StartseiteRegionalOberschwabenRavensburgDer Freizeitprofi hängt nicht rum – er chillt

Oberschwabenhalle

Der Freizeitprofi hängt nicht rum – er chillt

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Der Freizeitprofi hängt nicht rum – er chillt
Veröffentlicht:28.02.2010, 16:15

Von:
  • Schwäbische.de
Artikel teilen:

Paul Panzer hat es geschafft. Er hat sein rund 2000-köpfiges Publikum in der Oberschwabenhalle mit viel Witz und richtig guter Stand-up-Comedy zwei Stunden lang begeisternd gut unterhalten und gleichzeitig überzeugt: Freizeit ist gar nichts für uns. Viel zu aufregend. Viel zu viel Stress. Viel zu gefährlich. Wir arbeiten in Zukunft einfach mehr.

„Rrrrrichtig“ -- wenn einer wie Paul Panzer, alias Dieter Tappert , Urlaub macht, kann es nur im Chaos enden. Aber eben die Art von Chaos, die Spaß macht – beim Zuhören. Mit strahlendem Gesicht und vielen „Huhu, Raventzschburg!“ kommt er auf die Bühne: Groß, zerzauste Haare, Blümchenhemd, Hornbrille, graue, altbackene Hose ohne Gürtel, die er sich ständig hochzieht, rote Socken, rote Sportjacke.

Und dann geht er los. Der Stress. Für die Lachmuskeln. Denn Paul Panzer präsentiert Stand-up-Comedy auf wirklich hohem Niveau. Zum Brüllen komisch. Natürlich spielt er mit seinem Sprachfehler, kreiert die wildesten Worte mit seiner Art, sie überdehnt zu betonen und den vielen tzsch-Lauten die er ihnen verpasst. Aber die Inhalte, die er so sensationell verrückt und lustig vermittelt, sind treffend bis bissig, witzig bis verzweifelt wahr. Und manchmal kommen die Lacher erst mit einer Zehntelsekunde Verspätung; denn erst muss das Publikum schlucken. Soviel Hintergründigkeit hätte es vom Paule gar nicht erwartet.

Atommeiler mit Lockenwicklern

Das Bühnenbild ist einfach. Im Hintergrund sorgen Palmen aus Licht für Südseeflair. Ein roter Küchenstuhl dient ab und zu für wenige besinnliche Sekunden, in denen das Licht gedimmt wird, als Sitzplatz. Hier erzählt er, dass ein Freizeitprofi niemals sagen darf, dass er rumhängt, wenn er nichts tut. „Ich sage immer, dass ich chille“, verrät er. Als Kulisse ist eine Knutschkugel (Fiat 500) mit Wohnwagen (alles aus Pappe) aufgebaut. In diesem nimmt Paul Panzer sein Publikum mit auf eine Reise in seine verrückte Welt der Freizeit, seine abenteuerlichen Geschichten und seine skurrilen Interpretationen. Von seinem dicken Sohn Bolle erzählt er. Für den er extra die Türrahmen mit Melkfett eingerieben hat, damit er durchflutschen kann. Den er zum Müllraustragen schickt, damit er Bewegung hat. „Öh, nein. Navi kaputt,“ bekomme er als Antwort. „Aber den Weg zwischen Fernseher und Kühlschrank musste ich schon dreimal nachfliesen.“

Dann erzählt er von seiner Frau Hilde, die gern Kochshows guckt: „Ist ja klar. Das, wovon du keine Ahnung hast, das willste wissen.“ Für Hilde sei das immer wie ein Thriller: „Kuck mal, die braten das Fleisch!“ Die Hilde, die könne so was von nicht kochen, „sie will aber unbedingt beim Kochduell teilnehmen. Ich habe ihr gesagt, dass das Kochduell und nicht ,Koch-ich-ergebe-mich’ heißt.” Panzer will sich bei den Frauen noch mehr einschmeicheln und erklärt, warum das morgendliche Zeitunglesen für Männer so wichtig ist: „Wenn ich schaue, was dahinter ist, sitzt Es da. Wie ein Atommeiler und mit Lockenwicklern. Seit 25 Jahren. Und seit zehn Jahren mit Riss in der Außenhülle.“ Um dann lachend einzulenken: „Nachdem ich nun alle Frauen von Ravensburg auf meiner Seite habe, verrate ich, das es auch Männer gibt, die besser ein Deoroller geworden wären.“

Panzer geht auf Entdeckungstour in einen Bio-Laden: „Wenn die Wurst bei mir zu Hause die gleiche Farbe wie das Biozeugs kriegt, schmeiß ich sie in den Mülleimer.” Begleitet seine Frau Hilde auf eine „Bjuti- und Wellnetzsch“-Farm. „Frauen geben für Bjuti Geld aus, und man sieht keine Veränderung. Männer kippen sich eine Kiste Bier in die Birne und verändern die Umgebung.“

Und hat nach über zwei Stunden dann endlich Freizeit – und das Publikum wahrscheinlich einen Bauchmuskelkater. Praktisch. So ganz ohne Sport.