherei in Ravensburg“ haben einen Rückzieher gemacht. Trotzdem laufen die Vorbereitungen für eine große Demo in der Innenstadt.
Veröffentlicht:15.10.2018, 10:12

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Eine „Mahnwache wegen der Messerstecherei in Ravensburg“ sollte am Montagabend auf dem Gespinstmarkt stattfinden. Doch nun macht die Organisatorin einen Rückzieher.

„Da ich von unserer sogenanntem Gegenseite jetzt auf eine Art und Weise diffamiert wurde, welche wirklich erschreckend ist, muss ich leider die Mahnwache absagen", schreibt die junge Frau aus Ravensburg auf Facebook . Eine entsprechende Absage der angemeldeten Aktion bestätigte das Rathaus auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“ am Montagvormittag. Die ebenfalls für Montag geplante Gegendemonstration auf dem Marienplatz (18.30 Uhr) findet jedoch statt.

Organisatorin: Chatverlauf gefälscht

Mithilfe eines „gefälschten Chatverlaufes“, der auf einer „linksextremen Seite“ veröffentlicht worden sei, werde sie nun „in die rechtsextreme Ecke gedrängt“, heißt es zur Begründung der Mahnwachen-Absage auf Facebook weiter.

Der Blog „Allgäu Rechtsaußen“ hatte am Freitag darüber berichtet , dass „Rechtsradikale (...) die Messerattacke eines jungen Afghanen in Ravensburg für rassistische Stimmungsmache instrumentalisieren (wollen)“ und dabei aus internen Chatprotokollen zitiert.

„Gemetzel um des Metzelns willen“

Zuvor hatte die Veranstalterin in ihrer Einladung in sozialen Netzwerken geschrieben, dass man keinerlei Hetze dulde und keinen Platz für politische Diskussionen biete. Tatsächlich aber wird von verschiedenen Nutzern über den Messerangriff auf dem Marienplatz diskutiert, bei dem zwei syrische Flüchtlinge und ein Tourist aus Hessen von einem laut Staatsanwaltschaft psychisch kranken Afghanen schwer verletzt worden waren. Dabei ist mit Verweis auf diffuse Quellen die Rede von einem „Gemetzel um des Metzelns willen“, verübt von einem „Blutafghanen“. Der Täter habe von einem „Gutacher“ bereits einen „Persilschein“ wegen Schuldunfähigkeit ausgestellt bekommen, schreibt ein anderer. Die Videos vom Tatort werden geteilt, Opfer und Täter sind darauf in Nahaufnahme zu sehen.

Es finden sich aber auch schnell Artikel darüber, warum „islamische Verwandtenehen schuld sind am Babysterben in Neukölln“. Bundeskanzlerin Angela Merkel läuft bei mehreren Teilnehmern unter der Bezeichnung „Volksverräterin“, die Grünen sind in Kommentaren „antideutsch“ und „rassistisch“, die Presse leistet aus Sicht eines anderen Nutzers, der zur Demo kommen will, „propagandatechnische Hochleistungen“.

„Stolze Pegida-Patriotin“

Die Veranstalterin der Demo warb derweil mit „alles für ein friedliches und harmonisches Miteinander“ für die Veranstaltung. In einem Video aus dem Jahr 2015, das sich auf „Youtube“ findet, spricht sie bei einer Demonstration von „ Pegida Dreiländereck“ in Villingen-Schwenningen. Die Ravensburgerin bezeichnet sich darin selbst als „stolze Pegida-Patriotin“.

Eine Gegendemonstration am Montag (18.30 Uhr) auf dem Marienplatz wurde angemeldet vom „Bündnis für Bleiberecht Oberschwaben-Bodensee“ und „Oberschwaben ist bunt“. Die Linke unterstützt die Veranstaltung laut den Organisatoren. Die Veranstalter vermuten, dass mit der „Mahnwache“ „eine schreckliche Tat instrumentalisiert werden soll“. Es gehe den Teilnehmern „nicht darum zu trauern, sondern ihrem Hass freien Lauf zu lassen“. Die Gegendemonstranten wollen sich „dem Hass in den Weg stellen“, sagen sie. Die Organisatoren halten auch nach der Absage der „Mahnwache“ an der Kundegbung auf dem Marienplatz fest.

„Es ist wichtig, trotzdem ein Zeichen zu setzen“, sagte die Anmelderin der Kundgebung am Montagmorgen. Es sei nicht auszuschließen, dass die nun abgesagte „Mahnwache“ von den Organisatoren erneut verschoben werde, sagte sie. „Wir sind nicht willens, denen hinterherzurennen. Wir zeigen heute: Das ist unsere Stadt, wo wir keinen Rassismus wollen.“ Sie wünsche sich, dass viele Menschen auf den Marienplatz kommen – obwohl die Gegenveranstaltung gar nicht mehr stattfindet – und dass sie friedlich demonstrieren. Bis Montagmorgen hatten im sozialen Netzwerk Facebook 681 Nutzer ihre Teilnahme an der Kundgebung „für Vielfalt gegen Rassismus“ zugesagt.